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211. Sommerfestival Obertsrot - Weltpremiere der Weidenbachsonate von Michael Lundt am 17. Juli 2016 in der Programmreihe Festspielhäusel

Eckehard A. H.
Eckehard A. H. schrieb am 20.07.2016

Sommerlicher Konzertabend mit "Weltpremiere"

Konzert im "Kirchl" in Obertsrot / Zeitreise durch Liebeslied-Literatur / Erstaufführung der Violinsonate op.46

Von Barbara Gutmann

Gernsbach - Mit seinem ganz speziellen Ambiente lockt das reizende "Festspielhäusl" mit immer auch besonderen Programmen viele Künstler aus nah und fern. Wieder eine kleine "Weltpremiere", wie Dr. Eckehard Hilf als Organisator und Initiator dieser Konzertreihe launig anmerkte, konnten die Zuhörer im vollbesetzten Obertsroter "Kirchl" erleben, eingebettet in einen sommerlichen Konzertabend mit exquisitem Gesang und hochklassiger Kammermusik.

Im ersten Teil faszinierten die Baden-Badener Mezzosopranistin Anja Schlenker-Rapke und Ernst Rapke (Bariton), begleitet von Holger Becker am Klavier, mit Liedern und Duetten aus fünf Jahrhunderten die rund 40 Zuhörer unter dem Motto "Doch die Liebe bleibt besteh'n!" In der knapp einstündigen amourösen Zeitreise durch die Liebeslied-Literatur hat das Ehepaar ein facettenreiches Kaleidoskop entworfen. Der musikalische Bogen spannte sich von der Renaissance über Mozart, Mendelssohn, Brahms und Fauré bis hin zu Film- und Musicalmelodien des 20. Jahrhunderts. Mit überzeugender Strahlkraft und in bester Artikulation agierte das Ehepaar im Wechsel von Soli und Duetten, mal innig und charmant, wie bei Henry Purcells "My Dearest, my Fairest", mal dramatisch mit tosender Begleitung am Flügel wie die "Wasserfahrt" von Mendelssohn Bartholdy.

Bezaubernd komisch karikierten sie in ausdrucksstarker Mimik und Gestik Mozarts Duett "Nun liebes Weibchen" eheliche Kommunikation durch neckisches Miauen - Mozarts possenhafter Witz blitzte hier auf. Ihre variablen gesanglichen, auch Musical-fähigen Talente zeigten die Solisten mit sonorem, fülligem Bariton und wunderbarer warmer Alt-Tonlage in der Zugabe bei dem theatralischen Duett "In his eyes" aus "Jekyll & Hyde". Viel Beifall galt den drei Protagonisten für einen betörenden Hörgenuss.

Der zweite Programmteil nach der Pause wurde von den Brüdern Sonderegger, Eduard auf der Geige und Alexander am Flügel, zelebriert. Mittelpunkt war die Erstaufführung der Violinsonate op.46 mit Klavierbegleitung, die der Komponist Michael Lundt Vater und Tochter Weidenbach widmete. Für den klassischen, vierteiligen Sonatensatz erwiesen sich die jungen Brüder als grandiose Interpreten. Lundt strapaziert bisweilen sehr die Höhen, die er im ersten Satz (Allegro moderato) ansteuerte, aber er bringt sie mit gesichertem Untergrund.

Triolen und Kapriolen sind seine beliebten Stilmittel, und stets sind die Satzenden witzig knapp. Im zweiten Satz erzeugen ansteigende Vibrati Spannung, gedämpftes Saitenspiel verlockt zum Verweilen, dem durch Glockenrufe ein kurzes Ende beschieden ist.

Im dritten Satz (Scherzo - Allegro grazioso) findet man Perlen im Untergrund, Synkopen verweisen auf Rhythmus-, Klang-, Takt- und Stilwechsel. Die große (bisweilen steorotype) Höhe ist wieder im Adagio des letzten Satzes thematisiert.

Den russlandstämmigen Brüdern gelang es, die halbstündige Sonate des anwesenden Berliner Komponisten Michael Lundt so eindringlich der Welt erstmals zu präsentieren, dass dem größeren Teil des Publikums eine mitgehende Begeisterung anzumerken war. Ihr Können hatten sie schon im zuvor gespielten Opus 28 von Karol Szymanowski (Nocturne und Tarantella) bewiesen: In virtuosen Wirbeln und gespenstischen Klangfarben überraschten sie das Publikum.

Und auch im dritten klassischen Teil des sommerlichen Konzertes musizierte das Duo meisterlich. Gerade mal 27 und 25 Jahre alt, vermittelten Geiger und Pianist eine fesselnde musikalische Präsenz und Reife.

In Beethovens Sonate für Klavier und Violine Op. 12 Nr. 1 D-Dur zauberten sie die ganze Palette virtuoser Ausdrucksstärke hervor, immer stilsicher ausgedeutet und kongenial mit jugendlich-drängendem Elan in spielerischer Meisterschaft. Vollends waren dann die fünf Ungarischen Tänze von Johannes Brahms von überbordernder Virtuosität geprägt. Einerseits oft genug seelenvoll schmachtend, doch dann jagten die Brüder mit galoppierendem Temperament dem stürmischen Höhepunkt des letzten Satzes entgegen, so dass sich die jubelnde Begeisterung des Publikums in frenetischem Beifall entlud.


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