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210. Badisches Tagblatt Murgtal vom 6. Juli 2016

Eckehard A. H.
Eckehard A. H. schrieb am 06.07.2016


Weitere Entdeckung brilliert im Kirchl

Zweite Serenade des Jugendorchesters

Gernsbach (eah) - Mit Annabel Hauk hat Karl Nagel eine weitere Entdeckung erfolgreich für den Auftritt seines Jugendorchesters Baden-Baden gewonnen. Die vielfach preisgekrönte und konzerterfahrene Studentin der Kronberger Cellouniversität brachte einen beeindruckenden und auch im Äußeren harmonisch zum Spiel passenden Stil ins Obertsroter Kirchl. Das Andante Cantabile von Tschaikowski erklang hier aus dem kleinen Streichorchester samtweich, gedämpft, auch im Soloinstrument, was die wehmütigen und äußerst melodischen Klänge russischen Liedguts des früh verstorbenen Komponisten noch eindringlicher werden ließ.

Nach dem von Jannika Fritz atemsicher und fingerfertig auf einer Spezialoboe für Englischhorn geblasenen Adagio von Mozart, KV 580, erklang das "Muss für jeden Cellisten", das Konzert für Violoncello und Orchester C-Dur (Hob. 7 B, 1), das Annabel Hauk wieder auswendig zelebrierte. Ihr präzise temperiertes Saitenspiel erklang ohne Fehl und Tadel.

Selbstverständlich kam die souveräne Beherrschung und lebendige Führung ihres Strichs dem Orchester zugute, das sich den hohen Ansprüchen dieser Komposition anpasste und am Ende Jubelstürme des begeisterungsfähigen Publikums erntete. Dieses oft gespielte Stück, das - wie Karl Nagel in seinen immer unterhaltsamen und bildungsträchtigen Kommentaren zu verstehen gab - verschollen war und erst Anfang des 20. Jahrhunderts wieder gefunden wurde, bekommt in der Interpretation von Hauk eine unvergleichliche Note. Ein Grund dafür könnte in ihrem einfühlsamen Vibrato liegen, das den entscheidenden Ton wie mit einem Abschiedskuss ausleitet und eine feine Brücke von erkennbaren Merkmalen durch das Gewebe des ganzen Konzerts webt. Auch fehlt ihrem ausdrucksvollen Spiel jegliches Kokettieren mit Publikum - allein dem Einsatz des Dirigenten und der Musik gilt ihre Aufmerksamkeit.

Von schönem Klang war auch das "Englischhorn", die große Oboe der Annika Fritz, die dieses Instrument studiert und ausgesprochen schön zur Geltung bringt, wie Nagel anerkennend anmerkte. Mit ihrem eigentlichen Instrument, der Oboe, wirkte sie zusammen mit Jürgen Haller, Flöte, bei den Lirenkonzerten Drei und Fünf von Josef Haydn zu Anfang und Ende des Konzerts. Das Duett der beiden Bläser imitierte gekonnt die ursprünglich für zwei Orgelleiern von Haydn geschriebenen Konzerte. Doch dieses barocke Instrument war schon damals rar und existiert nur noch in wenigen Nachbildungen. Die Imitation durch die dargebotenen Solostimmen gelang überzeugend, wenn auch die Akustik aus der Apsis den Solisten ein etwas zu durchdringendes Gewicht verlieh.

Jürgen Haller übt im Südwestfunk Mainz seine Rolle aus, während Jannika Fritz aus Gaggenau stammt und hier - auch im Kirchl mit dem Jugendorchester - bereits einige Bekanntheit errungen hat. Die Auswahl der Stücke mit einem Übergewicht bei Haydn kam dem sommerlichen, aber unberechenbaren Wetter dieses Jahres sehr entgegen.

Veranstalter hofft auf mehr jugendliche Gäste

Karl Nagel tritt nächstes Mal am 3. September mit seiner Kammerformation im Kirchl auf. Das nächste Konzert wird dort bereits am 17. Juli um 18.30 Uhr die Uraufführung der Weidenbachsonate von Michael Lundt sein. Darin eingebettet ist eine Darbietung lyrischer Liebesduette, gesungen von Anja Schlenker-Rapke (Mezzosopran), Ernst Rapke (Bariton) und begleitet von Holger Becker am kleinen Flügel.

Veranstalter Eckehard Hilf wünschte sich sehr, dass durch den spendenbasierten Eintritt mehr Jugendliche, gerade auch in den Ferien, die Chance nutzen, am Entstehen und Erzeugen von hochklassiger Musik teilhaben. Für die Weitergabe dieses Anliegens warb er beim Publikum.


Hochklassige Musik am Ort des Entstehens hören und sehen