Zum Hauptinhalt springenErklärung zur Barrierefreiheit anzeigen
Deutschlands größte Spendenplattform

203. Artistisches Spagat - spannend schön und richtig komisch - zwei Abende Kultur im Kirchl Obertsrot, 26. und 27. Februar 2016

Eckehard A. H.
Eckehard A. H. schrieb am 22.03.2016

„So muss Musik nicht nur klingen, sondern auch aussehen“ sagte der Veranstalter der Programmreihe Festspielhäusel (der Autor dieser Seite) im Kirchl zum Abschluss der brillanten Vorführung an Harfe und Geige der beiden Schönheiten Samira Memarzadeh und Mira Alice Spengler am Freitag, den 26. Februar 2016. Sie waren, als Duo seit letztem Jahr zusammen, zum dritten Mal solistisch unterwegs, sind aber schon durch eine Orchesterfreizeit und ihre Mitwirkung im Landesjugendorchester seit 2008 einander freundschaftlich verbunden. Das virtuos und schattierungsreich vorgetragene Geigenspiel von Mira in der zu Anfang gegebenen, für ein Barockstück romantisch wirkenden Chaconne des Bologneser Komponisten Tomaso Vitali erschien anfangs etwas „nackt“ neben der wuchtigen, von Samira gespielten Harfe; doch verschmolzen die beiden, nur selten zusammen gehörten, Instrumente im Verlauf des gut besuchten Abends zu einer bestens aufeinander abgestimmten Einheit. Die einzige wirklich für Harfe und Geige geschriebene Komposition erklang zum Schluss: „Fantaisie“ Op. 124 von Camille Saint-Saens. Hier atmete eine zauberhaft angelegte Weite. Es vereinten sich die Bewegungen der ebenso zauberhaft gewandeten Ausführenden zum sicher und klangschön geformten Gemälde. Die Kunst lag in ihrem schlichten, nur auf die konzentrierte Beherrschung der Instrumente bezogenen Ausdruck. Ein höhepunktvoller Nachhall war dann die Zugabe: die wohlbekannte „Méditation“ aus der Oper Thais von Massenet.

Im ersten Teil überzeugte Spengler mit der sowohl virtuos als auch rein und fein intonierten Solosonate Nr 1, g-Moll, von J.S. Bach, während die Harfe allein nach der Pause ihren atmenden Schwung mit dem Impromptu Nr 6 Op. 86 von Fauré entfaltete. Dass Musik des 20. Jahrhunderts wohltuend aufs Gemüt wirken kann ohne in Gefühlsduselei auszuarten, bewiesen die fein inszenierten, „Fratres“ genannten, Stationen eines Alltags im Kloster des estnischen Komponisten (und einstigen Mönchs) Arvo Pärt. Artistisch reizvoll und aufs Feinste getroffen waren die in Flageolettausführungen der Geige. Im Kontrast zu den tiefen Antworten der Harfe im Wechsel mit spannend und rasend schnell gespielten Akkorden (Arpeggien) zu den harmonisch gefestigten Begleittönen: Als hätten Himmel und Erde einander geküsst. Ein besonderer Genuss war auch die eigentlich für Flöte und Klavier gesetzte Romanze Op. 37 von Saint-Saens. Das Duo hatte ein gutes Gefühl, dieses Stück auf seine Instrumente zu transponieren. Der schwebende Charakter der Flöte wird durch die Violine in die irdischere Sphäre eines Salons hereingeholt, was durch die Harfenbegleitung zu mehr Verbindlichkeit führt. Im Harfensolo von Gabriel Fauré   (Impromptu 6, Op. 86) bewies Samira Memarzadeh ihr jugendliches und schon so großes Können. Die durch Pedale variierten Register ließen lebhafte und besinnliche Momente dieser Orgel unter Saiteninstrumenten, die keiner Verstärkung bedarf, aufleuchten. Das fachmännisch lauschende Publikum war sichtlich und hörbar von der Darbietung begeistert. Siehe Galerie Fotos Nr 257-259.

Eine ganz andere Tonart spielte einen Abend später der im altersgerechten Baden-Baden schauspielende und im rotzfrechen Berlin aufgewachsen und studiert habende Max Ruhbaum. Wie angekündigt, drehte sein Wortschwall-Vortrag sich nur um Eines: Max. Und das war Maximal. Dieser Künstler verarbeitet wohl in einer Minute an Wörtern und Silben mehr als ein Schredder an Geheimnissen vermasseln kann. Jedenfalls ist er zum Verzweifeln richtig und komisch. Die Repräsentantin des Vereins Kultur im Kirchl, Isolde Schettke, die ihn angekündigt und verabschiedet hatte, sagte ihm: Es war einfach genial, wie „Max“die Alltagsszenen lebendig vor unserem Auge aufgebaut hat: Den schwangeren Vater; die Beziehungskrisen von Freunden und Freundinnen, Ex-en und sonstigen Bekannten, die mehr oder weniger hilfreichen Telefonate des überforderten Vaters mit Flaschenkind auf dem Arm und spielendem Kleinkind daneben; die Unterschiede zwischen Berlin und Baden („mir hän au Dambedei do“); die Beschreibung aller möglichen Allergien und Unverträglichkeiten und eine endlose Debatte in der Eisdiele, ein Déja-vue für manchen? Einfach herrlich!

Es ist ja auch verwirrend, wenn ein Berliner „Schrippen“ verlangt, im Badischen gesagt kriegt „Des sin Weck“, und dabei sieht er sie vor Augen und sagt „die sind doch nich weg“. Und dann noch "Schöner Tag!"

Solche Späße gab es zuhauf. Es fing gleich damit an, nein, es gab erst nur laute Beschallung und niemanden. Dann kam er hinter der Theke vor, nachdem schon gerufen wurde: "Max, wo bist du?" Ja, da kam er und stopfte mit Fernbedienung der Schallkulisse das Maul und sagte: "Ich bin Max, und wie heißt du?" Bevor die Angeredete aus der ersten Reihe antwortet, quasselt er schon weiter, natürlich was von sich, kommt auf die Frage zurück, deren Antwort erstickt schon im nächsten Wortschwall, nochmal „wie war dein Name?“ Sie schweigt. Er schweigt betroffen und sagt sowas wie „Was?“ sie antwortet „Genau!“ – Auf genau dieses Wort schien er gewartet zu haben, dass man denken konnte, die Szene war einstudiert; war sie aber nicht. Das Publikum war schon gewonnen. Dem musste nur klar gemacht werden, dass er einen Oskar bekommen habe. Eigentlich seine Frau „Moni“, die vor sieben Jahren durch eine „Kaisershow“ davon entbunden wurde. Und wenig später gab’s auch in aller Bescheidenheit einen Grammy, den er als Babyhand auf dem Arm hält und dabei Oskar zum Hierbleiben kommandiert und mehrere Anrufe gleichzeitig führt.

So ging’s dann auch nach der Pause nahtlos weiter, ohne dass sich aus dem voll besetzten Haus auch nur einer entfernt hätte. Man war sich einig: Der muss wieder her!


Kommt in jeder Jahreszeit ins Kirchl Obertsrot - etwas ist immer für jeden dabei!