Zum Hauptinhalt springenErklärung zur Barrierefreiheit anzeigen
Deutschlands größte Spendenplattform

174. "Marenka" zum zweiten Mal im Kirchl am 1. März 2015 (vgl. Neuigkeit 123)

Eckehard A. H.
Eckehard A. H. schrieb am 02.03.2015

„Marenka“ – das zweite Mal im Kirchl, erfreute mit seinem Programm des letzten Jahres erneut ein hörbereites Publikum, das zum größten Teil erstmalig das Obertsroter Baudenkmal auch akustisch erlebte.

Die in diversen anderen Bands beheimateten Tobi Zeller (Drums), Michael Heise (Bass) und diesmal Rainer Granzin (Piano) formieren den rockigen, poppigen, souligen, und insbesondere jazzigen Hintergrund zur Band  des zweiten Namens von Regina Degado. Sie entstammt einer musizierenden Familie und lernte schon früh mit Stimme, Geige und Klavier umzugehen, ehe sie mit Siebzehn das Saxophon entdeckte.  

Besonders das Sopransaxophon, das sie erklingen lässt wie einst Sidney Bechet in Wild Cat Blues, lässt ihre melodisch-rhythmische Phantasie jubilieren und den fürs Kirchl insgesamt etwas zu kompakten, aber souverän gehandhabten Klang ihrer Kombattanten zu einer originalen Einheit verschmelzen.

Schon die Titel gerade der mit diesem Instrument versetzten Stücke: „Und fliegen können wir doch“, „Glück“ und (dieses Mal als Zugabe) „Gefunden“, mit dem einzigen Bass-Solo des Abends,  zeigen, abgesehen von ihrem authentischen Text, ihre in Lyrik gegossene Lebensweisheit. Diese Karlsruher Poetin verstand es, ihre Balladen immer wieder wie das Läuten von Big Ben über die Kulturszene erklingen zu lassen.

So ist die Veränderung gegenüber der Aufführung von 2014 anscheinend minimal (es fehlte nur der Titel „Morgenwind), doch die Liedfolge ist das Spiel, um das es sich dreht: Degado erzählt zwischen dem Vortrag die Geschichten ihrer Lieder in Klartext, wie das Leben sie schreibt und wie sie sich dazu einstellt. Der Aufforderung „lasst uns treiben mit dem Wind, mal gucken, was das Leben so bringt, mal einen Job, mal eine Frau,  was ganz anderes zu Essen (im ersten Titel „Feenspiele“, der letztes Jahr an 17. Stelle kam), folgt die resolut mit Saxophon unterstrichene Feststellung: Manchmal läuft’s eben nicht so, wie man’s auf der großen grünen Wiese sich träumen lässt, das kann der Falsche sein, in den du verliebt bist, weil du eine Geschichte oder ein Gefühl für diesen Andern hältst. Und da hilft einem „Ich will“! aus der Klemme. „Grüner Himmel“ hängt voll von Geige, die Degado dazu munter spielt, aber in Moll, denn schon geht’s zu einem Gemeinsamsein, zu welchem einem die Lust fehlt, wenn man nicht auch die „Tür zu!“ macht. Aber so gemein ist es nicht gemeint. Denn Gemeinsamsein kennt auch die andere Variante, zu der „Nur ein Schritt“ hin führt. Das Saxophon bläst einen Blues und das Leben, es tut schon auch weh, insbesondere, wenn es an einem vorbeigeht. Da wirst du zum „Grenzgängersein“ aufgefordert, wo die Türen zum nächsten Raum aufzustoßen sind, doch manche Grenzen sind auch beschützend. Es lohnt sich, das auszuprobieren, denn „Die Welt glänzt“ kommt als nächstes Stück, wenn man auch verliebt hindurch torkelt: ja, darüber wird herzlich gelacht. Da ist kein Regen, der nicht glitzert und keine Schönheit, die nicht im Gewöhnlichen glänzt, ba bam! Ba bam! dröhnt die Trommel. „Und fliegen können wir doch!“ singt die Stimme, die der Piaf entsprungen zu sein scheint. „Wenn ich dich nicht kennte, würd‘ ich dich erfinden!“ behauptet die Poesie. Die „Verführung“ geht nach der Pause weiter und zeigt die Welt in einem unwirklichen Zauber. Eine Lösungsmöglichkeit erfordert Abstand, den Degado mit: „Ich seh dich“ auf den Punkt bringt und mit „einem Ausflug ins Rock’n’Roll“ in „Platzproblem“ nach Alternativen Ausschau hält. Nun ja, die gibt es mit „Raus“ (aus meinem Leben), das als (einziges) Pianosolo markant zu Wort kommt, im Wechselspiel mit einem energischen Saxophon, wonach der Gesang dann mit „Raus aus meinem Weg!“ inhaltlich nachhilft. Es geht schließlich um Alles oder Nichts, da kommt der Titel “Glück“ mit dem Sopransaxophon gerade richtig, es trällert lustig und tiefsinnig perlend daher.

Zu den Kernstücken von Degados poetischer Welt gehört: „Scherbenwind“: „Ich lauf durch mein Haus“, dazu spielt das Piano Auf-und-Ab- oder Hin-und-Her-Sequenzen, und sie singt dazu „verteile die Scherben, die Teile von mir, die ich wieder gefunden …, und kleb sie…, und hänge sie auf und betrachte die Bilder, … so lange gemieden… und der Wind tanzt herein … setzt sich zu mir und pfeift durch die Lücken das Lied von den Teilen, die … längst vergessen“.

Alles eine Frage der Perspektive sei das Leben nun „blöd oder schön“, so dass es mal weh tut, mal reizt, bis der „Hauptgewinn“ den Schluss einleitet, den Degado als in ihren Begleitern gefunden zu haben vorstellt, ja in „Gefunden“ kommt das Paradestück des Bassisten, Heise, zum Zuge, wonach Eckehard Hilf, als Veranstalter der Eintritt freien, aber Spenden basierten,  „Programmreihe Festspielhäusel“ dem Publikum für sein engagiertes Kommen und die glücklich erschöpfte Song-Poetin für sein schönes Zuhören dankt. „Wo du bist“ erklingt noch einmal mit ihrer Geige, bevor sie das Lied „mit den Füßen auf dem Boden“ landet.

Man kann froh darüber sein, dass es solch kreatives Schaffen in der Musikszene gibt. Mit einer jetzt fertig gestellten CD kann auch Text und Musik für zu Hause erworben werden. http://www.marenka.eu.

(Siehe oben, Neuigkeiten 123 - Bericht - und 122 - Vorankündigung, Bilder 182-185)






genieße authentischen Text, in Lyrik gegossene Lebensweisheit!