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1.Mission in Palpa/Nepal

S. Köhn-Pandey
S. Köhn-Pandey schrieb am 28.10.2011

Nun wieder zurück von unserer 1. Mission in Palpa, hier endlich ein paar Zeilen zum Projekt. In Nepal ist die Stromversorgung nicht zuverlässig und Internetverbindungen sind keine Sebstverständlichkeit, außerdem waren die Tage so gefüllt, dass es mir nicht möglich war unsere Unterstützer direkt vor Ort auf dem Laufenden zu halten.

Schon bei unserem Beginn der Reise in Berlin gab es einige Turbulenzen mit Flugverspätungen, Umbuchungen usw..Dennoch erreichten wir zur regelrechten Zeit unser Ziel. Nur hat das Gepäck unseres Kollegen Tim es nicht nach Kathmandu geschafft Das war wieder einmal eine Herausforderung, die ich ja schon vielfach gewöhnt bin. Leider hat auch alles Bemühen nichts genützt, das Gepäck konnte uns während des ganzen Aufenthaltes in Nepal nicht zugestellt werden. So musste sich Tim erstmal völlig neu einkleiden und die Dinge für seinen täglichen Bedarf besorgen, so weit das möglich war. Schmerzlich ist v.a. aber, daß wir 10 kg Materialien der TCM in seinem Gepäck hatten, die wir ja für den Unterricht benötigt hätten. Nun ja, so wurde unsere Flexibelität wieder mal geschult.

Gleich nach unserer Ankunft in Kathmandu trafen wir alle nötigen Vorbereitungen für unsere Mission, wie Drucken unseres Handouts für unsere Studenten, Einkaufen von Behandlungsmaterialien, Einholen von Auskünften für unsere Reise, Bustickets besorgen, Treffen mit unserer Partnerorganisation CCODER etc.. All diese Dinge nehmen in einem Entwicklungsland so viel Zeit in  Anspruch, daß wir keine Zeit zur Aklimatisierung hatten. So machten wir uns noch so halb im Jetlag befindlich in einem Lokalbus auf nach Palpa. Der Bus hielt überall, wo jemand an der Strasse stand und mit samt seinem Habseligkeiten, wie säckeweise Reis, Gemüse etc. oder all möglichen Getier um Mitfahrt bat. Der Bus war so proppevoll, daß die Leute teilweise draussen wie Trauben am Bus hangen oder eben oben auf dem Dach. In den Bergen war das ein gefährliches Schaukelspiel und wir sahen so einige Busruinen, die in der Vergangenheit den Abhang hinunter gestürzt waren. Außerdem wurde es vielen speiübel, was die Begleitumstände erschwerte. Nach ca. 12 Stunden kamen wir mit schmerzenden Körpern und total erschöpft im ca. 200 km entfernten, wunderschön in den Bergen gelegenen Dorf Chitung Dhara an. Wir wurden herzlichst mit heißem Tee empfangen und mit Blumengirlanden behangen, als die Erde unter uns zu wanken begann. Unsere nepalesische Assistentin, Anjali,  telefonierte gerade mit ihrer Mutter in Kathmandu, um ihr zu sagen, daß wir gut angekommen sind, denn sie war noch nie so weit von zu Hause weg, als ihre Mutter erschrocken von wackelnden Wänden und Tellern, die aus dem Schrank purzelten, berichtete. Die Verbindung war danach unterbrochen und wir erreichten bis zum nächsten Abend niemanden in Kathmandu, was uns sehr besorgt machte, denn es handelte sich eindeutig um ein Erdbeben, wovon wir nur die leichten Ausläufer erlebten. Die Hauptstadt von Nepal ist in nächster Zukunft von Erdbeben am stärksten bedroht und die nepalesische Bauweise, sowie die Erhöhung der Bebauungsdichte im Kathmandu-Tal, lassen die Häuser wie Kartenhäuser zusammenstürzen. Alles keine beruhigenden Fakten, zumal man davon ausgehen kann, daß einem leichten Beben ein größeres folgen könnte.  Wiedermal ein gutes Training, um Gelassenheit zu üben. Als wir endlich wieder Kontakt zu Freunden, Angehörigen und Kollegen aufnehmen konnten, erfuhren wir dann von einem leichtem Beben mit, glücklicherweise, nur wenig Opfern durch eingestürzte Häuser.  Bisher folgte kein weiteres Beben, aber immer wieder andere unwillkommene News, wie Schießereien und Strikes oder Erdrutsche durch starke Regenfälle. Auf dem Weg nach Palpa sahen wir auch immer wieder abgebrochene Straßenteile, so daß nur noch eine Seite befahren werden konnte oder durch vergangene Erdrutsche beschädigte Straßen. So erklärt sich auch die lange Fahrzeit von ca. 12 h, mal ganz abgesehen von den längst verschrottungsbedürftigen Bussen, bei einer so kurzen Strecke.

 

Nach der Begrüßungszeremonie wurden wir in Familien aufgenommen, die während unserer Mission liebevoll für uns sorgten. Unsere Assistentin, Anjali war die die ganze Zeit über gefordert, denn sie musste nicht nur den Unterricht übersetzen, sondern auch ständig zwischen den Einheimischen und uns vermitteln. Wenn sie nicht übersetzte, bereitete sie sich für den Unterricht vor, damit die Übersetzung gut flutschte. Sie hatte nur frei, wenn sie schlief, beschwerte sich nie und machte alles mit sichtbarer Freude. Ein großartiger Job, den sie machte und ich bin so dankbar eine so zuverlässige  Assistentin gefunden zu haben. 

 

Schon am nächsten Morgen nach unserer Ankunft begannen wir, nach einer Eröffnungszeremonie (hier gibt es immer wieder Gründe für irgendwelche Zeremonien und Feste), wo sich jeder, der im Dorf etwas zu sagen hatte und alle Studenten vorstellten und ihre Dankbarkeit für unsere Mission Kund taten, mit dem Unterricht. Ich erklärte kurz das Ziel und den Ablauf unserer Mission und was wir erwarten, damit das Projekt Erfolg hat. Unsere Studenten waren zumeist Gesundheitshelfer und Krankenschwestern. Gesundheitshelfer werden seit kurzem in Nepal ausgebildet, um die schlechte Gesundheitsversorgung in den abgelegenen Gegenden zu verbessern. Es ist eine verkürzte Krankenschwester-Ausbildung nur für Männer, die dann in Gesundheitsstationen eingesetzt werden.  Durch fehlende Medikamente, sowie Diagnoseeinrichtungen, sind ihnen meist die Hände gebunden und die kostengünstigen verschiedenen Methoden der Chinesischen Medizin (Akupunktur, Schröpfen, Moxibustion etc.), willkommende Therapiemethoden. Alle waren ganz begeistert bei der Sache, v.a. als sie die ersten Resultate am eigenem Leibe erfahren durften. Wir hatten  ein straffes Programm, morgens von 9 bis 13 Uhr Theorie und nachmittags von 14 bis 18 Uhr Praxis, wobei wir ab dem 3.Tag, Patienten aus dem Dorf behandelten. Als es sich bis in alle Ecken, auch von umliegenden Dörfern herumgesprochen hatte, daß wir kostenfreie Behandlungen durchführen, gab es einen echten Run auf die Nachmittagssprechstunde und wir mussten viele Patienten wieder nach Hause schicken. Das tat uns zwar sehr leid, aber unsere Mission war ja, unsere Studenten zu einer guten Behandlung zu befähigen. Ich versprach in nächster Zukunft ein Health-Camp mit Kollegen zu organisieren. Wir teilten die Patienten gleich ihrem zukünftigen Therapeuten zu, so werden unsere Studenten gleich gefordert sein, ihre neuen Behandlungstechniken einzusetzen.

 

Zu unseren Patienten zählte auch ein 13 jähriger Junge, der an einer sehr schweren Erkrankung leidet. Vor 3 Jahren hatte er Typhus (eine hier sehr verbreitete und gefähliche Erkrankung) und wurde, wie üblich, mit Antibiotika behandelt. Wie sich erst später herausstellte, leidet er nun an eine der seltenen Nebenwirkungen von Chloramphenicol, der irreversiblen Form der aplastischen Anämie. Das ist kurz gesagt eine Autoimmunerkrankung, bei der das Knochenmark nicht mehr genügend Blutkörperchen bildet und zumeist tödlich verläuft. Dem 13 jährigem Jungen bleiben, bei eingeschränkter Lebensqualität nur regelmässige Bluttransfusionen, wofür er monatlich den weiten Weg nach Kathmandu reisen muss, was einen hohen Kostenaufwand mit sich bringt. Die Familie ist, wie die meisten Familien hier, sehr arm, dennoch ist Palpa sehr weit in ihrer Gemeindeentwicklung und das benötigte Geld wird gesammelt und für des Jungen Gesundheit gespendet. Eine Alternative wäre eine Knochenmarkstransplantation, was für die Familie natürlich nicht bezahlbar ist. Wir möchten nun versuchen einen oder mehrere Paten oder eine Patenfamilie für Deepak zu finden, damit er ein halbwegs normales Jungenleben führen kann.

 

Am letzten Tag machten wir eine kleine Prüfung, durch die wir erkennen konnten, in wie weit unsere Studenten befähigt sind eine gute Behandlung durchzuführen. Und wir können sagen, daß der Großteil selbstständig die neuen Techniken anwenden kann. Natürlich bedarf es noch viel Eigeninitiative, Geduld und Disziplin zum wieteren Lernen und eben auch weitere Missionen. Für die ersten Behandlungen übergaben wir Startpakete, mit Moxakraut, Schröpfköpfe, Alkohol, Tupfer, Bücher, Lern-DVD’s, Plakate und einer Teilnahmebescheinigung. Einem unserer Studenten konnten wir einen Laptop überreichen, damit er allein gut weiterlernen kann, denn er lebt am weitesten von allen entfernt und kann an den gemeinsamen Lerngruppen nicht teilnehmen.

 

Auch unserer Assistentin konnten wir einen Laptop übergeben, so kann sie künftig einfacher unsere Handouts übersetzen und mit den Studenten und uns in Kontakt bleiben.

 

An einem Abend, kurz vor unserer Abreise, luden uns die Dorfbewohner zu einem Kulturprogramm ein, bei dem wir die ortsüblichen Tänze und Gesänge, sowie Trachten bestaunen durften. Es war schön zu sehen, wie gerade auch die jungen Leute mitmachten und zumeist ganz spontan die Bühne betraten, um das Ihre zum Besten zu geben.

 

Wieder in Kathmandu angekommen, hatte ich einige Treffen mit anderen Organisationen, Kollegen und unserer Partnerorganisation CCODER, um unsere Zusammenarbeit zu stärken und Pläne für die Zukunft zu machen. So arbeiteten wir u.a. schon ein Proposal für die neu entstehende Schule für Naturmedizin aus.

 

Außerdem besichtigten wir eine Moxafabrik, die von einer, schon seit Langem in Nepal lebenden Japanerin ins Leben gerufen wurde und unter einer Non-Profit-Organisation lauft.  Es gibt Menschen ein Einkommen, indem sie wildes Artemsia Kraut sammeln und für die Moxaproduktion abgeben. Nach einem langem Bearbeitungsprozess entsteht ein wirklich hochwertiges Moxa, welches meist nach Japan exportiert wird. Wir haben für unsere Studenten eine große Menge eingekauft, so sind diese für die nächste Zeit eingedeckt. Moxibustion ist In Nepal eine sehr willkommene Behandlungsmethode, da die meisten Menschen infolge der Kälte und Nässe, der sie oft ausgesetzt sind, erkranken. Im Winter wird es je nach Region empfindlich kalt und es gibt keine Öfen oder warmes Wasser, um sich irgendwie aufzuwärmen.  Außerdem spielt sich alles am Boden ab. Man sitzt und schläft auf dem Boden. 

 

Palpa ist, durch unsere Partnerorganisation CCODER, schon eines der am weitesten entwickelten Distrikte von Nepal. Die meisten Haushalte haben eine eigene Toilette, wohingegen in anderen Regionen, die Leute noch auf dem Feld oder am Wegesrand ihr Geschäft erledigen. Welch ein Glück für uns J.

 

Durch die vielen Kontakte, die ich knüpfen konnte, haben wir für Anjali einen Praktikumsplatz, bei einem in Kathmandu ansässigen Akupunkteur finden können. So daß auch sie in der Materie bleiben kann, aber dennoch für unsere, sowie Missionen unserer Partnerorganisationen zur Verfügung stehen wird. Sie ist super glücklich über ihre Entwicklungen und ihre Mutter sehr stolz auf sie. Gleich nach unserer Mission in Palpa begleitete Anjali unseren amerikamischen Kollegen von Acupuncture Ambassadors zu einem Gesundsheitscamp ins Terrain, eines der ärmsten und vergessenen Gebiete von Nepal. Im Anschluss daran assisitiert sie gerade einem Akupunktur-Team in unserer Benchen Free Clinic in Kathmandu.

 

Alles in Allem, mit allen Schwierigkeiten, die unsere Flexibelität immer wieder prüften, hatten wir eine gute und erfolgreiche Zeit hier in Nepal und hoffen auf sichtbare Fortschritte für die Gesundheitsfürsorge der armen Bevölkerung von Nepal. Allerdings ist noch viel zu tun. Packen wir's an! Und helfen Sie mit!

 

Unsere Hilfe ist auch durch die viele Unterstützung und durch Ihre Spenden möglich gewesen. Auch wenn nicht all unsere Bedarfe erfüllt wurden und wir so einiges aus eigener Tasche bezahlen mussten, ist Ihre Hilfe eine große Erleichterung für uns gewesen. Dafür VIELEN HERZLICHEN DANK!

 

Großen Dank auch an das gesamte Akupunktur-Team, Anjali, Uli, Tim und Sylvia und die Organisatoren von CCODER!