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"Big Sister" für ein Jahr

M. Gräper
M. Gräper schrieb am 05.12.2011
"Big Sister" für ein Jahr

Christiane Hohls (20) hat ein Jahr lang die Kids der Thomaskirche in Johannesburg begleitet. "Schnell vergisst man, dass es sich um Waisenkinder handelt", schreibt sie in ihrem berührenden Rückblick.

 

Ich warein Jahr lang Freiwillige der Nordrand-Gemeinde in Johannesburg.MeineAufgabenbereiche waren Unterstützung bei der Jugendarbeit in der deutschsprachigenGemeinde und, vor allem, „Taxi-Dienst“ und Hausaufgabenbetreuungder Kinder des Projekts St. Peter´s Child Care.

 

DiesesAIDS-Waisen-Projekt ist so aufgebaut, dass verschiedene Gemeinden sich um 1-2Familien kümmern, die jeweils aus einer Pfelegemutter und 4-5 Kindern besteht.Die Nordrand-Gemeinde ist für zwei Familien, die von Pflegemamas Jeanette undFortune, verantwortlich. Meine Aufgaben in diesem Bereich waren der Transportzum Kindergarten / Schule und wieder zurück und nachmittags Hilfe bei derHausaufgabenbetreuung.

 

Ichmuss sagen, dass mich die Arbeit mit diesen besonderen Kindern sehrherausgefordert, mir aber auch viel zurück gegeben hat. Es ist nicht immereinfach, mit ihnen umzugehen und einen Weg zu finden, von ihnen respektiert zuwerden. Auch die Tatsache, dass die meisten von ihnen Lernschwierigkeitenhaben, hat die Arbeit herausfordernder gemacht. Es hat lange gedauert, bis ichwirklich das Gefühl hatte, von den Kindern akzeptiert zu sein. Als ich ankam,mussten sie noch den Abschied von meiner Vorgängerin verschmerzen undverstanden nicht ganz, warum sie gehen musste und jetzt eine neue „big sister“kommt. Da meine Vorgängerin die erste Freiwillige an dieser Stelle war, warendie Kinder das Prinzip der einjährigen Praktikantin noch nicht gewöhnt. Dochnach und nach konnte ich einen Draht zu den Kindern aufbauen und ich genoss dieArbeit immer mehr! Sie begrüßten mich morgens freudig und bestürmten mich nachmeinen Urlauben mit einem großen „Christianaaaaa!“. Für mich war es besondersschön, die Entwicklung der Kinder mitkriegen zu dürfen. Ich habe miterlebt, wieHope ihre feierliche Verabschiedung vom Kindergartenhatte und eingeschult wurde, wie Siyabonga, Nikiwe und Tanteihren Schwimmunterricht abschlossen, wie Solani, Melani und Simphiwein die nächste Klasse versetzt wurden und einfach generell, was die Kinder lernten underlebten. Ich empfindees als Privileg, ein Jahr ihres Lebens mit den Kids verbacht haben zu dürfen!

 

DasKonzept von St. Peter´s Child Care, welches vorsieht, dass eine Pflegemuttersich um maximal fünf Waisenkinder kümmert, mit ihnen lebt und sie versorgt, wiees sonst eine leibliche Mutter tun würde, ist unbezahlbar gut! Gerade JeanettesFamilie ist hier ein gutes Beispiel. Jeanette ist schon seit 7 Jahren imProjekt und betreut manche ihrer Kinder schon seit 7 Jahren! Eins der Kinderkennt nur Jeanette als ihre Mutter. So besteht ein engesMutter-Kind-Verhältnis, was man in keinem überfüllten und unterversorgtenWaisenhaus finden würde! Ich habe gesehen, dass diese Kinder sich prächtig undrelativ „normal“ entwickeln. Schnell vergisst man, dass es sich um Waisenkinderhandelt!

 

Natürlichhaben diese Kinder Wunden und Probleme, die bei anderen Kindern, die bei ihrenleiblichen Eltern in einer behüteten Umgebung „normal“ aufwachsen, nicht haben.Die Tatsache, dass es leider so viele AIDS-Waisen in Südafrika gibt, macht esumso wertvoller, dass es ein Projekt wie St. Peter´s Child Care gibt, welcheseindeutig die beste Möglichkeit der Unterbringung für diese Kinder bietet undsie vor weiteren Verletzungen und Traumata schützt. Mit der Zeit wurde dieBeziehung immer intensiver und zum Schluss fiel es mir echt schwer, mich vonden Kindern zu verabschieden! Sie waren mir so ans Herz gewachsen und haben mirzum Abschied auch ein Lied in der Kirche gesungen und mir Bilder gemalt. Ichfühle mich diesen Kindern so verbunden und hoffe und bete, dass es ihnenweiterhin gesundheitlich und auch sonst, gut gehen wird und ihnen später vieleMöglichkeiten offen stehen werden, ihr Lebenfrei zu gestalten.

 

Christiane Hohls im Oktober 2011