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Das Jahr der Weißrandfledermaus in der Pflegestation

C. Weißschädel
C. Weißschädel schrieb am 08.05.2017

Anfang August kommt ein Anruf: „Eine Babyfledermaus wurde vor einem Gebäude gefunden“. Das kann eigentlich nicht sein. Fledermäuse werden normal im Juni geboren und sehen Anfang August wie ausgewachsene Fledermäuse aus. Aber bei Babyfledermäusen sollte man kein Risiko eingehen und sofort reagieren. Das Tier wird deshalb gleich abgeholt und untersucht. Es sieht tatsächlich auf den ersten Blick wie eine neugeborene Fledermaus aus, denn das Tier ist nackt und unglaublich dünn. Es ist aber ein junges Weißrandfledermausmännchen, dem das Fell ausgefallen ist. Vermutlich hatte er eine Vergiftung. Er ist nicht nur nackt und mit 3,6 g viel zu leicht sondern hat auch noch viele Parasiten, die ihn schwächen. Seine Flughaut ist so angegriffen, dass sie sich teilweise abschuppt.  

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Das junge, nackte Weißrandfledermausmännchen ist aber in einem so schlechten Zustand, dass die Überlebenschancen relativ gering sind. Doch er ist ein Kämpfer. Mit mehrmaliger täglicher  Milchfütterung und Mehlwürmern nimmt er relativ schnell zu. Die Parasiten verschwinden durch das tägliche Wechseln der Box. Das Fell wächst langsam nach und er ist in Gesellschaft  junger Zwergfledermäuse. Sie schlafen gemeinsam im Flugzelt und üben nachts das Fliegen, damit es bald wieder in die Natur raus gehen kann. Doch es klappt einfach noch nicht mit dem Fliegen. Die jungen Zwerge sind mittlerweile alle ausgewildert. In die Pflegestation kommen vermehrt Zweifarbfledermäuse und Abendsegler die auf dem Zug in den Süden in Augsburg gestrandet sind. Es ist Herbst. Langsam füllt sich die Pflegestation mit Rauhautfledermäusen, die  typischerweise im Winter in Holzstapeln gefunden werden. Bis auf eine Zweifarbfledermaus und das Weißrandmännchen gehen die Fledermäuse jetzt in den Winterschlaf. Er kann keinen Winterschlaf halten, denn das nachgewachsene Fell ist wieder ausgegangen. Zum Glück versteht er sich sehr gut mit der Zweifarbfledermaus und darf unter ihrem Bauch schlafen wo es auch ohne eigenes Fell wohlig warm ist. Der Winter vergeht und er macht jeden Tag fleißig Flugübungen. Er hat einen unglaublichen Willen, denn er kommt nur wenige Zentimeter weit beim Fliegen, trainiert aber immer weiter. 
Ab Januar bekommt er das neu entdeckte Wundermittel für Fledermäuse im Winter: Kaffee. Zweimal täglich gibt es einen Tropfen Espresso plus flüssiges Calcium. Im Winter ist der Körper der Fledermäuse auf Winterschlaf eingestellt. Durch den Kaffee kommt der Kreislauf in Schwung und der Körper kann sich wie im Frühjahr oder Sommer Regenerieren. Durch die zusätzliche Zinkgabe wächst endlich auch das Fell wieder, die Flughaut wird besser und ganz langsam auch das Fliegen. 

Es ist Frühjahr und die Winterschläfer kommen zurück in die Pflegestation. Er bekommt Gesellschaft durch ein weiteres Weißrandmännchen. Die beiden verstehen sich gut und animieren sich gegenseitig zum Fliegen. Tagsüber klettert er aber immer noch gern zur Zweifarbfledermaus und schläft unter ihrem warmen Bauch. Die Pflegestation füllt sich langsam wieder mit aufgefundenen verletzen oder geschwächten Tieren.

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Das Weißrandmännchen hat mittlerweile wunderschönes volles Fell und übt jede Nacht das Fliegen. Im Juli ist es endlich so weit. Er und auch das andere Weißrandmännchen können gut genug fliegen um draußen zu jagen. Sie fliegen mindestens 10 Minuten am Stück, können gut Anlanden und auch vom Boden starten. An einem warmen Sommerabend kommen die beiden zusammen in einen Auswilderungskasten. In dem Kasten ist Futter für diese Nacht und wird in den nächsten Tagen aufgefüllt, damit sie jederzeit zum Fressen zurück kommen können, wenn der Jagderfolg zu Beginn noch nicht ausreicht. Aber das Futter bleibt in den darauffolgenden Nächten unberührt. Das bedeutet,  dass die nächtliche Jagd erfolgreich war und sie ein passendes Quartier in Augsburg oder auch in der Umgebung gefunden haben.

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