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DRK-Hilfe in Pakistan: Augenzeugenbericht

A. Kurek
A. Kurek schrieb am 07.12.2010

Wie kann man sich die Hilfe der DRK-Delegierten für die Flutopfer in Pakistan vorstellen? Dieter Mathes, unser Einsatzleiter in Thatta im Süden Pakistan, nimmt euch in seinem Bericht einmal hautnah mit zu seiner Arbeit. Er erzählt:

Als wir mit unserem pakistanischen Fahrer ein uns noch unbekanntes Dorf erreichen, haben wir augenblicklich das Gefühl, dass wir hier dringend gebraucht werden. Unser Dolmetscher Muhammad hat angesichts der Katastrophe in seinem Land sein Studium zurückgestellt, weil er unbedingt seinen Landsleuten helfen möchte. Deshalb ist er als freiwilliger Helfer für den hiesigen Roten Halbmond tätig und kontaktiert sofort den Verantwortlichen des Dorfes.

Man führt uns in ein halb zerstörtes Lehmgebäude, von dem nur noch zwei Wände erhalten sind. „Das war vor der Flut das Bürgerhaus“, so der dazugekommene Dorfälteste. „Wir haben in unserem Dorf fast alles verloren. Viele leben noch immer unter freiem Himmel und die Nächte werden kalt“, so der Bürgermeister weiter. Die Temperaturen fallen in der Nacht auf 10 bis 15 Grad. Kleine Kinder und hauptsächlich die Alten brauchen dringend Zelte, Decken, Moskitonetze und Kleidung.

Mittlerweile sitzen wir zwischen den Dorfbewohnern und schauen in traurige und ängstliche Augen. Wir brauchen dringend Eure Hilfe" ist das, was wir aus diesen Augen lesen können. Wir erklären, dass wir hier sind, um ihnen so gut es geht zu helfen. Zusammen mit einer kleinen Abordnung des Dorfes machen wir einen Rundgang und fragen gezielt nach den grundlegenden Dingen des täglichen Lebens.

Von wo bekommt Ihr Euer Trinkwasser?

„Wir hatten vor der Überschwemmung gutes Wasser aus unseren Brunnen“, so ein Bewohner des Dorfes. „Die Flut hat die meisten Brunnen zerstört oder überflutet. Das meiste Wasser schmeckt stark nach Salz.“ „Wir haben kein Geld um neue einfache Brunnen zu bauen“, erklärt der Dorfälteste. „Hätten wir das Material so könnten wir unser Wassernetzwerk wieder aufbauen“, ruft ein Bewohner dazwischen. „Das müsste doch zu schaffen sein“, stößt mich mein Kollege vom Österreichischen Roten Kreuz an. „Ich denke auch“ pflichte ich ihm bei.

Wie viel Häuser und Toiletten sind zerstört?

Mehr als Dreiviertel der Häuser seien zerstört, berichtete man uns. Einfache Materialien werden benötigt, wie Holz und Bambus für die Rahmenkonstruktion, mit Lehm aufzufüllen, aber für alles fehlt das Geld. Die meisten der Toiletten und Waschhäuser sind der Flut zum Opfer gefallen. Auch diese müssen erneuert oder temporär wiederhergestellt werden.

Welche Krankheiten gibt es im Moment?

„Es gibt viele Krankheiten in unserem Dorf“, erzählt die alte, erfahrene Hebamme, die auch die einzige im Dorf ist, die etwas von Medizin versteht und sich um die Kranken kümmert. Am häufigsten treten Durchfallerkrankungen, Hauterkrankungen (die auf schlechtes Wasser und Hygiene zurückzuführende Krätze ), Husten und Infektionen der oberen Atemwege auf.

Kommt regelmäßig ein Arzt? Wie ist es mit der Hygiene?

„Es gibt keine medizinische Versorgung in unserem Dorf“, erläutert die Hebamme. „Nirgendwo gibt es Medizin zu kaufen.“

Betroffen von den Berichten der Dorfbewohner machen wir uns auf den Rückweg zu unserer Unterkunft. Es wird bereits intensiv diskutierten, wie wir diesem Dorf helfen könnten. Morgen werden wir einiges zu tun haben.

Am nächsten Morgen sitzen wir mit unseren Kollegen vom Pakistanischen Roten Halbmond zusammen und besprechen die Details und Möglichkeiten, die wir haben, diesem Dorf zu helfen. Das Glück ist auf unserer Seite, denn unsere DRK-Kollegin Karina überrascht uns mit einem Telefonanruf. Karina ist in Karachi für die Verteilung von Hilfsgütern zuständig und teilt uns mit, dass Zelte, Hygienepakete, Wasserfilter und Essensrationen in den nächsten Tagen zu uns geschickt würden.

Wir informieren außerdem das mobile Gesundheitsteam – besetzt mit einem Arzt, einer Krankenschwester, einem Fahrer und einem Motivator – über die Lage in dem Dorf. In den nächsten Tagen, so versichert uns Dr. Ali, würden sie sich um die Kranken dort kümmern.

Parallel dazu schicken wir ein Hygieneteam unter der Führung von Ana, einer erfahrenen Krankenschwester aus Kroatien, um mit den Bewohnern die einfachsten Hygieneregeln zu erarbeiten. Mit Seife, Postern und verschiedenen Schautafeln wird den Menschen alles plastisch und realistisch demonstriert.

„Am meisten hat es den Kindern Spaß gemacht“, sagt Ana, als sie am Abend wieder zurückkommt. „Ich denke, die einfachen Regeln werden sie verstehen. Wir müssen von Zeit zu Zeit wieder hinfahren, um das alles zu wiederholen und zu vertiefen. Man kann gewisse Dinge nicht über Nacht verändern“ , räumt Ana ein.

Nachdem wir genau wissen, was im Dorf zum Wiederaufbau der Wasserversorgung gebraucht wird, machen wir uns auf den Weg zum Markt und besorgen einfache Wasserleitungsrohre aus Plastik, Handpumpen, einige Elektropumpen und Kleinmaterial. Als wir alles dem Dorfältesten übergeben, versichert er uns „In zwei Wochen ist alles fertig und das Wasser wird wieder fließen.“

Ein paar Tage später besuchen wir das Dorf erneut und sehen, dass sich schon einiges verändert hat. Einige der Männer verlegen Wasserleitungen, andere bohren mit einfachem Werkzeug die Brunnen und wieder andere zeigen uns die Seifenstücke, die vor den einfachen Toiletten hängen. „In den nächsten Tagen werden Zelte und Essen verteilt“, versicherten wir dem Dorfältesten, der sich für alles, was wir für sein Dorf getan haben, herzlich bei uns bedankt.

Fotos zu diesem Beitrag findet ihr in unserem Blog unter