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Ein Bericht von Ali Hensel

(Gelöschtes Mitglied)
(Gelöschtes Mitglied) schrieb am 08.10.2008

Ali Hensel ist Mitarbeiter beim Clay-House-Project in Otjiwarongo, Namibia.

Der Fortschritt muss bezahlbar sein

Jahrelang hieß das Synonym für die Entwicklung des Sanitärbereiches in Namibia „Wasserspültoilette“. Die heutige Vize-Premierministerin Libertine Amathila sprach gar von einem Recht der namibischen Bürger auf die Wasserspültoilette. Diese Forderungen entsprachen einer allgemeinen Entwicklungsgläubigkeit und der Vorstellung, dass Entwicklung in erster Linie darin besteht, die Lebensverhältnisse der reichen Industriestaaten zu kopieren. Die beschränkten Möglichkeiten des eigenen Landes, seien es die ökonomischen oder aber die ökologischen, wollte man nicht zur Kenntnis nehmen. So kam es dazu, dass sich in Namibia die Vorstellung breit machte, dass in allen Kommunen irgendwann (selbst wenn man lange warten müsse) die Wasserspülung in der eigenen Toilette Wirklichkeit werden würde. Bis zu diesem fernen Zeitpunkt waren die Politiker des Landes offensichtlich bereit, einen großen Teil der Bürger weiterhin „in die Büsche“ zu schicken.

Mittlerweile hat aber ein Prozess des Umdenkens begonnen. Man hat eingesehen, dass die vermeintlichen Segnungen der Wassertoilette nur in größeren Städten, und auch dort nur in privilegierten Gebieten, finanzierbar sein werden. Der Rest der Städte, vor allem die informellen Settlements und der größte Teil der ländlichen Kommunen, werden auf den Wasseranschluss für die Toilette wohl verzichten müssen. Aber nicht nur die fehlenden Finanzen führten zu dieser Wandlung im Denken, auch die Knappheit der raren Ressource Wasser hat den Prozess beschleunigt. Es ist eben vernünftiger, das kostbare Wasser nicht zur Entsorgung von Fäkalien zu verschleudern, sondern das knappe Gut als Lebensmittel und für die Entwicklung des Tourismus, der Landwirtschaft und Industrie zur Verfügung zu haben.

Außerdem geht es den Politikern in Namibia nicht besser als denen in Deutschland. Versprechungen müssen irgendwann erfüllt werden. Die Wähler lassen sich nicht ewig auf die angeblich bessere Zukunft vertrösten. Aus diesem Grunde macht sich die Einsicht breit, dass das Erwecken von Illusionen mehr schadet als nutzt und es deshalb sinnvoller ist, realistische Ziele anzuvisieren. Das im namibischen Entwicklungsplan „Vision 2030“ formulierte Ziel: „Steigerung der Versorgung mit Toiletten im ländlichen Raum von 28 % auf 60 %“ ist schwer zu verwirklichen. Mit dem Traum von der Wasserspültoilette wird dieses Ziel aber gänzlich unerreichbar sein.

Nicht umsonst hat kürzlich Vize-Premierministerin Libertine Amathila eine Kehrtwendung vollzogen und nun davon gesprochen, dass es für Namibias Bürger das Recht auf eine „Otji-Toilette“ geben müsse. Auch Premierminister Nahas Angula gehört zu den Verfechtern der Otji-Toilette. In der Region um Ondangwa wird zur Zeit um eine Lösung für die Sanitärprobleme gerungen, wobei Nahas Angula den Einsatz der Otji-Toilette priorisiert.

Sicherlich war der offizielle Start des SODI-Toilettenprogrammes in Otjiwarongo, das von der Europäischen Union mit fast 400.000 EUR gefördert wird, ein weiterer Schritt in Richtung auf eine nachhaltige Entwicklung, der von der namibischen Öffentlichkeit und der politischen Führung des Landes positiv aufgenommen wurde. Mit der EU-Delegationsleitern Frau Dr. Pape und Vize-Minister Kazenambo-Kazenambo war die Veranstaltung hochrangig besetzt. Alle Rednerinnen und Redner waren sich einig, dass Namibia eine hygienische, aber dennoch bezahlbare und zugleich wassersparende Lösung für seine Toilettenprobleme benötigt. Die Otji-Toilette, die durch das „Clay-House-Project“ in Otjiwarongo auch in großer Stückzahl lokal produziert werden kann, bietet sich als die einfache und kostengünstige Technologie an, die Namibia für seine Bürger benötigt. Mit der Otji-Trockentoilette könnten die hoch gesteckten Ziele der „Vision 2030“ am Ende doch noch Wirklichkeit werden.

Ali Hensel, Clay-House-Project Otjiwarongo