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Sicherheit geht vor!

A. Rossi
A. Rossi schrieb am 07.07.2015

Ein GPS auf ausgeschilderten Straßen zu benutzen, ist heute für uns eine Selbstverständlichkeit. Dass Einsatzkräfte im Gelände mit einem solchen „Navigationsgerät“ arbeiten, stellt hingegen noch immer die Ausnahme dar. Selbst im Rahmen der Rettungshundearbeit, wo ein „Global Positioning System“ wertvolle Zeit sparen – und damit vielleicht sogar Leben retten könnte. „Trotzdem verfügen wir als Ehrenamtliche bisher noch nicht über diese wertvollen Helfer. Aus Kostengründen. Das Budget gibt es nicht her“, erklärt Monika Habenicht von der DRK-Bereitschaft Rettungshundearbeit Heidenheim. Darum wollen die Erzieherin und ihre Kameraden sich mittels eines Spendenaufrufs nun selbst um die Anschaffung kümmern. Die Hintergründe erläutert sie in dem nachfolgenden Interview.

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F
rage:
Kaum ein Außenstehender weiß über die Abläufe bei der Rettungshundearbeit Bescheid. Wie geht die Sache vor sich, wenn ein Notruf eingeht, weil jemand vermisst wird?

Monika Habenicht:
In der Praxis läuft es in der Regel so ab: Nach der Alarmierung durch die Polizei treffen wir uns am Einsatzfahrzeug und fahren gemeinsam zu dem Ort, an dem die Einsatzleitung aufgebaut wurde. Hier erhalten wir Information zu der vermissten Person und zu unserem Suchgebiet. Das wird meist in der Karte gezeigt, und manchmal erhalten wir auch eine Kopie des betreffenden Kartenausschnittes, der sich zum Beispiel auf eine Schrebergartenkolonie bezieht, auf ein Gebiet an einem See oder entlang eines Flusses.

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Frage:

In einer solchen Situation sollen sich die Helfer also nur auf eine Karte und ihren Orientierungssinn verlassen?

Monika Habenicht:
Richtig. Habe ich schon erwähnt, dass unsere Alarmierungen größtenteils am späten Abend oder in der Nacht erfolgen, und dass es für uns meist unbekannte Areale sind? Wir werden mitunter bis in die Umgebung von Schwäbisch Gmünd gerufen ...

Frage:
Aber sind das dann nicht extrem schwierige Bedingungen? Gerade in dem Einsatzgebiet der Rettungshundestaffel Heidenheim gibt es doch auch sehr viele Wälder.

Monika Habenicht:
Das stimmt. 2009 hatten wir beispielsweise den Fall, dass ein 45-jähriger Autist vermisst wurde – über Weihnachten. Drei Tage lang suchten 17 Rettungshunde-Teams – wie die Kombinationen Hundeführer und Vierbeiner genannt werden –, die Gebiete um Dischingen ab. Bei Kälte und teilweise dichtem Schneefall. Wenn in einer solchen Situation Nebel hinzu kommt, ist es sehr schwierig, sich zu orientieren. Man sieht oft keine 50 Meter weit. Da kann es vorkommen, dass man 150 Meter von einer Hauptverkehrsstraße weg ist, das aber nicht weiß.

Frage:
Danke für diese plastischen Erläuterungen. Das Ganze birgt also etliche Gefahrenpotentiale. Aber steht das dann nicht im völligen Widerspruch zu dem, was alle Einsatzkräfte weltweit als allererstes lernen?

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Monika Habenicht:

Korrekt. Gleich in Lektion 1 heißt es: Eigenschutz geht vor!

Frage:
Und GPS-Geräte helfen dabei?

Monika Habenicht:
Sie helfen sogar in mehrfacher Weise.

Frage:
Als da wäre?

Monika Habenicht:
Erstens sind Wege und auch Gefahrenquellen auf dem GPS-Display besser zu erkennen, als auf einer Karte. Man braucht sich ja nur vorzustellen, wie man bei Nacht in einem fremden Wald durchs Unterholz geht – in der einen Hand die Taschenlampe, in der anderen eine Wanderkarte … Ziemlich unpraktisch, das Ganze.
Zweitens ist das Kartenmaterial beim „Globalen Positionsbestimmungssystem“ – wie GPS im Deutschen ausgeschrieben heißt –, immer auf dem neuesten Stand. Das ist einer der Gründe, warum es auch bei Naturlehrern immer beliebter wird … und bei Wanderern, und bei Reitern ... Denn bei einem GPS sind sogar einfache Waldwege eingezeichnet, und damit sichtbar. Dazu kommt, dass die Pfade auf der Karte oft nicht mit denen im realen Gelände übereinstimmen.
Und drittens kann ein Gebiet mit einem GPS bereits vor der Suche ausgemessen werden. Die Parzelle ist damit also ganz genau bestimmt. Da weiß ein Helfer schnell, ob er sich noch in ihr aufhält, oder schon darüber hinaus ist. Ohne GPS kann es schon vorkommen, dass er sie verlässt, ohne es zu merken, und sich dann verläuft.

Frage:
Apropos verlaufen – da gibt es doch noch diese Sache mit dem „Im-Kreis-Laufen“. Das Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik [1] in Tübingen hat dieses Phänomen einmal umfassend untersucht und die Ergebnisse 2009 veröffentlicht: Danach entfernt sich ein Mensch mit verbundenen Augen im Schnitt nicht weiter als 100 Meter von seinem Ausgangspunkt. Der Leiter dieser Studien, Jan Souman, hatte damals erklärt: „Wir können den Sinneseindrücken aus Augen, Ohren und Gleichgewichtsorganen nicht bedingungslos vertrauen. Vielmehr nutzen wir zusätzliche äußere Orientierungshilfen, wie Berge, Sonne oder Gebäude, mit denen unsere Wahrnehmung abgeglichen und gegebenenfalls korrigiert wird.“ Das heißt doch aber, wenn diese Anhaltspunkte also etwa bei Nacht und Nebel wegfallen …

Monika Habenicht:
… neigen selbst Hundeführer dazu, im Kreis zu gehen. Genau. Die GPS-Geräte beugen auch dieser Gefahr vor.

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Frage:

Und wie ist es mit Funklöchern oder anderen Störfaktoren?

Monika Habenicht:
Ein GPS funktioniert selbst dann, wenn ein Handy keinen Empfang mehr hat. Es benutzt die Position von Satelliten zur Standortbestimmung, und ist damit unabhängig von Mobilfunknetzen.

Frage:
Das ist auch nützlich für die Teamarbeit, oder?

Monika Habenicht:
Sicher. Denn sobald die vermisste Person gefunden ist, können den anderen Einsatzkräften, wie Rettungssanitätern, Ärzten, Feuerwehrleuten und so weiter mit Hilfe der GPS-Daten die genauen Koordinaten durchgegeben werden. Das erleichtert natürlich die Antwort auf die Frage: „Standort?“ Und es wirkt sich auch gleich auf die nachfolgenden Schritte aus – also zeitlich, organisatorisch und so weiter. Ohne die Geräte hingegen können beispielsweise Distanzen nur geschätzt werden.
Ein weiterer Vorteil ist: Sollte einmal der Fall eintreten, dass aus welchen Gründen auch immer die Funkgeräte nicht funktionieren, dann können - übrigens unabhängig davon, ob es dunkel und neblig ist, oder nicht – dank der GPS-Daten die anderen Einsatzkräfte trotzdem gefunden werden. Vorausgesetzt natürlich, dass deren Standort vor der Suche bekannt war und er sich zwischenzeitlich nicht geändert hat.

Frage:
Kommen wir im letzten Teil unseres Gesprächs noch zu einem anderen Thema: Ist es nicht so, dass GPS-Geräte jeden Schritt aufzeichnen? Hat man da nicht das Gefühl, ständig überwacht zu sein?

Monika Habenicht:
Es ist richtig, dass sich mit GPS alles Mögliche dokumentieren lässt. Genau deshalb ist ein solcher Tracker schon beim Training sehr nützlich. Denn dadurch, dass er ja die Daten und Strecken aufzeichnet, auf denen sich der Hundeführer bewegt hat, lassen sich Statistiken erstellen und mögliche Fehlerquellen besser einschätzen, um sie künftig zu vermeiden. Übrigens ist es sogar möglich, den Hund mit einem GPS auszustatten. Damit kann man – unter Einbeziehung des Windes und der Windrichtung – ebenfalls ganz genau verfolgen, ob die gesamte Fläche abgesucht wurde. In jedem Fall also geben uns die Geräte mehr Sicherheit.

Das Interview führte Adriana Rossi.

Galerie-Fotos: Luise Oberlader

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[1] http://www.kyb.tuebingen.mpg.de/de.html

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Für GPS-Geräte – denn Sicherheit geht vor!