Haskey-Projekt Ghana e.V. Jahresbericht 2014

Liebe Freunde,
das Jahr 2014 ist zu Ende und wir können selber noch kaum glauben, welch einen Satz nach vorne unser kleines Projekt in dieser Zeit machen konnte. Plötzlich ist da mitten in Ghana dieser außergewöhnliche Ort, an dem man Kinderlachen, Singen, Rufen, Musik vernimmt – „Haskey-Projekt“, diese Idee, dieser Samen, ist lebendig geworden! Nun dürfen wir beim Wachsen zusehen. Nur zusehen wird jedoch nicht genügen –dieses Pflänzchen bedarf stetiger, liebevoller und entschlossener Pflege, damit es zu einem standfesten Baum heranwachsen kann, der nicht vom ersten Windhauch umgepustet wird. Dafür benötigen wir auch weiterhin die tatkräftige Unterstützung von Euch allen – dann kann hier etwas Großartiges entstehen. Wir bedanken uns sehr herzlich für Euern Glauben an unsere Vision!
Die Tagesbetreuung
Anfang November 2013 war es endlich soweit – in Kumasi, der zweitgrößten Stadt Ghanas wurde unsere Tagesbetreuung mit damals 6 Kindern und Jugendlichen mit geistigen und zum Teil körperlichen Behinderungen sowie einem Kind ohne Beeinträchtigung eröffnet. Im Laufe des Jahres 2014 ist die Zahl auf 15 Betreute im Alter von 2 bis 17 Jahren angewachsen. Es sind verschiedene Behinderungen vertreten wie Infantile Zerebralparese, Down Syndrom, Autismus, Mikrozephalie und Gehörlosigkeit. Die Kinder kommen aus ganz Kumasi und den unterschied-lichsten Herkunftsbedingungen zu uns. Ca. zwei Drittel von ihnen stammen aus muslimischen und ein Drittel aus christlichen Elternhäusern.
Die Kinder werden von zwei Mitarbeiterinnen betreut, von denen eine examinierte Krankenschwester ist und die andere ohne Ausbildung. Unterstützt werden sie von einer Haushaltskraft, die sich um die hygienische Versorgung der Kinder und die Gebäudepflege kümmert. Die Öffnungszeiten der Tagesbetreuung sind montags bis freitags von 9 bis 15 Uhr. An Wochenenden, gesetzlichen Feiertagen und während der regulären Schulferien ist die Einrichtung geschlossen.

Für die Tagesbetreuung musste Mobiliar angeschafft werden; das Gebäude wurde von innen und außen gestrichen und an der Straßenseite mit einem Schriftzug versehen. Der zur Tagesbetreuung gehörige Teil des Innenhofes wurde eingezäunt und mit einem Tor versehen, so dass sich die Kinder draußen frei bewegen können. Das Gebäude erhielt an der Hofseite ein schattenspendendes Vordach, damit sich die Kinder länger draußen aufhalten können. Außerdem wurde Anfang 2014 ein kleiner Spielplatz, bestehend aus einer Schaukel und Lauftrainings-Stangen aus Bambus und einem Sandkasten angelegt. Leider sind die Bambusstangen inzwischen von Termiten zerfressen worden. Deshalb wird Anfang 2015 eine Investition in eine Schaukel und Laufstangen aus Metall notwendig. Auch der Sandkasten muss erneuert werden. Der Großteil der Spielzeuge und Lernmaterialien, sowie eine Hängematte, Ein Planschbecken und mehrere Gymnastikbälle wurden in Deutschland gesammelt und nach Ghana gebracht. Es erreichten uns aber auch bereits Materialspenden aus Ghana.

Alle Betreuten und Mitarbeiter der Tagesbetreuung erhalten ein kostenfreies Mittagessen. Dieses wird von dem benachbarten „Restaurant“ bezogen, da wir derzeit keine eigene Küche zur Verfügung haben. Die Gehälter der Mitarbeiter und alle sonstigen Ausgaben werden aus Spendengeldern und sonstigen Einnahmen des Vereins bezahlt. Bisher erhalten wir keinerlei finanzielle Unterstützung vom ghanaischen Staat. Die Familien zahlen nur eine geringe Aufnahmegebühr sowie ein Geleitfahrt für den Transport ihrer Kinder.
Transport
Die im Haskey-Projekt betreuten Kinder und Jugendlichen leben alle bei ihren Familien zu Hause und müssen jeden Tag in die Tagesbetreuung gebracht werden. Die meisten Familien können dies zeitlich nicht leisten, da sie zu weit weg wohnen bzw. arbeiten gehen. Deshalb arbeiten wir bisher fest mit einem Taxifahrer zusammen, der die Kinder morgens abholt und nachmittags zurückbringt. Sein Auto ist jedoch eigentlich viel zu klein für den Transport all der Kinder, so dass er gezwungen ist, mehrmals hin und her zu fahren. Das alles ist mit großem zeitlichem und finanziellem Aufwand verbunden, weshalb wir 2014 einen Spendenaufruf zur Anschaffung unseres eigenen Kleinbusses gestartet haben. Dieser könnte alle Kinder auf einmal transportieren und außerhalb der Einsatzzeiten vermietet werden. Erfreulicherweise haben wir bis zum Ende des Jahres 2014 die erforderliche Spendensumme zusammenbekommen, um nun im neuen Jahr den Bus anschaffen zu können.
Freiwilligenprogramm

Von November 2013 bis August 2014 konnte Haskey-Projekt Ghana e.V. Johanna Kieser, eine Heilpädagogin (B.A.) aus Bochum als Freiwillige in das Projekt entsenden. Sie finanzierte ihren Aufenthalt über einen Förderkreis aus Spendern, die sie entweder einmalig oder monatlich finanziell unterstützen, sowie aus eigenen Mitteln. Sie konnte vor Ort bei Fati Haruna, der Nichte des Haskey-Gründers Musah Abubakar leben, die eine der Mitarbeiterinnen im Projekt ist.
Johanna unterstützte die ghanaischen Mitarbeiter im Projekt während ihres neunmonatigen Einsatzes mit ihrem fachlichen Know-how und ihrer praktischen Erfahrung aus dem Bereich der Behindertenarbeit. Sie entwickelte in Zusammenarbeit mit dem Personal eine Tagesstruktur mit festen Abläufen, die sowohl die sogenannte „Morning Class“ mit Begrüßungsrunde auf Englisch, Kinderreimen, Liedern etc. als auch Einzelförderung, Musik- und Tanzangebote sowie Zeit für freies Spiel beinhaltet. Darüber hinaus richtete sie einen „Bürotag“ ein, an dem sie im Haskey-eigenen Büro verschiedenen administrativen und organisatorischen Arbeiten für das Projekt nachging. Unter anderem übersetzte sie die Vereins-Homepage auf Englisch und erstellte einen englischsprachigen Flyer.
Leider konnte bisher keine Nachfolge für Johanna gefunden werden. Wir sind jedoch weiterhin auf der Suche nach qualifizierten und motivierten Freiwilligen, die bereit sind, für eine Zeit von mindestens 6 Monaten nach Ghana zu gehen um das Projekt vor Ort zu unterstützen.

Darüber hinaus bekommen wir seit Mai 2014 außerdem Unterstützung von jungen ghanaischen Freiwilligen. Dies sind in der Regel junge Frauen, die gerade die Schule beendet haben und nun auf ihre Ergebnisse warten oder auf der Suche nach einem Ausbildungs- oder Studienplatz sind. Sie sollen für mindestens drei Monate im Projekt bleiben und in dieser Zeit in der Betreuung der Kinder helfen. Für ihr Engagement erhalten sie ein kostenloses Mittagessen und Fahrtgeld und bekommen nach Beendigung ihres Einsatzes ein Zeugnis und eine Urkunde ausgehändigt.
Perlenwerkstatt

Im März 2014 fuhren Fati Haruna und Jalila Issah, zwei Mitarbeiterinnen im Projekt, in Begleitung von Johanna für einen dreitägigen Hospitationsbesuch ins ca. 3 Stunden entfernte Nkoranza, um die dort seit 21 Jahren ansässige Hand in Hand Community, ein Wohndorf für Kinder mit Behinderung und angeschlossener Werkstatt für Erwachsene mit Behinderung zu besuchen. Fati ließ sich in der Perlenhalle der Werkstatt die Herstellung von Schmuck und Schlüsselanhängern aus Perlen zeigen und übernahm nach ihrer Rückkehr die Organisation einer kleinen Perlenwerkstatt im Haskey-Projekt. Sie besorgte die not-wendigen Materialien auf dem Markt und arbeitete auch die anderen Mitarbeiter ein. Seit April 2014 sind wir nun in der Lage, den Jugendlichen unter unseren Betreuten durch die Perlenwerkstatt die Erlernung einer handwerklichen Tätigkeit zu ermöglichen. Von Betreuten und Mitarbeitern werden nun verschiedenste bunte Schmuckstücke und Accessoires gefertigt, die sowohl in Ghana als auch in Deutschland verkauft werden und damit einen Beitrag zur Finanzierung des Projekts liefern.
Workshop Bewusstseinsbildung

Im Juni 2014 konnte vom Haskey-Projekt Ghana zum ersten Workshop mit dem Ziel der Bewusstseinsbildung und Aufklärung über Menschen mit geistiger Behinderung eingeladen werden. Über 50 Teilnehmer waren anwesend; neben den Angehörigen der Betreuten und den Mitgliedern des Projekts auch Vertreter anderer Nichtregierungsorganisationen sowie weitere Interessierte. Zum Auftakt referierte der Distrikt-Koordinator für Sonderpädagogik über Ursachen und Umgang mit geistiger Behinderung. Danach klärten Vertreter der Willows Foundation, einem in Kumasi und anderen Städten in der sozialraumorientierten Sozialarbeit tätigen Verein, über Familienplanung und Verhütungsmethoden auf. Zum Schluss sprach Johanna über Down Syndrom, Autismus und Zerebralparese und verteilte eine Broschüre, in der sie Informationen über geistige Behinderung, verschiedene Behinderungsbilder, zu Lernen und Verhalten und zum Stichwort Inklusion zusammengestellt hatte. Diese Broschüre wird auch im Haskey-eigenen Büro ausgelegt.

Hilfsmittel für Oswarld und Wofa
Oswarld ist ein fünfjähriger, schwerstmehrfachbehinderter, gehörloser Junge mit Zerebralparese (einer Bewegungs-störung aufgrund frühkindlicher Hirnschädigung), der aufgrund einer stark ausgeprägten Tetraspastik die meiste Zeit „steif wie ein Brett“ ist und nur liegen bzw. auf dem Schoß sitzen kann. Für ihn ließ Johanna bei einem Schreiner einen speziellen Stuhl anfertigen, der auf Oswarlds Maße und speziellen Bedürfnisse zugeschnitten ist. Er ist gepolstert und mit einer Kopfstütze, Gurten und einem abnehmbaren Tisch versehen. Hierdurch wird es Oswarld möglich, im Sitzen am Gruppengeschehen teilzunehmen. Darüber hinaus stellte Johanna aus verschiedenen Quellen eine umfangreiche Mappe mit Informationen und praktischen physiotherapeutischen Übungen und Tipps zu Zerebralparese zusammen, die den Mitarbeitern im Umgang mit den betroffenen Kindern helfen können und die Johanna ihnen auch in der praktischen Anwendung zeigen konnte.

Für Wofa, einen Jungen mit weniger stark ausgeprägter Zerebralparese wurden Achselstütz-Krücken maßgefertigt, mit denen er nun möglicherweise alleine laufen lernen kann. Weitere Hilfsmittel wie orthopädische Schuhe sind in Planung. Außerdem haben wir von der Christopherus-Schule in Dortmund das Angebot erhalten, mehrere ausrangierte Rollstühle gespendet zu bekommen. Die Rollstühle müssten jedoch auf dem Schiffsweg nach Ghana befördert werden. Hierfür sind wir auf Spenden angewiesen.
Spenden von Lernmaterialien

Eine Klasse der maxQ. Erotherapieschule in Bochum hat ein Semester ihres Werkunterrichts unter Anleitung ihres Werklehrers Jochen Siebert der Anfertigung von verschiedenen hölzernen Lernspielen und Fördermaterialien gewidmet, die sie im September 2014 an Musah und Johanna vom Haskey-Projekt Ghana überreichen konnten. Herr Siebert kümmert sich außerdem um den kostenlosen Versand der Materialien nach Ghana, wo sie voraussichtlich Anfang 2015 eintreffen werden. Wir bedanken uns sehr herzlich für diese außergewöhnliche, praktische Unter-stützung und sind uns sicher, dass die Spiele von den Kindern in Ghana begeistert angenommen werden.
Ein Tag für Ghana

Im September 2014 fand bereits zum zweiten Mal „Ein Tag für Ghana“ im Kulturzentrum Bahnhof Langendreer in Bochum statt. Bei phantastischem Wetter wurde neben einem bunten musikalischen und kulinarischen Rahmenprogramm über die über die Arbeit des Vereins in Ghana informiert. Unsere gerade von dort zurückgekehrte Freiwillige Johanna Kieser berichtete über ihre Erfahrungen und die aktuelle Situation im Projekt vor Ort. Es wurden abzüglich der Ausgaben 1.130 Euro zugunsten des Vereins eingenommen. Vielen Dank allen Besuchern, Helfern und Unterstützern für diesen erfolgreichen Tag!
In der Vorweihnachtszeit hatte unser Verein außerdem die Möglichkeit, an den Basaren der Christopherus-Schule in Dortmund, der Rudolf Steiner Schule in Bochum und der Hiberniaschule in Herne sowie im Haus der guten Tat auf dem Bochumer Weihnachtsmarkt und auf dem Kunstmarkt der Werkstatt Wort und Bild des Künstlers H.D. Gölzenleuchter mit einem Informations- und Verkaufsstand vertreten zu sein. Wir konnten einige ghanaische Schmuckstücke und bunte Patchworktaschen verkaufen und in anregenden Gesprächen interessierten Menschen unsere Arbeit näher bringen.
Ausblick
Im neuen Jahr wird zunächst der Kauf des Kleinbusses auf uns zukommen. Musah, Initiator des Projekts, plant einen ca. sechsmonatigen Aufenthalt vor Ort in Ghana, von dem wir uns als Verein einen großen Anschub für die Weiterentwicklung des Projekts erhoffen. Auch hierfür werden wir wieder auf finanzielle Unterstützung in Form eines Förderkreises angewiesen sein.
Wir möchten ein Patenschafts-Programm entwickeln, mit dem es möglich sein wird, einzelne Kinder mit einem monatlichen Beitrag kontinuierlich zu unterstützen.
Außerdem werden wir uns um die Aufnahme bei weltwärts, dem entwicklungspolitischen Freiwilligendienst des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) bemühen. Wir werden uns darüber hinaus auch auf die finanzielle Förderung des BMZ von Projekten in Entwicklungsländern bewerben. Auch unsere gute Zusammenarbeit mit der GLS Bank möchten wir weiter intensivieren.

Uns und Euch allen ein fruchtbares Jahr 2015!
Musah Abubakar (Vorstand)
Johanna Kieser
