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Details über unseren Projektbesuch in Tengani, Dezember 2017

B. Uhlig
B. Uhlig schrieb am 21.12.2017

Liebe Freunde von Active Aid in Africa,

wir sind Mitte Dezember 2017 von unserer letzten Reise nach Malawi wohlbehalten zuhause angekommen. Der Aufenthalt und das vergangene Jahr erwiesen sich als erfolgreich. Wir waren noch nicht lange vor Ort in Tengani, da öffnete der Himmel seine Schleusen und es regnete über 24 Stunden am Stück. Unser Projektleiter, Herr Mybeck, musste nochmal hoch nach Blantyre, doch da verzögerte sich sein Aufenthalt durch den Regen und andere Schwierigkeiten derart, dass er erst spät abends am Freitag entnervt in Ngona ankam und wir so fast eine Woche verloren hatten, ohne viel ausgerichtet zu haben. Immerhin trafen wir uns in dieser Woche mehrmals mit den Lehrern unserer Partnerschule für Besprechungen und die Verteilung der Briefe. 

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Dauerregen kurz nach unserer Ankunft

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Schüler-Briefe sortieren

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Schüler-Briefe verteilen

Gleich am Samstag, nachdem Mybeck endlich eingetroffen war, stürzten wir uns ans Werk, um keine Zeit mehr zu verlieren. Innerhalb der verbleibenden zehn Tage fuhren wir 19 der 21 reparierten Brunnen an, um ihre Funktionstüchtigkeit persönlich zu untersuchen. Außerdem klapperten wir 2/3 des Landkreises ab, und untersuchten 89 weitere Brunnenlöcher, die wir in Listen notierten mitsamt ihrem Beschädigungsgrad. Das letzte Drittel schafften wir nicht mehr. Die Verzögerung aus der ersten Woche ließ sich nicht ganz wett machen.

Obwohl der Nsanje-Distrikt acht Landkreise enthält, ist unser Tengani-Landkreis weitaus der größte und nimmt fast die Hälfte des Distrikts ein. Demnach ausgedehnt ist der Landkreis. Die östliche Hälfte ist ebenerdig, da die Ostgrenze der Shire-Fluss selbst ist, zugleich Staatsgrenze zu Mosambik. Entlang des Flusses reihen sich die Dörfer aneinander und ist die Bevölkerungsdichte sehr hoch, weshalb auch die meisten Brunnen hier zu finden sind. Die Westhälfte ist hügelig oder gar gebirgig und sehr dünn besiedelt. Hier liegen jedoch die entlegensten Dörfer mit nur sehr wenigen Brunnen. Hier ist die Lage besonders gravierend, denn wenn die wenigen existierenden Brunnen ausfallen, sind die Leute zu besonders weiten Laufwegen gezwungen.

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Schwierige Fahrstrecken für unser Auto

Während wir in der Ebene die Brunnen im 10-Minuten-Takt durcharbeiten konnten (inklusive Anfahrt zum nächsten Brunnen), mussten für die außerhalb gelegenen Brunnen eher ca. 30 Minuten eingeplant werden. Oft waren wir etwa 30 Minuten unterwegs durch atemberaubend schöne und menschenleere Landschaften; aber dem Geländefahrzeug und dem Fahrer wurde alles abverlangt. Tiefe Gräben, zahllose Hügel: so ging es auf Erdpisten über Stock und Stein bergauf- und bergab. Da die Autobatterie sehr schwach war, musste bei jedem Neustart angeschoben werden, bzw. wurde wenn möglich, so geparkt, dass es beim Wiederanfahren bergab ging. Wir mussten daher immer beten, dass der Motor nicht genau in der Talsohle einer Senke abgewürgt wurde.

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Schöne Landschaften im Abendlicht

Lag ein Brunnen ausgerechnet in einer solchen Senke, musste der Motor weiterlaufen, während wir den Brunnen untersuchten. Doch unser 71-jähriger und sehr er-fahren-er Fahrer umkurvte alle Schwierigkeiten meisterhaft, wenn uns schon der Atem stockte und wir dachten: Hier kann es nicht mehr weitergehen. Doch es ging immer weiter. In einer Gegend waren wir zwar nur 8 km von der Teerstraße entfernt, aber doch so abgelegen, dass die Leute nicht aus ihrem Dorf namens Nyamijeti rauskommen. Sie wohnen immer noch in den traditionellen Stelzenhäusern, die vor über 100 Jahren zu Livingstones Zeiten in ganz Malawi verbreitet waren.

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Birgit bei der Brunnen-Inspektion

Selbst Chichewa wurde nicht mehr überall verstanden. In manchen Dörfern wurde nur Sena oder ein anderer Dialekt gesprochen, so dass selbst Mybeck Schwierigkeiten hatte, obwohl er aus diesem Landkreis stammt. Aber bis hierher war auch er noch nie vorgedrungen. Die abgelegensten reparierten Brunnen von Misavu und Kaloga konnten wir gar nicht erreichen (Misavu) bzw. nur durch eine stundenlange Fahrt durch einen Nationalpark hindurch (Kaloga). Diesen Brunnen hoben wir uns für Roberts Geburtstag auf, da wir es mit dem Besuch des Nationalparks verbanden. Luftlinie waren wir nur 25 km von Ngona entfernt, fahren mussten wir aber 70 km; über die Hälfte auf den schwierigsten Straßen, die alles Bisherige in den Schatten stellten.

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Traditionelles Stelzenhaus. Hier leben die Leute noch wie im 19.Jahrhundert

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Unser Fahrer mit seinem Auto

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Unser Fahrer belädt das Auto mit Brunnenteilen

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Der reparierte Brunnen von Kaloga. Der Wald dahinter ist bereits der Nationalpark

Hier ist man von der Außenwelt völlig abgeschnitten: Im Westen liegt Mosambik, mit genauso vielen Bergen, der Rest des Landkreises liegt im Osten und kann nur auf der Straße durch den Nationalpark hindurch erreicht werden. Es gibt keinen Handy-Empfang und keine Elektrizität. Man ist mitten im Nirgendwo.

Auf unseren Wunsch hin hatte Mybeck zwei Brunnenreparaturen aufgespart, bei denen wir selbst mit dabei sein wollten zwecks gutem Foto- und Videomaterial. So sehr wir uns an der Freude und Begeisterung der Einheimischen erfreuten, beobachteten wir jedoch auch eine zunehmende Erwartungshaltung bei den Brunnenuntersuchungen. Die Leute kapieren nicht, dass wir nicht so stinkreich sind, dass wir alle Brunnen aus eigener Tasche reparieren lassen können, sondern dass wir dazu nach Spendern und Sponsoren suchen müssen. Immer wieder mussten wir erklären, dass wir neue Anträge ausarbeiten müssen und dass dann nur eine begrenzte Auswahl repariert werden könne. Manchmal ging uns auch förmlich der Hut hoch, wenn Brunnen oder Abwassersystem sehenden Auges verwahrlosen und nichts gemacht wird. Dazu seien wir doch da. Ein Brunnen nahe einer Grundschule eines entlegeneren Dorfes war anderweitig Anfang 2016 repariert worden. Trotzdem eierte der Brunnenkopf herum und war schon wieder ziemlich verrostet. Zwei große Schrauben fehlten und ließen sich nicht wieder finden. Der Lehrer wollte den Brunnen repariert haben. Hier appellierten wir an die Eigenverantwortlichkeit und die Vorbildfunktion der Lehrer und legten uns hier eindeutig fest, dass dieser Brunnen NICHT repariert werden wird. Schließlich sollen sich die Leute auch selbst um ihre Sachen kümmern und sich nicht nur auf Hilfe von außen verlassen.

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Lehrer mit seinem erst Anfang 2016 sanierten Brunnen

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Brunnensanierung in Mchacha. Das über 30 m lange alte Brunnenrohr geht durch den Baum bis auf die andere Seite

Von unserem alten, liebenswerten Fahrer erfuhren wir in einer ruhigen Abendstunde so manche Dinge, die Mybeck nie erzählt hätte – wahrscheinlich weil er aus Zentral-Malawi stammt und daher keine familiären Bindungen in diesem Landkreis hat. Der Neid von manchen Dorfbewohnern ist derart groß, dass sie zu allem fähig wären. Entweder ist es Neid, weil andere Brunnen repariert wurden und nicht der eigene; andere sind neidisch, weil sie überzeugt sind, das Mybeck von uns reichen Europäern mit Millionen vergütet würde, an denen sie gerne auch ihren Anteil hätten. Dass Mybeck bis heute ehrenamtlich mitarbeitet glauben ihm die wenigsten und erregt eher noch mehr Misstrauen. Deshalb hat Mybeck einen schweren Stand: einesteils wird er als Wohltäter angesehen, andererseits ist er Neid und Anfeindungen ausgesetzt.

Die Baumschule auf unserem Grundstück ist von 9000 Pflanzen im letzten Jahr auf 30000 Pflanzen angewachsen: 8000 weitere sind gerade in Arbeit von den sechs Freiwilligen, die Mybeck angestellt hat. Die Baumschule wurde stark ausgebaut und auch sehr viel stabiler als zuvor. Dies macht einen sehr guten Eindruck. Einige hundert oder gar tausend Pflanzen wurden bereits auf unserem Demo-Feld ausgesetzt. Von einer malawischen Regierungs-Organisation bekommt er eine Unterstützung in Höhe von mehreren hundert Euros, mit der der Ausbau der Baumschule und die Vergütung der Freiwilligen finanziert werden.  Gegen Ende unseres Aufenthaltes wurden sowohl die Grundstücksmauer von außen, sowie unser Haus mit dem Vereinslogo bemalt, so dass nun endlich weithin erkennbar ist, dass man sich auf dem offiziellen Gelände von AAA befindet; für künftige Besucher / Sponsoren ein guter Blickfang.

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Unsere Baumschule Ende 2016

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Unsere Baumschule Ende 2017, genau 1 Jahr später, aus der gleichen Perspektive

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Weitere 8000 Pflanzsäckchen werden von Mitarbeitern und Freiwilligen gefüllt   

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Unser Vereinslogo wird ans Haus gemalt

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Das Vereinslogo prangt nun an der Grundstücksmauer und am Haus

In der Mitte unseres Aufenthaltes nahmen wir den Direktor unserer Partnerschule mit zum Postamt von Nsanje, um das Postfach für die Schule freizukaufen; in der Hoffnung, dass darin die Briefe der deutschen Schüler sind, die im März/April 2017 versendet wurden. Dazu hatte das THG Pforzheim (Theodor-Heuss-Gymnasium) sogar 190 € gespendet. Etwa 75 € wurden benötigt, das Fach freizukaufen, das seit 2010 (!) nicht mehr bezahlt worden war. Um ehrlich zu sein, fanden wir das äußerst beschämend: es ist nicht nur das Postfach der Schule, sondern der ganze Ort hängt mit dran. Dass dabei nicht der ganze Ort zusammenlegen kann, um die bescheidenen 10 bis 11 € Postfach-Jahresmiete zu bezahlen, ist für uns unbegreiflich. Als die Box offen war, holte ein Angestellter auf einmal mehrere Kisten mit Post aus den vergangenen Jahren hervor, die man uns mit gab. Nur die wenigsten Briefe waren an die Schule selbst gerichtet. Unser gesuchter Brief ist nicht dabei. Falls dieser überhaupt ankam,

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Auf dem Postamt von Nsanje

 sei dieser nach Blantyre zurückgeschickt worden, wo er unbestimmte Zeit herumliegt. Von dort wird er entweder nach Nsanje zurückgeleitet, sobald die Box wieder offen ist, oder zurück an Absender, d.h. nach Pforzheim geschickt. Letzteres ist nicht passiert, weshalb wir denken, dass der Brief verloren ist, wenn er nicht doch noch in Blanytre auf der Post liegt.

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Schuldirektor Chamboko zählt die Postfach-Miete für 7 Jahre ab

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Hurra, das Postfach ist nach langer Zeit wieder offen

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Briefe für den ganzen Ort wurden gebunkert 

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Alle Briefe von Ngona werden in die Schule gebracht

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6 der 10 Solarlampen für die Schüler

Mit dem Rest der Spende besorgte die Schule 10 Solarlampen für das abendliche Lernen an der Schule, und mit dem noch immer vorhandenen Rest werden Schulbücher kopiert. Am letzten Tag in Ngona wurden von den Schülern die Antwortbriefe eingesammelt. Es gab dazu einige feierliche Ansprachen seitens des Direktoriums, von uns und von der Traditionellen Autorität des gesamten Landkreises, was dem Geschehen ein höchst offizielles und wichtiges Ansehen verschaffte, um auch den Schülern die Bedeutung der Partnerschaft zu verdeutlichen. Es wurde hervorgehoben, dass von der Partnerschaft nicht nur die Schule profitiere, sondern der ganze Landkreis, da AAA mittlerweile unübersehbar im gesamten Landkreis agiere.

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Schuldirektor Chamboko hält seine Ansprache vor den Schülern

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Die Traditionelle Autorität im blauen Anzug, mehrere Bürgermeister, Lehrer und wir in Herrn Chambokos Sprechzimmer 

Wichtigster Teil der letzten Tage in Blantyre war das Einsammeln aller Fotos, Rechnungen und Listen der verwendeten Ersatzteile bei den Brunnenreparaturen. Dies war von vornherein einer der wichtigsten Punkte, warum wir (trotz drohender Unruhen) die Reise überhaupt unternahmen.

Herr Mybeck hat mit seinem Team das ganze Jahr über hervorragende Arbeit geleistet und ist dabei durchaus auch an seine persönlichen Grenzen gegangen, sowohl in körperlicher, finanzieller als auch mentaler Hinsicht. Wir bei unserem Aufenthalt ebenso. Obwohl die Lage erfreulich ruhig blieb, haben wir unsere Sicherheit niemals vernachlässigt, was uns aber auch viel Privatsphäre und Energie gekostet hat. Mybecks Verwandte haben das Haus und Grundstück rund um die Uhr bewacht, und bei einer der beiden Brunnenreparaturen mit unserer Anwesenheit war zeitweise sogar der Leibwachen-Polizist der Traditionellen Autorität anwesend; einfach nur, um nach dem Rechten zu schauen und "seiner Majestät" Bericht zu erstatten. 

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Zum Abschluss unseres Berichtes wünschen wir unseren Lesern noch ein gutes Neues Jahr 2018.

Birgit Uhlig und Robert Mattheus
1. und 2. Vorsitzender Active Aid in Africa e.V.
Im Ludlein 22
75181 Pforzheim
Telefon: 07231-66500
E-Mail: mail@aaa-germany.de
Website: http://www.aaa-germany.de






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