In der Nacht des 7. November 2020 versuchten N. und Hasan zusammen mit 22 anderen Personen auf einem Schlauchboot von der Türkei nach Griechenland zu gelangen. Unter den Passagieren befanden sich der 6-jährige Sohn von N. sowie die Schwester, der Bruder und die gehbehinderte Mutter von Hasan. Die Familien waren aus Afghanistan geflohen und auf der Suche nach Sicherheit und einem besseren Leben in Europa.
Vor der griechischen Insel Samos geriet das Boot in Seenot, stieß gegen die Klippen und kenterte. Alle Bootinsass*innen gingen über Bord. Obwohl die griechische Küstenwache über den Notfall informiert wurde, dauerte es mehrere Stunden, bis sie vor Ort eintraf. Sie führten jedoch keine Rettungsmaßnahmen durch. Am nächsten Tag wurden der Sohn von N. und eine schwangere Frau auf den Felsen gefunden. Die Frau überlebte. Für den Sohn von N. kam jede Hilfe zu spät.
Ungeachtet dessen, dass er gerade sein Kind verloren und selbst nur knapp überlebt hatte, wurde der 25-jährige N. verhaftet. Er wurde erster Asylsuchender wegen "Kindeswohlgefährdung" angeklagt, wofür ihm nun bis zu zehn Jahre Haft drohen.
Auch der 23-jährige Hasan wurde verhaftet, weil er angab, das Boot einen Teils der Strecke gesteuert zu haben. Ihm wird deshalb der "unerlaubte Transport von Drittstaatsangehörigen in griechisches Hoheitsgebiet" (Schmuggel) vorgeworfen, mit den erschwerenden Umständen der "Gefährdung des Lebens von 23 Personen" und der "Verschuldung des Todes von einer Person" - N.s Sohn. Ihm droht eine lebenslange Haftstrafe für den Tod einer Person plus weitere 10 Jahre Haft für jede transportierte Person, folglich insgesamt 230 Jahre plus lebenslang. Derartige Anklagen gegen in Griechenland ankommende Geflüchtete stellen seit Jahren eine systematische Praxis der Kriminalisierung dar.
Der Schiffbruch und der Tod von N.s Sohn waren weder die Schuld von N. und Hasan, noch war es eine unglückliche Tragödie. Sie sind das unmittelbare Ergebnis der zunehmenden Abschottungspolitik der EU, die den Menschen keine andere Wahl lässt, als ihr Leben und das ihrer Familien auf immer lebensgefährlicheren Reisen zu riskieren. Die beiden werden zum Sündenbock gemacht, um von der Verantwortung der EU für diese Todesfälle abzulenken.
Um die beiden zu unterstützen, sammelt die Kampagne
Free the #Samos2 Gelder, um ihnen bei ihren Rechtsverfahren zu helfen. Es sollen die Anwaltskosten der beiden gedeckt werden, sowie auch Reise- und Unterkunftskosten. Als Teil der Kriminalisierung von Geflüchteten in Griechenland wird der/die Angeklagte meist in erster Instanz schuldig gesprochen, weshalb ein darauffolgendes Berufungsverfahren sehr wahrscheinlich ist. Insgesamt werden sich die Kosten auf mindestens 7500 Euro belaufen.
Sei Teil der
Kampagne und unterstütze N. und Hasan bei ihren Gerichtsverfahren, um der unmenschlichen und rassistischen Abschottungspolitik Europas entgegenzuwirken.