Zum Hauptinhalt springenErklärung zur Barrierefreiheit anzeigen
Deutschlands größte Spendenplattform

Tag 2

Anne Z.
Anne Z. schrieb am 27.01.2015

Als ich heute Morgen unter die Dusche steige, freue ich mich zunächst, dass ich hier keine Kompromisse eingehen muss. Ich benutze schon seit längerer Zeit festes Shampoo und Seife aus dem Bioladen oder von Lush. Den Bio-Laden vermisse ich hier zwar schmerzlich, aber in der Stadt gibt es immerhin eine Lushfiliale. Ich genieße also meine plastikfreie Dusche – denke ich! Da fällt mein Blick auf den Duschvorhang und der ist – logisch – aus Plastik. Wie man den ersetzen könnte, es sei denn man hat eine Duschkabine mit Glaswänden? Keine Ahnung. Deshalb suche ich später danach im Internet und stelle fest, dass plastikfreie Blogger an ihrem Duschvorhang festgehalten haben. Angeblich soll es aber Duschvorhänge aus gewachster Baumwolle geben. Die, die ich im Internet finde, haben allerdings stolze Preise. Wo ich schon im Internet unterwegs bin, fällt mir auch der Wasserkocher ein. Auch heute habe ich meine Tasse Tee vermisst. Auch hier gibt es plastikfreie Alternativen – allerdings ebenfalls zu hohen Preisen. Eine Anschaffung, über die ich vielleicht nachdenken werde, wenn ich in eine eigene Wohnung ziehe (und mehr Geld habe), aber nicht im Studentenwohnheim in England. Aber zurück zur Dusche. Nach dem Duschen will ich wie gewohnt zum Föhn greifen. Moment! Der ist auch aus Plastik und ich frage mich, ob ich den eigentlich brauche. Meine Haare trocknen schließlich auch von selbst.

Ich verzichte also aufs Föhnen und mache mich ans Frühstück. Mein Brot (in England allerdings nur die Bezeichnung für ungestoasteten Toast) ist nach wie vor in Plastik verpackt. Zum Frühstück bestreiche ich es mit Nutella – aus dem Glas, aber leider mit Plastikdeckel. Ich beschließe, wenn das Glas leer ist, auf Marmelade umzusteigen. Die bekomme ich komplett plastikfrei und dazu ist sie billiger als Nutella.

Als ich meine Sachen für die Uni zusammensuche, fällt mir mein Plastikschnellhefter für Spanisch auf. Bei den vielen Arbeitsblättern ist ein Schnellhefter unverzichtbar und hier habe ich die Papiervariante leider nicht gefunden. Da ich das nun aber weiß, werde ich mir das nächste Mal Pappschnellhefter aus Deutschland mitnehmen und dabei darauf achten, dass auch dieses kleine Ding, das man immer oben auflegt (Wie heißt das eigentlich?) nicht aus Plastik besteht. Gestern war ich nur eine Stunde in der Uni, da brauchte ich nichts zu trinken mitnehmen, heute sieht es anders aus. Daheim in Deutschland hatte ich eine Glaswasserflasche, die ich immer wieder aufgefüllt habe, das gibt es hier ja nicht. Das einzige Getränk, das ich hier bisher in einer wiederverschließbaren Glasflasche gesehen habe, ist Schnaps und das ist nun wohl wirklich keine Lösung. Ich könnte zwar meine ehemaligen Mitbewohner nach einer ihrer leeren Schnapsflaschen fragen und diese auswaschen, aber möchte ich wirklich mit einer aufgefüllten Schnapsflasche im Unterricht sitzen? Also kommt das Wasser doch in die leere Plastikflasche, die ich sonst benutze und ich nehme mir fest vor, mir eine Glasflasche zu kaufen, sobald ich hier jemals eine entdecke.

Als wir während meines Theaterunterrichts eine Pause machen, rennen die meisten zum Campusshop und kommen beladen mit Schokoriegeln, Chipstüten und Gummibärchen zurück, alles in haufenweise Plastik verpackt. Ich hab mir die Süßigkeiten als Snacks für Zwischendurch schon länger abgewöhnt. Das geht einfach ins Geld und außerdem bekomme ich davon Pickel ohne Ende. Vor allem diese Woche nicht ratsam, wo ich doch auf meine Anti-Pickel-Creme verzichte. Stattdessen nehme ich mir immer Obst oder Gemüse wie Karotten oder Tomaten mit. Das bekomm ich auch plastikfrei.

Noch etwas fällt mir heute in der Uni auf, was mir gestern ganz entgangen ist: Um meine Anwesenheit zu registrieren, muss ich meinen Studentenausweis zu Beginn jeder Stunde vor einen Scanner halten. Natürlich ist der Ausweis aus Plastik und damit ist er in meinem Geldbeutel nicht alleine: Bankkarte, Versichertenkarte, Führerschein, Personalausweis, BahnCard, diverse Rabattkarten… Mein Geldbeutel ist voller Plastikkärtchen, auf die ich größtenteils nicht verzichten kann, sonst könnte ich mich nicht mehr ausweisen, nicht Auto fahren, nicht zum Arzt gehen und nicht 25% günstiger Bahn fahren. Einige der Kärtchen sind aber auch wirklich überflüssig, wie zum Beispiel die Bonuskarte von Subway. Wie oft esse ich da schon? Ich nehme mir vor, mir solche Kärtchen nicht mehr andrehen zu lassen.