junge Wilde, alte Hasen.

Moritz Eckert
10.12.2008

Wir freuen uns ja momentan über jeden Medienbericht, in dem wir vorkommen. Meist wird die Idee betterplace.org dabei sehr umfassend dargestellt. Meist. Fünf Anmerkungen zum Artikel “Per Mausklick die Welt retten“, erschienen am 07. Dezember in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (leider dort nicht online und bei uns bisher nur schlecht eingescannt.)

  1. betterplace.org ist nicht nur „jung und wild“, wie von Autor Stefan Locke geschrieben, sondern genauso alt und brav. Denn genau das ist ja eine unserer Besonderheiten: betterplace.org ist für jeden offen, der die Welt lebenswerter machen möchte. Und auf der Skala zwischen jung und wild und alt und brav ist glücklicherweise so viel Raum, dass sich darin nicht nur unsere fünf Gesellschafter, Till Behnke, Jörg Rheinboldt, Stephan Schwahlen, Prof. Dr. Stephan Breidenbach und Dr. Joana Breidenbach, unser gesamtes Team sowie unser kompletter Beirat wiederfinden, sondern auch die inzwischen 7000 Nutzer unserer Plattform.
  2. Der Artikel erweckt den Anschein, betterplace.org vertrete die Meinung, die bestehenden Vertrauensmechanismen im sozialen Sektor seien überholt. Falsch. Auch hier sind wir inklusiv statt exklusiv: Auf betterplace.org gibt es viele große Hilfsorganisationen mit bekannten Siegeln, vertrauensvollem Renommee oder Gemeinnützigkeitsbescheiden deutscher Finanzämter – und viele kleine Grasswurzel-Initiativen ohne derselben. Für Erstere ist unser „Web of Trust“ – also verschiedene Akteure, die die Realisierung eines Projekts bewerten, hinterfragen, vorantreiben und vor Ort begleiten – eine Ergänzung zu diesen bestehenden Vertrauensmechanismen. Für Letztere, den kleinen Grasswurzel-Initiativen, ist das „Web of Trust“ dagegen die einzige Möglichkeit, um weltweit um Vertrauen zu werben. Konkret: Die im Artikel erwähnte 18-jährige Josephine aus Sambia, die über unsere Plattform 176 Euro für ihre Studium gesammelt hat, verfügte weder über den Zugang zu bestehenden Vertrauensmechanismen, noch – falls dieser denn gegeben wäre – über die finanziellen Mittel, zum Beispiel ein Siegel für über 1000 Euro zu erwerben. Ihre einzige Chance war es, über betterplace.org mit Menschen in Kontakt zu treten, die sie kennen, die sie direkt unterstützen oder die ihr Projekt ihrerseits an Freunde weiterempfehlen. Das hat sie getan. Heute studiert sie. Ashoka, die weltweit größte Organisation für „Social Entrepreneurs“, die Till für betterplace.org vor kurzem als einen ihrer Fellows ausgezeichnet hat, schreibt zu diesem Thema folgendes: „betterplace.org revolutioniert die Beziehung zwischen Geber und Nehmer: die Plattform ermöglicht es kleinen sozialen Organisationen, ihre Projekte bekannt zu machen, indem sie unabhängig von ihrer Größe durch Qualität überzeugen können. Auf der anderen Seite hilft es Kleinspendern, ihr Geld strategisch zu vergeben. Was daran neu ist? Die Webseite kombiniert Rating-Systeme mit sozialen Netzwerken und sorgt so für radikale Transparenz.” Wir möchten festhalten: betterplace.org will allen eine Plattform sein: Den großen, bekannten Hilfsorganisationen und den kleinen Grasswurzel-Initiativen. Den Spendern, die nur den großen, bekannten Hilfsorganisationen vertrauen. Und den Spendern die ausschließlich kleine Grasswurzel-Initiativen unterstützen. Und selbstverständlich allen, die sich irgendwo dazwischen sehen.
  3. „100% Ihrer Spende werden weitergeleitet“. Ein Satz mit dem wir werben und der im Artikel als „beschönigend“ kritisiert wird. Fakt ist, dass wir von allen Spenden, die über betterplace.org an eins der momentan 500 vorgestellten Projekte fließen, keinen einzigen Cent für uns behalten – wir leiten sie voll und ganz weiter. Punkt. Auch die Kontoführungs- und Überweisungsgebühren bekommen wir von Partnern gesponsert. Das einzige was wir nicht leisten können, sind die Gebühren, die beim Geldeingang bei der Empfängerbank im Ausland entstehen. Sie sind von Land zu Land unterschiedlich und können im Vorhinein ohne erheblichen administrativen Aufwand nicht ermittelt werden. Mit diesem „100%-Versprechen“ möchten wir dabei überhaupt nicht in den allgemeinen Chor gegen Verwaltungsgebühren einstimmen. Wohl wollen wir aber ein transparentes System anbieten, in dem dem (potentiellen) Spender offen gelegt wird, wofür das eingesammelte Geld Verwendung findet: Wie viel für Fundraising? Wie viel für Verwaltung? Wie viel für Projektarbeit? Wie viel für welchen Teil der Projektarbeit? Der Spender hat ein Recht auf diese Form der Transparenz. Und es gibt unserer Ansicht nach keinen Grund, die bisherigen Transparenzdefizite im sozialen Sektor zu verschweigen. Denn das wäre nur eins – beschönigend.
  4. Wir alle bei betterplace.org verstehen uns als Sozialunternehmer, als „Social Entrepreneurs“. Das bedeutet, dass wir nachhaltig Gutes tun möchten – und das wirtschaftlich. Wir sind davon überzeugt, dass wir uns über unsere Tochter-GmbH, die „betterplace Solutions“, welche Unternehmen hilft, wie diese ihr soziales Engagement transparenter und interaktiver gestalten, mittelfristig selbst finanzieren. Im Artikel wird dies in Zweifel gezogen. Unsere bisherigen Erfolge bestärken uns hingegen darin. In diesem Zusammenhang immer gut zu wissen: entstehender Gewinn der Tochter-GmbH fließt immer zurück in die Muttergesellschaft, die gemeinnützige betterplace Stiftung. betterplace.org verfolgt also keinerlei Gewinnabsichten.
  5. Zu guter Letzt äußert sich im Artikel noch ein „alter Hase“ und bescheinigt den „jungen Wilden“, das man auf unserer Plattform zum Betrügen doch nur „eine herzzerreißende Story, ein paar emotionale Bilder und drei Freunde als Unterstützer bräuchte.“ Man muss nicht besonders misanthropisch veranlagt sein, um zu erahnen, wie viele Milliarden an Spendengeldern in den letzten sechzig Jahren durch „herzzerreißende Stories mit ein paar emotionalen Bildern“ angelockt wurden, von denen anschließend nie wieder etwas gehört oder gesehen wurde. Bei uns kam dieser Fall noch nicht vor. Und auch wenn wir unseren Nutzern sagen, spendet nur an die Projekte denen ihr vertraut: Entweder, weil diese über bekannte Siegel, vertrauensvolles Renommee oder Gemeinnützigkeitsbescheide deutscher Finanzämter verfügen. Oder, weil Ihr den Akteuren vertraut, die sich im „Web of Trust“ eines Projektes zeigen. Oder beides. Irgendwann wird es vermutlich auch bei auf betterplace.org gelisteten Projekten zu Misserfolgen kommen. Aber dann wissen wir und unsere Spender damit umzugehen – offen. Denn den Projekt_erfolg_, den können auch wir selbstverständlich niemals versprechen.

Was wir aber versprechen können, ist, dass wir weiter hart daran arbeiten werden, mit neuen Lösungen alten Problemen im sozialen Sektor entgegenzutreten. Und wir freuen uns sehr über alle, die das genauso sehen und dabei mitmachen!
Zum Beispiel auch Prof. Dr. Peter Eigen, Gründer von Transparency International:

“Die bisherige Form der weltweiten Hilfe bedarf der Erneuerung. Sie muss transparent, partizipativ und unmittelbar sein. So wie www.betterplace.org”