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#walktherhine - 1000km Rheinwanderung

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Woche 6

Pascal Weiß
Pascal Weiß wrote on 07-09-2020

Dieses Update kommt etwas verspätet, da ich mein Ladekabel an einem Campingplatz vergessen habe und es mir aber netterweise hinterher geschickt wurde und ich nun wieder Teil der Digitalisierung sein kann.

Als Entschädigung gibt es nach langer Zeit Mal wieder etwas Allgemeines.

Mir wurde über die letzten Wochen immer bewusster, dass ich in einem gewissen Dilemma stecke. Zum Einen möchte ich auf der Reise die Natur und die Ruhe genießen und komme deshalb stundenlang mit keinem Menschen in Kontakt. Das ist allerdings kontraproduktiv für meine "Mission" möglichst viele Menschen auf den  Hintergrund meiner Aktion aufmerksam zu machen. Darum versuche ich einen gesunden Mittelweg zu finden und all die Menschen, die ich unterwegs kürzer oder länger kennenlernen darf, sind auch angetan von der Idee und sorgen dafür, dass meine Motivation nicht nachlässt.
Wenn ich dann aber mal einen Campingplatz für etwas Zivilisation und Infrastruktur aufsuche, fällt mir auf, wie "deutsch" das Setting Campingplatz ist. Vielleicht ist es nur eine gefühlte Wahrheit und die Fakten sehen anders aus, aber ich war auf der Reise bislang auf zwölf verschiedenen Campingplätzen (einige natürlich in der Schweiz) und ich habe auf allen ausschließlich weiße Leute gesehen. Mit den meisten bin ich natürlich gar nicht in Kontakt gekommen und wenn dann war es belangloser Small-Talk, ohne tiefgreifende Einblicke in die politische Einstellung oder die Weltanschauung. Doch die Atmosphäre, unter anderem mit den Fahnenmasten, wo geschätzt zu über 90% Deutschlandflaggen hängen, teilweise ziemlich vergilbt, teilweise akkurater als in Berlin, lässt schon manches erahnen. Vor allem, dass es meist mehr benötigt, als einmal kurz meine Aktion zu erwähnen, um einigen klarzumachen, dass es wichtigere Themen gibt, als den Grill und die Gartenzwerge.
Aber wie gesagt, es ist nur ein Gefühl und es ist sicher deutlich komplexer. Doch die hilfsbereiten Menschen, die mich unterwegs unterstützen, geben mir ein anderes Gefühl, deshalb werde ich weiterhin versuchen meine "Mission" durchzuziehen.


Woche 6: Ichenheim - Speyer

Nach 140km von Basel aus kam endlich Mal wieder ein Campingplatz am Rhein. Es sollte auch die nächsten 100km danach kein weiterer folgen. Doch dieser einsame Campingplatz lag somit direkt an der französischen Grenze bei Straßburg. Hier wartete der nächste Besuch auf mich. Mein alter Krabbelgruppenkollege hatte Urlaub und besuchte mich dort. Wer hätte vor über 25 Jahren gedacht, dass wir Mal einen Tagestrip nach Straßburg machen würden. Nach einem entspannten Abend zog ich weiter und spekulierte die nächsten vier Abende wieder auf Schlafplätze an Baggerseen. Das funktionierte sogar besser als gedacht, denn am zweiten Abend kam ich kurz vor meinem Ziel mit einem netten Herrn ins Gespräch. Dieser bestätigte mir, dass es an sich möglich sei am See zu zelten. Da wir uns etwas verquatschten, fing ich erst im Dunkeln an, mein Zelt aufzubauen. Jedoch bin ich gar nicht so weit gekommen, denn plötzlich stand er wieder neben mir. Er kam extra vorbei und bot mir einen Platz bei sich auf der Couch an. Dieses Angebot konnte ich natürlich nicht ablehnen. So hatte ich eine erholsame Nacht mit einem ausgiebigem Frühstück mit französischen Baguettes und Croissants. Aber das Entscheidende war, dass ich sehr hilfsbereite und freundliche Menschen kennenlernen durfte, die mir einfach etwas Gutes tun wollten. Danke für alles Josef und Pierre, behaltet eure Einstellung bei! So machte ich mich gestärkt auf den Weg zum nächsten See und kam so früh in dem Ort an, dass ich mich noch eine Stunde an die Kreuzung in der Ortsmitte setzte, in der Hoffnung, dass mich eventuell jemand aus Mitleid aufnimmt. Das ist leider nicht geschehen, aber an dem See fand ich Mitstreiter mit denen ich mir dann einen gemütlichen Abend machte. Nachts hörte man jedoch ein paar Halbstarke, die ein paar Meter weiter am See feierten und man am nächsten Tag sah, dass sie nichtmals versucht hatten aufzuräumen. Außerdem gab es wohl eine Dorfparty, so konnte ich zu Musik von  Kerstin Ott einschlafen. An dem See war auch der Friedhof des Ortes gelegen, wo ich Wasser und Strom finden konnte. Am Tag darauf schlug das Wetter um, sodass ich mich durch regnerische Industriegebiete kämpfen musste und ich keine Möglichkeit hatte an Nervennahrung zu gelangen, auch wenn ich die Karlsruher Breitengrade passierte. Durch Radweg-Umleitungen, die von den Extrametern nicht für verzweifelte Wanderer ausgelegt sind, verpasste ich meine Fähre zu meinem eigentlichen Schlafplatz. Doch dank der Umleitung fand ich einen anderen Schlafplatz inmitten von Feldern zwischen ein paar Apfelbäumen.  Am nächsten Tag gab es dann Mal wieder einen Campingplatz auf der Route, der allerdings so wenig besiedelt war, dass ich keinen Offiziellen antraf. So musste die warme Dusche bis zum nächsten Morgen warten. Für die folgende Nacht hatte ich mir auch schon eine Gegend herausgesucht, wo es drei Campingplätze gab. Auf dem Weg dorthin passierte ich Speyer und als ich dann nochmals genauer recherchierte, traute ich der Sache doch nicht ganz, da die Plätze wohl irgendwie zusammengehörten und nur für Mitglieder waren bzw. wegen Corona strengere Richtlinien gegeben waren. So entschloss ich mich wieder umzukehren, was zum ersten Mal auf dieser Reise der Fall war. So fand ich Platz auf einem Campingplatz auf einem Pferdehof, der so gute Bedingungen bot, dass ich dort eben mein Ladekabel vergaß und die Betreiber so nett waren und es mir hinterherschickten.

Die großen Ziele der kommenden Woche heißen Mannheim, Worms, Mainz und Wiesbaden. Dort beginnt der 320km lange Rheinsteig bis nach Bonn, der schon seit Beginn meiner Planung ein Highlight darstellt. Doch wahrscheinlich werde ich aus Zeitgründen darauf verzichten und diese Tour lieber separat in Ruhe nachholen.