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Engel brauchen Flügel ... Jahresbericht 2020

Jochen Voigt
Jochen Voigt wrote on 08-02-2021

 Liebe Freunde der Apsara-Engel in Kambodscha, liebe Spender*innen und Sponsoren, liebe Mitglieder, liebe Mitstreiter*innen,

den Jahresbericht 2020 nur erfreulich zu formulieren ist jetzt, im Februar des neuen Coronajahres, nicht ganz einfach. Weltweit ist zu viel Trauriges, Unfassbares passiert. Bei unserem positiven Rückblick auf das Vereinsjahr denken wir respektvoll an die Menschen, die von der Pandemie viel härter getroffen wurden. Wir können aufatmen und berichten, dass es unseren Pflegekindern in Kambodscha trotz aller Probleme gut gegangen ist.

Zwischen November 2019 und Januar 2020
konnten wir die Kinder endlich, nach gut zwei Jahren, wieder in Kambodscha besuchen. Unsere deutsch/kambodschanische Spenderfamilie aus Berlin wollte gerne mit und bat mich um die Reiseleitung für ihre Kambodscha-Rundfahrt, inkl. Besuch bei den Kindern. Für Arno, Kim und ihre drei Töchter, Mealea, Phirum und Zeda, und unsere Vereinskinder wurde der Besuch zu einem unvergesslichen Erlebnis. Die Kinder plapperten wie immer munter drauflos, natürlich in Englisch, aber auch in Khmer, denn Mutter Kim aus Berlin spricht natürlich immer noch die Sprache aus ihrer ehemaligen Heimat. 
Zur Begeisterung des Wiedersehens kam noch die Freude hinzu, dass unser Nachbar Günter auch ein Kind auf die zukunftsorientierte Western-International-School schicken wollte. Die Auswahl fiel nicht schwer, unsere elfjährige Lilly, die wir schon als Baby aus dem Tanztheater kennen, durfte die Aufnahmeprüfung mit seiner finanziellen Unterstützung machen. Das klappte, und sie gewann damit ihre Flügel für den Start ins Leben. Allerdings wurde sie eine Klasse niedriger eingestuft als in der Dorfschule. Kein Problem für Lilly, das lustige, clevere Mädchen hat den Anschluss inzwischen geschafft. 
Nach 14 Tagen Rundreise
mit Familie Schäfer waren wir wieder im Apsara-Tanztheater in Phnom Penh. Vor gut 13 Jahren entstand hier mein Plan, besonders den ärmsten Apsara-Tanzkindern eine zukunftssichere Schulbildung zu ermöglichen. Aber hier hatte sich viel verändert. Die unteren Schlafräume, die Vorstandsmitglied Jochen Rebelsky und ich für die Kinder renoviert hatten, wurden durch Dauerregen mehrmals überflutet. Betten und Schränke waren zerstört, die Waschmaschine wurde zu Elektroschrott.
Aber: The show must go on - in diesem Sinn hat die Tanzfamilie, Vong Metry, ihr Mann Chhay Sopha und ihre Tochter Boramey, für weiteren Unterricht in den oberen, trocknen Räumen gesorgt. Dort, auf der Bühne im großen Tanzsaal, haben wir vor der Abreise wieder die einmalige Atmosphäre genießen können, die mich damals so verzaubert hat. Auch wenn die Bühnenbretter inzwischen eher einen morbiden Charme ausstrahlen, für die unterprivilegierten Kinder im rasant moderner werdenden Kambodscha sind es immer noch die Bretter, die die Welt bedeuten.
Zum Ende unserer Reise,
die mich und meine Frau beruflich auch nach Vietnam führte, haben wir zum Abschied die Vergnügungskasse für die Kinder geplündert.
Einige Nachbarn in Hamburg hatten uns Geld mit dem ausdrücklichen Wunsch in die Hand gedrückt, etwas Schönes und Außergewöhnliches mit den Kindern zu unternehmen. Das ist gelungen. Wir mieteten ein Ausflugsboot und schipperten vier Stunden auf dem Tonle Sap, vor der großartigen Kulisse von Phnom Penh - natürlich kindergerecht, mit massenweise Chips, Sweets und Knabberkram und der sonst viel zu teuren Coca Cola - alles von Doris, meiner Frau und Vereinshilfe, begeistert gesponsert. Die Mütter und Tanten der Kinder hatten in Heimarbeit Obst- und Gemüsehäppchen geschnippelt. Es war richtig lustig und familiär, natürlich waren auch kleine und große Tänzer aus dem Apsara-Tanztheater dabei, gleichzeitig haben alle mit Lilly die Einschulung gefeiert.
Mitte Februar
traf uns zu Hause in Hamburg der Corona-Schock. Die bisher lokale Virusinfektion in China entwickelte sich zu einer Pandemie. Auch die Vereinskinder in Kambodscha waren mit allen anderen Schulkindern sehr bald im Homeschooling, dann im kompletten Lockdown. Raksmey, die Älteste, kümmerte sich liebevoll um die Schularbeiten von Socheata und Lilly. Monatelang kamen die Unterrichtsaufgaben per Smartphone und Motorradkurier. Die Arbeiten wurden, trotz des Homeschoolings, von den Lehrern so streng benotet wie im normalen Schulunterricht 
Im August 2020,
nach den Sommerferien, durften alle Kinder wieder in die Schule und im Präsenzunterricht lernen, bis der nächste Lockdown kam. So ging es das ganze Jahr weiter. Erst vor kurzem haben die Kinder ihre Prüfungen für das neue Schuljahr 2021 abgelegt - und sind mit guten Noten versetzt worden.
Über unsere Hotline, WhatsApp oder Telegram, bekomme ich mehrmals wöchentlich Nachrichten von den Kindern, Zeugnisse, Rechnungen für aktuelle Schulbücher, Stimmungsbilder. Es klappt prima mit dem preiswerten Nokia-Smartphone, das wir den Kindern mitgebracht hatten. Raksmey verwaltet es sehr verantwortungsvoll, aber natürlich dürfen die jüngeren Mädchen auch mal ans Telefon.
Oktober 2020, Hilferuf aus dem Reisfeld.

Unseren treuen Vereinsmitarbeiter seit 2007, Khlok Sakhoun, hat die Corona-Arbeitslosigkeit hart getroffen. Seine Reiseagentur wurde wegen Corona geschlossen. Khlok floh mit seiner Familie aufs Land, dort kann er sie mit wenig Geld ernähren. Seine achtjährige Tochter Srey Nit musste er schon im März von der Schule nehmen. Die Verhältnisse für arbeitslose Menschen in Kambodscha sind sehr schlecht. Zum Glück meldete sich der bescheidene Kambodschaner endlich bei mir und unserem Verein und bat um Hilfe, zwar fast schon zu spät, aber immerhin ...
Als sofortige Nothilfe im Dezember hat ihm der Verein 250 USD überwiesen, damit er sein Kind wieder in der Schule anmelden und seine Familie zusammenführen kann. Wann unser lieber Khlok seinen Job als deutsch sprechender Reiseleiter wieder ausüben kann, weiß niemand, aber solange wir nicht nach Kambodscha reisen dürfen, ist er für unsere Vereinsarbeit vor Ort unersetzlich. Für den Verein steht seine achtjährige Tochter Srey Nit, ein Waisenkind, das Khlok adoptiert hat, im Mittelpunkt der Unterstützung, denn sie erfüllt alle Voraussetzungen unserer Satzung: Mildtätige und gemeinnützige Zwecke. Förderung der Jugendhilfe mit Bildung und Sport. Förderung der Entwicklungszusammenarbeit mit internationaler Orientierung für Kinder und Jugendliche.
Ein einziger Aufruf bei unseren Vereinsmitgliedern und Spendern hatte eine unglaubliche Wirkung: Khlok und seine Familie sind mit Sonderspenden erst mal bis März abgesichert. Die kleine Srey Nith kann wieder in die Schule gehen, und die Familie bekommt monatlich Unterhalt vom Verein. Khlok kümmert sich weiterhin um unsere Vereinskinder, die ihn sehr mögen, er ist von Anfang an mit uns dabei, und hat die komplizierte Organisation für unseren Verein von Khmer ins Deutsche übersetzt.
Jahresende 2020, Srey Nith und allen anderen Vereinskindern geht es prächtig, Raksmey, Socheata und Lilly sind ein sehr lustiges, aber auch ein sehr gutes Team.
Die Älteste, also Raksmey, hat sich soviel Autorität verschafft, dass sie für Ordnung im gemeinsamen Zuhause sorgen kann, aber das ist relativ einfach, die Kinder gehen sehr gerne in die Schule und lernen gerne. Sie wissen welche Chance sie durch Euch und den Verein bekommen haben.
Im März/April 2021
darf das Tanztheater endlich wieder mit regelmäßigen Unterricht anfangen. Der Verein übernimmt wie bisher die monatlichen Strom- und Wasserkosten sowie die Kosten für einen kleinen Imbiss während des Unterrichts für die Tanzkinder. Darüber sind wir alle sehr glücklich und wünschen uns, dass wir mit Hilfe unserer Spender*innen weiterhin den Apsara-Engeln Flügel für den Start ins Leben geben können.
Die Steuerabrechnung 2017- 2019
ist wieder gut gelaufen, und die Freistellung gilt jetzt fünf Jahre. Ab Feb./März 2021 stellen wir Spendenquittungen für 2020 an unsere treuen Dauer- und spontanen Einzelspender aus.

Mit herzlichem Dank und ganz lieben Grüßen
von Jochen Voigt
1. Vorsitzender Engel brauchen Flügel für den Start ins Leben e.V
Im Namen aller Vorsitzenden und Mitglieder
Hamburg, den 08. Februar 2021