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Warum Dogan Akhanlis Auslieferungsverfahren weiterläuft u. was der Fall auch für andere Europäer bedeutet

M. Wetzel
M. Wetzel wrote on 31-08-2017

Pressemitteilung zum Fall Dogan Akhanli - 30.08.2017 (von seinem Anwalt Ilias Uyar)

 Löschung der Red Notice hat keine Auswirkungen auf Dogan Akhanlis Auslieferungsverfahren. Akhanli darf weiterhin nicht nach Deutschland ausreisen. 

 Am Wochenende hat die Meldung über die Löschung der sogenannten Red Notice zu Irritationen geführt. Mit der Red Notice hatte die Türkei über Interpol die Festnahme unseres Mandanten Dogan Akhanli mit dem Ziel seiner Auslieferung in die Türkei ersucht. Die Red Notice wurde mittlerweile gelöscht, weil ihr von Seiten der Türkei beabsichtigter Zweck, nämlich die Fahndung nach und die Festnahme unseres Mandanten, am 19.08.2017 in Granada erreicht wurde.

 Die Aufhebung der Red Notice hat jedoch nicht die Beendigung des laufenden Auslieferungsverfahrens zur Folge. Dies wurde in Deutschland zum Teil irrigerweise so kolportiert. Dogan Akhanli muss weiterhin in Spanien bleiben. Er darf nicht nach Deutschland ausreisen!
 Mit Schriftsatz vom gestrigen Tag haben wir deshalb beim zuständigen Nationalen Gericht beantragt, die gegen unseren Mandanten verhängten Auflagen zu lockern und ihm zu gestatten, sich bis zu einer Entscheidung im laufenden Verfahren wieder in Deutschland aufhalten zu können.

 Nach unserem derzeitigen Kenntnisstand hatte die Türkei das Bundeskriminalamt (BKA) sowohl im Jahr 2014 als auch im Jahr 2015 an die Red Notice und damit auch an das Auslieferungsbegehren erinnert. Es wäre unseres Erachtens richtig gewesen, wenn die zuständigen deutschen Stellen die Löschung der Red Notice gegenüber Interpol bereits zu diesem Zeitpunkt, nämlich vor zwei Jahren, initiiert hätten. Die Gefahr einer Verhaftung im europäischen Ausland wäre dann verhindert worden. Dass diese Gefahr konkret und nicht lediglich theoretischer Natur war, hat die Verhaftung von Dogan Akhanli im Urlaub gezeigt. Das BKA hat weder die Löschung der Red Notice initiiert noch unseren Mandanten über das zweimalige Auslieferungsgesuch der Türkei aus 2014 und 2015 informiert.

 Festnahmeersuchen über Interpol sind einer Prüfung grundsätzlich nicht nur zugänglich, sondern müssen bei Möglichkeit von Missbrauch auch geprüft werden. So hat Interpol selbst – wenn auch erst nach erfolgter Festnahme – am 20.08.2017 eine Überprüfung der Red Notice auf Vereinbarkeit mit den Statuten von Interpol eingeleitet. Artikel 3 der Constitution and General Regulations von Interpol legt eindeutig fest:

 „Jede Betätigung oder Mitwirkung in Fragen oder Angelegenheiten politischen, militärischen, religiösen oder rassischen Charakters ist der Organisation strengstens untersagt.“

 Aus dem Fall Dogan Akhanli muss die Lehre gezogen werden, dass in der aktuellen Situation sämtliche Haftbefehle aus der Türkei gegen Deutsche und andere EU-Bürger überprüft werden müssen. Staatsbürger der EU und anerkannte Flüchtlinge müssen zumindest innerhalb der EU reisen können, ohne sich der Gefahr einer Verhaftung und Auslieferung an die Türkei aussetzen zu müssen.

 Eine konsequente Anwendung dieses Grundsatzes hätte auch die Inhaftierung des türkisch-stämmigen schwedischen Journalisten Hamza Yalcin womöglich verhindert, der seit dem 03.08.2017 in Barcelona in spanischer Auslieferungshaft sitzt. Auch Hamza Yalcin wurde aufgrund einer Red Notice in Spanien festgenommen. Wie Akhanli wurde er in der Türkei geboren und musste aus politischen Gründen fliehen.

 Unser Mandant hat uns beauftragt, bei den spanischen Behörden die Erlaubnis zu beantragen, Hamza Yalcin in der Haftanstalt besuchen zu dürfen. Sein geplanter Besuch soll ein Zeichen der Solidarität mit Hamza Yalcin sein und zugleich darauf hinweisen, dass die Überprüfung der türkischen Haftbefehle gegen Kurden, Aleviten, Armenier und Oppositionelle aus Kunst, Politik und Gesellschaft in Europa längst überfällig ist.