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Gruppenarbeit mit den Muettern

G. Müller
G. Müller wrote on 04-02-2014

Liebe Freundinnen und Freunde,

hier noch einmal eine weitere Fortsetzung unseres Berichts ueber die Gruppenarbeit mit den Muettern waehrend des therapeutischen Erholungsaufenthalts im vergangenen Sommer in Neum an der Adria.

Herzliche Gruesse

Gabriele Mueller

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Gruppenarbeit mit den Frauen

Wie stets orientierten wir die therapeutische Gruppenarbeit an der psychodramatischen Strukturierung des therapeutischen Prozesses sowie am traumatherapeutischen Phasen-Modell u.a. nach Reddemann (s.o. unter: Methoden und Techniken). Da wir uns der schweren Traumata mehrerer Frauen bewusst waren, legten wir den Schwerpunkt der Arbeit auf die Aspekte: Erarbeitung von Sicherheit und Vertrauen in sich und andere (die Gruppe / uns Leiterinnen) und Stabilisierung (Arbeit an Ressourcen, Selbstachtung, Kommunikation, Beziehungen und Gefühlen, psycho-edukative Einheiten über Trauma /Gewalt und Kindererziehung), sowie Themen, die von den Teilnehmerinnen gewünscht wurden.

 

Die Gruppenarbeit der ersten drei Tage hatte zum Ziel, eine Basis für die Gruppenarbeit zu schaffen: das gegenseitige Kennenlernen zu ermöglichen, die Entwicklung von Sicherheit und Vertrauen in der Gruppe zu unterstützen, sowie die Kommunikation und Kohäsion in der Gruppe zu fördern. Für viele der Frauen war therapeutische Arbeit neu und wir spürten in der Gruppe zu Anfang Scheu und Vorsicht. Wir machten – wie stets – gleich zu Anfang deutlich „dass hier keine etwas muss, sondern immer selbst entscheidet, wozu sie bereit ist“ (ob es sich um Übungen, die Präsentation von Arbeiten oder einfach verbale Mitteilungen handelt). Diese Freiheit machte es den Frauen leichter, sich allmählich einzulassen. Wie sich durch die Gruppenarbeit aber auch in Einzelgesprächen zeigte, hatten viele sehr negativen Erfahrungen gemacht: Sowohl in privaten Beziehungen als auch während des Krieges bzw. auf der Flucht und / oder als Rückkehrerinnen hatten sie Gewalt, massive Verletzungen, Stigmatisierung und Ausgrenzung aufgrund von ‚Anderssein’ erlebt.

 

Am ersten Tag der Gruppenarbeit (dem zweiten Tag des Aufenthalts in Neum) erarbeiteten wir nach einer Vorstellungsrunde und der Kennenlern-Übung ‚Mein Name und was er mir bedeutet’, die gemeinsamen Regeln für unsere Gruppenarbeit und unser Zusammensein in Neum.

Wir taten das diesmal nicht üblicherweise schriftlich auf anonymen Zettelchen, da zwei Frauen Analphabetinnen waren, dies aber der Gruppe gegenüber nicht offen legen wollten. Wir gaben den Frauen die Möglichkeit, sich verbal zu äußern, was sie brauchten, um sich ‚sicher und frei’ zu fühlen, bzw. mit welchen Situationen sie sich schlecht fühlen würde. Die Vorschläge diskutierten wir und formulierten schließlich gemeinsame Regeln, mit denen alle einverstanden waren.

Die Gruppenregeln lauteten schließlich: Vertraulichkeit, gegenseitiges Verständnis (aufmerksames Zuhören; ohne Bewertung); gegenseitige Achtung; gegenseitige Unterstützung bieten; Bereitschaft zum Kompromiss bei unterschiedlichen Bedürfnissen; Ehrlichkeit; kein Tratsch; niemanden verletzen / kränken; Störungen haben Vorrang; Pünktlichkeit.

Die Regeln wurden auf ein großes Blatt Papier geschrieben und gut sichtbar im Gruppenraum aufgehängt.

 

In der Übung ‚Meine Erwartungen’ formulierten die Teilnehmerinnen dann ihre Erwartungen und Wünsche an die Gruppenarbeit und an den Erholungsaufenthalt insgesamt:

·         „Sich der eigenen Stärken bewusst werden“

·         Lernen, Grenzen zu setzen

·         Lernen, destruktive Verhaltensweisen zu verändern

·         Lernen, sich selbst zu beruhigen / inneren Frieden zu finden

·         An sich und der eigenen Mutterrolle zu arbeiten – zu Müttern zu werden, wie sie sich Kinder wünschen

·         Sich zu entlasten

·         Gemeinsam eine schöne Zeit mit einander und den Kindern zu verbringen

 

In der Abschlussrunde (Blitzlicht) dieser Gruppensitzung äußerten alle Frauen zufrieden mit den Methoden und dem Verlauf der Gruppenarbeit dieses Tages. Die Formulierung der Gruppenregeln bedeutete ihnen viel; sie gaben ihnen mehr Sicherheit.

 

Am zweiten Tag zeigte sich in der Anfangsrunde (Blitzlicht), dass sich die Frauen sehr wohl fühlten. Sie hatten den Nachmittag und Abend des Vortages sehr genossen – mit Aktivitäten am Strand und einem ausgedehnten Spaziergang mit den Kindern am Abend. Sie waren neugierig auf die Gruppenarbeit dieses Tages. Nur eine der Mütter, A., die aufgrund von Angstzuständen schon einige Monate zur Einzeltherapie ins SEKA-Haus kommt und für die die Teilnahme an dem Erholungsaufenthalt einen großen Schritt bedeutete, hatte sehr schlecht geschlafen und fühlte eine starke Unruhe, von der sie befürchtete, dass sie sich zu einem Panikanfall entwickeln könnte. Mit unserer therapeutischen Unterstützung wurde sie sich dann jedoch bewusst, dass ihre Unruhe mit ihrem Bedürfnis zu weinen zusammenhing, das sie unterdrückte. Sie fühlte eine Mischung aus starken positiven Emotionen (Freude über all das, was sie hier erlebte; Erleichterung, dass sie das spüren konnte; dass sie so etwas wieder erleben konnte) aber auch Angst, dass dies nicht von Dauer sein würde). Nachdem A. ihre Tränen zugelassen und Unterstützung von den anderen Frauen bekommen hatte, fühlte sie sich ruhiger und bereit für die Gruppenarbeit.

Wir fuhren fort mit dem witzigen Tanzspiel ‚Die Bewegungen der anderen imitieren’, das den Frauen Spaß machte und zeigte, dass sie sich allmählich mehr und mehr entspannten.

 

Anschließend gaben wir den Teilnehmerinnen die Möglichkeit, konkrete Themen zu formulieren, an denen sie in der Gruppe arbeiten wollten. Sie benannten die Themen:

  • Kommunikation mit Kindern in der Pubertät
  • Wie kann ich Kindern helfen, die Opfer von Gewalt geworden sind?
  • Alkoholmissbrauch und Eifersucht des Ehemanns
  • Selbsthilfe bei Panikattacken
  • Wenn mir nahe Menschen mich nicht verstehen und mich nicht unterstützen… wie damit umgehen?
  • Wie kann ich mich vor psychischer Gewalt schützen?
  • Meiner selbst bewusst werden
  • Wie kann ich die panische Angst vor Autos überwinden?
  • Wie kann ich die Angst überwinden, dass meinen Kindern etwas Schlimmes passiert?
  • Angst vor Verletzung

Bereits bei der Benennung der Themen hatten die Frauen Gelegenheit, den jeweiligen Hintergrund für ihr Thema zu erläutern. Andere animierte dies, von eigenen ähnlichen Erfahrungen und Problemen zu berichten. Dies ermöglichte ein weiteres gegenseitiges Kennen lernen. Die Frauen hörten sich gegenseitig aufmerksam zu und reagierten empathisch und unterstützend auf die Äußerungen der andern. Wir spürten, dass sich allmählich eine Vertrauensbasis zu entwickeln begann.

Es zeigte sich, dass die von den Frauen benannten Themen sich gut mit den von uns vorbereiteten Themen zur Stärkung und Stabilisierung, sowie mit den psycho-edukativen Einheiten zu den Themen ‚Trauma / Gewalt’ und Kindererziehung verbinden lassen würden.

Im ‚abschließenden Blitzlicht’ äußerten alle, dass ihnen die Methoden der Gruppenarbeit sehr gut gefielen. Einige meinten, dass dieser Erholungsaufenthalt und die Gruppenarbeit das Beste sei, was ihnen im Moment geschehen könne.


Fortsetzung im naechsten Blog..


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