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Wir haben 307,25 € Spendengelder erhalten

Lena Lindner
Lena Lindner wrote on 07-03-2023

Mit der Erweiterung unserer Tagesklinik im vergangenen Herbst konnten wir - auch dank Eurer Unterstützung - einen wichtigen Schritt in Richtung eines noch breiteren Behandlungskonzeptes und mehr Behandlungskapazitäten gehen. Heute möchten wir Euch die Chance geben, etwas tiefer hinter die Kulissen unserer Tagesklinik zu blicken und die Menschen kennenzulernen, die im Zentrum unserer tagtäglichen Arbeit stehen: unsere Patient:innen. Eine von ihnen ist Yuliya P.* Sie gehörte zu den ersten Patient:innen, die nach der Erweiterung in den neu geschaffenen Behandlungstrack der Tagesklinik aufgenommen wurden.

Yuliya P. wurde bereits früh im Leben mit Gewalt konfrontiert. Mehrere traumatische Erfahrungen prägen ihr Leben bis heute. Hinzu kommen Kriegserinnerungen aus ihrer Heimat Tschetschenien. Wir haben mit ihr über ihre dreimonatige Behandlung in unserer Tagesklinik und über ihren Gesundheitszustand nach der Entlassung gesprochen.

Liebe Frau P., Können Sie sich noch erinnern, wie Sie auf die Tagesklinik und das Angebot hier aufmerksam wurden? 

Y.P.: Ich befinde mich seit 8 Jahren in Behandlung und habe von meinem ambulanten Psychotherapeuten von der Tagesklinik im ZÜ erfahren. Ich wurde auch schon in einer anderen Tagesklinik behandelt. Dort gab es aber keine Übersetzer:innen, deshalb hat es mir nicht soviel geholfen. Ich wurde also auch dort auf die Tagesklinik des Zentrum ÜBERLEBEN verwiesen. Hier gibt es Sprach- und Kulturmittelnde sowie eine Spezialisierung auf Traumata, beides war sehr wichtig für mich. 

Wie ging es Ihnen bei der Aufnahme im September und wie geht es Ihnen jetzt? 

Y.P.: Im September ging es mir sehr schlecht. Ich hatte Suizid-Gedanken. Meine Vergangenheit wurde wachgerufen und ich hatte das Gefühl nur rückwärts zu gehen. Auch wenn ich immer Hoffnung hatte, dass es besser wird: Der Weg war sehr schwer, innerlich war ich tot. Jetzt bin ich glücklich. Ich kann mich vor den Spiegel stellen und ich sehe mich. Ich habe gelernt mit Panikattacken und Depressionen umzugehen, auch wenn sie mich zurückziehen wollen. 

Was hat sich seither verändert? 

Y.P.: Früher musste ich mich ständig ablenken, um nur nicht nachdenken zu müssen. Ich hatte immer Angst, dass andere Menschen etwas über meine Probleme erfahren und dann denken könnten, dass ich verrückt wäre. Mich und meine Geschichte zu verstecken, kostete sehr viel Kraft. Heute bin ich viel selbstbewusster. Es ist mir egal, was andere über mich denken und ich brauche die ständige Ablenkung nicht mehr. Ich kann endlich Ruhe finden. 

Wie war diese Therapie im Vergleich zu früheren Therapien? 

Y.P.: Für mich war es ein großer Unterschied. Auch vorher habe ich in Therapien viel über meine Situation und Gefühle gesprochen, aber erst jetzt habe ich verstanden, was meine Diagnose eigentlich bedeutet. Ich habe jetzt verstanden, was eine Posttraumatische Belastungsstörung, was Panik und Depression eigentlich sind. Nur dadurch konnte ich auch den Umgang damit und Strategien zur Bewältigung schwieriger Situationen erlernen. 

Welche Maßnahme hat Ihnen am meisten geholfen? 

Y.P.: Die Aufklärung über die Krankheit und Symptome war sehr wichtig für mich. Die Skills-Gruppe (Vermittlung von Techniken zur Regulation von Emotionen, Anm. d. Red.) und KVT (Kognitive Verhaltenstherapie, Anm. d. Red.) brachten den Austausch mit anderen Betroffenen und schufen einen vertrauensvollen Rahmen. Es war fast ein Gefühl, als ob man Familienangehörige trifft, die man sehr gut kennt. Auch außerhalb der Gruppe tauschten wir uns immer wieder aus. In der Einzeltherapie hat mir die imaginative Arbeit sehr geholfen, um die belastenden Erinnerungen besser bewältigen zu können. 

Was würden Sie Menschen, die die Tagesklinik und das ZÜ noch nicht kennen, über die Behandlung hier berichten? 

Y.P.: Es gibt hier einen wirklich speziellen Behandlungsansatz, spezialisierter, als ich es zuvor kannte. Ich kann allen, die in einer ähnlichen Lage sind, wie ich es damals war, sagen: Es gibt Hilfe für euch, bringt euch nicht um! Gebt nicht auf und lasst euch nicht von Panikattacken und Depressionen überwältigen. Ich habe hier so viel gelernt und die Krankheit besiegt. Alle anderen können das auch schaffen. 

Was nehmen Sie sich nach der Entlassung aus der TK vor, wie wird es weitergehen? 

Y.P.: Mein Leben geht nun an dem Punkt weiter, an dem ich war, bevor ich innerlich einfror. Ich war nicht auf dieser Welt. Mein Leben beginnt nun neu und ich schließe an dem Punkt an, bevor ich krank wurde, als ich mich selbst noch spüren konnte. Ich habe viele Jahre verloren, deshalb sehe ich noch so jung aus (lacht). 

Ich bleibe mit den Menschen hier weiterhin in Kontakt und spüre eine große Freude, wenn ich sie wiedersehe. Das Zentrum ist ein sicherer Raum, hier haben wir Vertrauen zueinander aufgebaut. Vertrauen, Ruhe und Zeit sind sehr wichtig um Verständnis füreinander aufbringen und Frieden schließen zu können. 

Yuliya P. ist aus dem Behandlungsprogramm der Tagesklinik entlassen worden und kann nun an einem Nachsorgeprogramm teilnehmen. Wir wünschen ihr auf dem weiteren Weg von Herzen alles Gute und freuen uns, wenn Ihr uns auch weiterhin mit Euren Spenden unterstützt!