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Für Tannie Annie ist kochen ein Akt von Liebe

Maike R.
Maike R. wrote on 14-08-2020



Liebe deutsche Familie,

Covid-19 brachte uns Not und Schwierigkeiten, aber auch Helden und Heldinnen. 

In Paternoster führt Euch eine lange Schlange von Dorfbewohnern, die sich mit Plastikschachteln für ihre einzige gekochte Mahlzeit des Tages anstellen, zu dem bescheidenen, weißgestrichenen Zuhause einer solchen Heldin: Annie Clarke.

In ihrer kleinen Küche hier in Hopland kocht Annie sechs Tage die Woche für bis zu 600 Leute. Das macht sie ganz alleine seit dem Beginn des Lockdowns im März diesen Jahres.

Für sie ist das kein außergewöhnlicher oder gar heroischer Akt. Sie kümmert sich schon seit Jahren um die Gemeinschaft. Die Freude die ihr diese Arbeit und ihr fester Glauben bereiten ("I pray for strength every morning and thank the Lord for it every night.") halten diese mutige 63-Jährige, die als älteste Tochter eines Fischers in Paternoster aufgewachsen ist, fit.

Annie träumte davon Lehrerin zu werden. Stattdessen musste sie schon als junge Frau den Haushalt übernehmen, nachdem ihre Mutter starb. „That taught me how to make very little go a long way.” Dadurch entwickelte sich auch ihre Liebe zum Kochen.

Doch es war ihre Liebe zu Büchern die dazu führte, dass Annie anfing für die Kinder von Paternoster zu kochen. Im Jahre 2008 sorgten sich Mitarbeiter des Bildungsministeriums um die Unfähigkeit der Kinder, zu lesen. Sie luden Eltern ein um die Lehrer zu unterstützen. Annie meldete sich: „I’m willing.“
 In den folgenden fünf Jahren unterstützte sie den Lehrer der 3. Klasse. Ihre praktischen Organisationsfähigkeiten erkannte man schnell. Als das „Grade R Centre“ (Vorschule) 2013 gebaut wurde vertraute man ihr die Beaufsichtigung an.

Es dauerte nicht mehr lange bis ihr auch die Planung des Essens für die Schule anvertraut wurde. Seit 2016 stand Annie jeden morgen früh auf und machte sich auf den Weg zur Schule, über Hügel, durch Regen und durch die dunklen Wintermorgen, um sicherzustellen, dass große Töpfe des nährreichen Mielepap bei der Ankunft der 200 Lernenden vorhanden waren. Um zehn Uhr morgens war sie bereit ihnen eine vollwertige Mahlzeit zu servieren.

Es ärgerte Annie, dass manche Kinder über das Wochenende an Hunger litten. Also fing sie an mit der Unterstützung ihrer Schwester Koekie und ihrer Nichte Elizia Clarke samstags eine Suppenküche zu führen. Und dann auch Mittwoch nachmittags, nach ihrem Einsatz in der Schule.

All das erledigte Annie ohne Aufheben davon zu machen, aber je mehr Kinder sich um sie scharten, desto mehr wurden die Einwohner auf all das was sie tat aufmerksam. Pikkie Daniels, einer ihrer langjährigen Unterstützer, sagt: „For Annie, cooking is a labor of love. She simply radiates love when she speaks of filling the children's tummies. " (Für Annie ist Kochen ein Akt von Liebe. Sie strahlt einfach Liebe aus, wenn sie davon redet, die Kinder satt zu machen.)

Als die Covid-19 Pandemie Paternoster traf und die Menschen ihr Einkommen verloren, wusste Annie, was zu tun war. 

Als die Schulen geschlossen wurden und die zugehörigen Essensmöglichkeiten ausfielen, öffnete Annies tägliche Suppenküche. Annie kochte Mittagessen für Alt und Jung und manchmal auch Frühstück. An den Wochenenden wird süßer Tee mit Sandwiches serviert, montags gibt es zu der Suppe noch bis zu 24 Laib frischgebackenes Brot aus ihrem Ofen. 

Freunde und Nachbarn die durch Annies Arbeit inspiriert wurden kommen alle um beim Essensausteilen Hilfe zu leisten. Sie stellen den Tisch mit seiner hübschen Tischdecke auf, desinfizieren Hände, stellen sicher, dass man sich an die Richtlinien hält und helfen anschließend beim Aufräumen. Doch eins sie müssen wissen: Annie ist die einzige die in der Küche kochen wird. Das ist ihr Königreich.

Annie weiß nie, wie viele Leute aufkreuzen werden. Aber sie weiß, dass niemand mit leeren Händen weggeschickt wird. „One day, last week, I looked at the long line of people waiting for food, and I despaired. Will there be enough food for everyone? I stood at the sink. I cried and prayed, and you know what, down to the last drop, there was enough for every single person.”
(An einem Tag, letzte Woche, sah ich die lange Schlange von Menschen die auf das Essen warteten und verzweifelte. Wird es genug Essen für alle geben? Ich stand in der Küche. Ich weinte und betete und weißt du was, mit dem letzten Tropfen gab es für jede Person genug.)

Dank der großzügigen Spenden aus Deutschland weiß Annie, dass sie jetzt immer etwas hat mit dem sie ihre großen Kochtöpfe füllen kann.

André Kleynhans, ein Vertreter des Paternoster Projekts NPC hatte Annie und ihre Suppenküche schon lange vor dem Beginn des Lockdowns unter seine Fittiche genommen. „Annie is the soul of Paternoster. I know the family well. Her father, Hennie, was a much respected fisherman. Annie is one of the most revered people in Paternoster, loved as much for her wonderful food as for her smile and happy nature.” (Annie ist die Seele von Paternoster. Ich kenne die Familie gut. Ihr Vater, Hennie, war ein hoch respektierter Fischer. Annie ist eine der am meisten angesehenen Menschen in Paternoster, sie wird sowohl führ ihr wundervolles Essen als auch für ihr Lächeln und ihr frohes Gemüt geliebt.)

Der Lockdown wird zwar aufgelockert, doch der Bedarf nimmt nicht ab. Ganz im Gegenteil: Er steigt, da so viele Berufe in diesem Zeitraum verloren gegangen sind, und sowohl viele Wintermonate als auch stürmische Meere vor uns liegen. 

Es ist schwer einzugestehen, aber die südafrikanische Regierung ist größtenteils gleichgültig gegenüber der Notlage des Volkes. Während des Lockdowns schlossen die Minister und Behörden zu Beginn die Suppenküchen und verhinderten somit die Verteilung von gekochten Mahlzeiten und von Essenspaketen, sowohl von der NGO als auch von Individuen. Die Gerichte mussten ein Urteil gegen diese Maßnahmen fällen. Wohltätigkeitsorganisationen mussten einen Gerichtsbeschluss anfordern um die Regierung dazu zu bewegen, Essensangebote für die neun Millionen bedürftigen Schulkinder wieder hochzufahren. Daraufhin stahlen korrupte Regierungsvertreter das für die Kinder vorgesehene Essen. 

Das Paternoster Projekt NPC ist eine der Organisationen die eingriffen um die Pflichten zu erfüllen, um die sich eine funktionelle und fürsorgliche Regierung hätte kümmern sollen. 
 In Deutschland mag es Euch vielleicht schwer fallen sich solch eine herzlose Einstellung vorzustellen, aber Ihr habt gezeigt, dass Ihr es versteht.

Wir sind zutiefst dankbar für Eure andauernde Unterstützung des Nahrungsmittelhilfsprogramms der Paternoster Projekt NPC. Diese ermöglicht es sowohl Annie als auch anderen Gleichgesinnten unsere Community weiterhin zu unterstützen. 

Joan Kruger
Leseklubleiterin Paternoster Volunteer Project

* Hopland ist ein wirtschaftlich schwaches Wohngebiet in Paternoster.
 * Mieliepap ist ein typisches Gericht der Region, ein Getreidebrei aus Maismehl. 
 * Im Durchschnitt verteilt Annie täglich 350 Mahlzeiten. 



Danke für Ihre weitere Unterstützung!