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Dieses Foto ist jetzt Geschichte…

R. Henning
R. Henning wrote on 10-09-2020



Am Freitag letzter Woche war ich mit einem Freund, der Übersetzer ist, im Lager Moria, um mit einigen Bewohner*innen vor Ort über ihre Situation zu sprechen. »Sag bitte den Menschen in Deutschland, dass wir nicht mehr können!« das war der Satz den mir eine afghanische Frau mehrmals nachdrücklich sagte – immer noch sehr freundlich aber bestimmt. Sie schob nach: »Wir sind seit März im Corona-Lockdown, das Wasser wird täglich für mehrere Stunden abgestellt, so dass wir unsere Hände nicht waschen und auch nicht auf die Toilette gehen können, unsere Kinder können schon seit Monaten nicht in die Schule gehen, das Essen reicht nicht und falls doch, ist es schlecht. Wir fühlen uns nicht sicher weil es hier ständig Streit gibt – besonders nachts ist es für uns sehr gefährlich.« 

Dienstag nacht ist das Lager dann abgebrannt. Seitdem irren ca. 12.000 Menschen auf der Insel nach Wasser, Verpflegung und einer Bleibe umher. Oft campieren sie in kleineren oder größeren Gruppen am Straßenrand oder haben sich in Wäldern oder Olivenhainen niedergelassen. Unsere Volunteers verteilen seitdem Tag und Nacht grosse Mengen Wasser und Essen an sie, sofern sie sie überhaupt erreichen können.  

Wenn die Geflüchteten nach Mytilini oder in die angrenzenden Orte gehen wollen, treffen sie auf massive Polizeiaufgebote, die ihnen den weiteren Weg mit dem Ausspruch »Hier geht es für euch nicht weiter, denn ihr verwüstet nur unsere Stadt oder unser Dorf.« versperrt. Auch haben sich schon Bürgerwehren gebildet, die »ihren« Ort jetzt »verteidigen«. 

Eigentlich wäre aktuell dringend und sofort umfassende koordinierte Nothilfe und Deeskalation angebracht. Aber wie so oft, passiert von offizieller Seite nichts – Griechenland und besonders die ostägäischen Inseln werden mal wieder alleingelassen. Die griechische Regierung erhöht so auch den Druck auf andere europäische Länder. Bisher passiert da aber nur wenig bis gar nichts. Jetzt bleibt einfach nur die Hoffnung, dass die Stimmung auf Lesbos nicht weiter hochkocht und dass es nicht zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen kommt. 

Es wäre deshalb jetzt dringend notwendig, dass Bundesinnenminister Seehofer, den Bundesländern, Städten und Kommunen, die Geflüchtete aufnehmen wollen, dies auch gewährt. Für Deutschland ist es ein kleiner Schritt, für Lesbos wäre es ein Zeichen der Solidarität und eine Entlastung von einem Problem, dass Griechenland und ganz besonders die betroffenen Inseln auf Dauer nicht allein werden lösen können. 

Herr Seehofer, so könnte echte europäische Solidarität aussehen, denn von einem europäischen Asylpakt, den alle Mitgliedsländer mittragen, haben mittlerweile auch Sie sich doch insgeheim schon längst selbst verabschiedet oder immer noch nicht? 





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