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Was hat Oekologie mit Friedensarbeit zu tun?

G. Müller
G. Müller wrote on 23-09-2008

Liebe Freundinnen und Freunde,

gestern habe ich unserem Projekt "Hilfe fuer kriegstraumatisierte Kinder" zwei weitere Bedarfe hinzugefuegt - bzgl. der Finanzierung eines Workshops, den wir mit den groesseren Kindern durchfuehren wollen: zum Thema "Oekologie".

Was hat nun ein solcher Workshop mit Kriegstrauma bzw. Friedensarbeit zu tun? Das will ich Ihnen im Folgenden erklaeren:

Nach dem Krieg war Bosnien-Herzegowina nicht nur ein zerstoertes Land - sondern auch eine riesige Muellhalde. In den voellig zerstoerten Doerfern und teils auch in den Staedten, watete man im Muell. Die Kinder spielten in Ruinen und im Muell, sammelten ihr Spielzeug von den Truemmergrundstuecken und wilden Muellhalden... Die Ufer der wunderschoenen smaragdgruenen bosnischen Fluesse saeumten meterhohe Muellhalden, im Fluss schwamm mehr Muell als Fische; denn waehrend des Krieges und auch in der ersten Zeit danach gab es keine Moeglichkeiten der Muellentsorgung. Als sich das Leben im Nachkriegsbosnien allmaehlich wieder zu normalisieren begann, blieb noch lange Zeit die Entsorgung des Muells ein Riesenproblem - wohin mit dem Schutt und Muell der zerstoerten Doerfer und Staedte, wohin mit dem Alltagsmuell?

Ich erinnere mich noch, wie oft waehrend und nach dem Krieg der Muell einfach angezuendet wurde, weil die Menschen sich keinen anderen Rat wussten, wie sie den Muell loswerden sollten.

Inzwischen hat sich die Situation zwar deutlich verbessert - es gibt laengst wieder eine Muellabfuhr (zwar mit zu wenig Fahrzeugen, zu wenig Kapazitaet - aber sie funktioniert einigermassen). Aber das Problem ist nun ein anderes: Die Menschen haben sich einerseits an den Anblick von Muell gewoehnt. Andererseits ist der Muell auch ein Ausdruck der massiven gesellschaftlichen Depression: Die Menschen kaempfen seit 13 Jahren mit den psychischen, sozialen und oekonomischen Folgen des Krieges. Trotz der vielen Jahre hat sich die Situation der normalen Bevoelkerung nicht verbessert. Im Gegenteil: die Menschen sind mehr und mehr verzweifelt, weil sie keine Veraenderung sehen. Der Muell ist somit auch ein Ausdruck der Resignation, Mutlosigkeit und der Gleichgueltigkeit vieler Menschen, die am oder auch unter dem Existenzminimum leben und sich zusaetzlich mit ihren Traumata herumschlagen. Wen es unendliche Kraft kostet, um nur jeden Tag einigermassen zu ueberstehen und seine Familie zu ernaehren, dem erscheinen oekologische Gesichtspunkte oft als nebensaechlich, oder es gibt dafuer einfach keine Kraft. So verstaendlich das einerseits ist, so gravierend sind doch die Folgen: Die Menschen zerstoeren ihre groesste Ressource - die Natur.

Die Kinder wachsen in dieser Umgebung auf - noch immer gibt es in Gorazde alle paar Meter Kriegsruinen, ueberall liegt der Muell - selbst auf Kinderspielplaetzen, an den Ufern der Drina (des Flusses, der durch Gorazde fliesst) , in den Hoefen, an den Strassen - die Kinder sind ihn gewohnt und laengst gleichgueltig geworden - wie sollte es auch anders sein. Es ist "normal", das das Wasser aus der Wasserleitung (das Wasser der Drina) nicht getrunken wird, da auch die Kanalisation in die Drina fliesst. Noch immer verbrennen die Leute ihre Gartenabfaelle und oft noch Muell dazu - samstags ist es oft unmoeglich, sich im Freien aufzuhalten, da die Luft von all dem stinkenden giftigen Rauch verpestet wird..... ich koennte noch weiter zahllose Beispiele aufzaehlen...

Aus diesen Gruenden erscheint es uns dringend notwendig, mit den Kindern ausdruecklich auch am Thema "Oekologie = Frieden mit der Natur" zu arbeiten und ganz konkret ihr Bewusstsein zu foerdern. Wir wollen ausserdem, dass uns das lokale Fernsehen bei einem Teil der Aktionen begleitet, um neben den Kindern auch die Erwachsenen und eine breitere Oeffentlichkeit anzusprechen.

Soviel fuer heute!

Mit herzlichen Gruessen

Gabriele Mueller und Kolleginnen