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Gleichberechtigung und Toleranz

G. Müller
G. Müller wrote on 25-11-2013

Liebe Freundinnen und Freunde,

nun ist schon ein Monat seit dem letzten Blog vergangen! Ich war in der Zwischenzeit in Deutschland und nach meiner Rueckkehr haben die ueblichen Berge von Arbeit auf mich gewartet.
Heute ist hier nun eigentlich ein Feiertag (Tag des Staates Bosnien-Herzegowina). Ich werde ihn fuer Blogs und laengst ueberfaellige Korrespondenz nutzen.

Hier kommt nun eine weitere Fortsetzung des Berichts - ueber die Arbeit mit der Kindergruppe waehrend des therapeutischen Erholungsaufenthalts.

Ihnen allen eine schoene Woche!

Herzliche Gruesse

Gabriele Mueller

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Arbeit mit der Kindergruppe

Am sechsten Tag hatten wir uns – nach dem Blitzlicht und der Wiederholung des ‚Tanzes mit Luftballonen’, den wir noch durch eine Polonaise ‚Zug mit Luftballonen’ ergänzten, das Thema ‚Gleichberechtigung und Toleranz’ vorgenommen. Dieses Thema lag uns diese Mal besonders am Herzen, da wir eine ethnisch gemischte Kindergruppe hatten, in der B., als Roma, alltägliche Erfahrungen mit Rassismus und Diskriminierung machte. Aber auch bosniakische und serbische Kinder wuchsen in einer durch Krieg, nationalistischen Hass, Menschenrechtsverletzungen und Traumata der Eltern und Grosseltern noch immer zutiefst gespaltenen Gesellschaft heran, in der die Spannungen durch die (überwiegend) nationalistischen Parteien immer wieder geschürt werden. Je mehr die Kinder heranwachsen, umso mehr werden sie sich dieser Spannungen bewusst werden. Es war uns daher wichtig, bereits jetzt in den Kindern ein Bewusstsein für die universellen menschlichen Bedürfnisse und die universellen Menschenrechte zu wecken und sie für dieses Thema zu sensibilisieren.

Wir fragten die Kinder also zuerst in welcher Hinsicht wir alle verschieden sind? Und ob wir den alle gleichberechtigt sind. Die Kinder zählten Unterschiede auf im Hinblick auf: Alter, Körpergröße, Gewicht, Haar- und Augenfarbe, Hautfarbe, Namen, Meinungen, Bildung u.a auf. Bzgl. Gleichberechtigung betonten insbesondere die Schulkinder, dass die LehrerInnen in der Schule große Unterschiede machen und wenn sich jemand beschwere, dann würde er/sie noch schlimmer behandelt. Die Kinder waren sich einig, dass alle die gleichen Rechte haben sollten und dass Menschen wegen der Herkunft oder des Aussehens nicht benachteiligt werden sollten.

Wir beschlossen, durch ein Gruppenspiel auszuprobieren, inwiefern alle wirklich Unterschiedlichkeit respektieren bzw. inwieweit doch Vorurteile bestehen. Wir hatten bereits kleine Zettel mit unterschiedlichen Identitäten vorbereitet. Jedem Kind befestigten wir ein Zettelchen an der Stirn, so dass das Kind, die eigene Identität nicht lesen konnte. Einigen Kindern hatten wir Identitäten verliehen, die gesellschaftlich hoch rangierten, anderen Identitäten, die eher ausgegrenzt werden.  Während des Spiels und insbesondere in der anschließenden Auswertung zeigte sich, dass die Kinder durchaus (unbewusst) Unterschiede gemacht hatten. Die Kinder in den gesellschaftlich tendenziell ausgegrenzten oder stigmatisierten Rollen hatten sich auch im Spiel eher ausgegrenzt und benachteiligt gefühlt. Das Spiel machte die Kinder nachdenklich.

Anschließend begannen wir mit der Vorbereitung des Programms für die Vorstellung der Kinder am letzten Abend.

 

Am siebten Tag konnten die Kinder es kaum erwarten, welche Themen und Spiele wir wohl vorbereitet hatten. Dies war ein großer Unterschied zum ersten Tag!

Da wir während der Aktivitäten am Strand in den vergangenen Tagen beobachtet hatten, dass einige der Kinder auch aggressives Verhalten zeigten und wir außerdem von den Kindern wussten, dass sie Gewalt in der Familie oder der Schule kennen gelernt hatten, hatten wir uns entschieden an diesem Tag zum Thema ‚Physische und psychische Gewalt’ sowie ‚Gewalt mit Hilfe von Handys oder Internet’ mit den Kindern zu arbeiten.

Zunächst fragten wir die Kinder, ob sie wüssten, was ‚Gewalt’ bedeutet. Die kleinen Kinder konnten mit diesem Begriff offensichtlich noch nichts anfangen. Die größeren Kinder erklärten, Gewalt sei, wenn ihre Eltern sie schlügen, wenn sie selbst jemanden schlagen, schubsen, treten, würgen würden. Sie konnten durchaus zwischen physischer Gewalt („schlagen und ähnliches“) und psychischer Gewalt („verletzen, kränken..“) unterscheiden. Einzig der neunjährige K. meinte, er habe noch nie das Wort ‚Gewalt’ gehört, was für uns recht erstaunlich war, da wir wussten, dass seine Mutter sich nach jahrelanger massiver Gewalterfahrung von seinem Vater getrennt hatte. Wir werteten seine Reaktion als Selbstschutzmechanismus, um nicht an diese Erfahrung, die er nie erwähnte, erinnert zu werden.

Einige der Kinder hatten auch schon Erfahrungen mit aggressiven Angriffen Gleichaltriger über Internet (Facebook) oder Handy gemacht. Auch darüber sprachen wir ausführlich.

Die Kinder gaben auch zu, dass sie selbst in bestimmten Situationen gewalttätig geworden waren, andere bedroht oder geschlagen hatten – oder aber, dass sie schweigende Zeuginnen von gewalttätigen Situationen waren, in denen sie nichts unternommen hatten, um dem Opfer zu helfen.

Schließlich erarbeiteten wir mit den älteren Kindern einige Szenen bzgl. der unterschiedlichen Formen von Gewalt. Diese Szenen spielten die älteren Kinder dann den jüngeren vor. Über diese Szenen sprachen wir dann alle gemeinsam.

Fortsetzung im naechsten Blog...

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