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... allmaehlich Vertrauen gewinnen...

G. Müller
G. Müller wrote on 20-09-2013

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe LeserInnen,

hier nun ein weiterer Teil unseres Berichts ueber den therapeutischen Erholungsaufenthalt im vergangenen Sommer. Ich hoffe, Sie lesen auch diesen Beitrag mit Interesse.

Herzliche Gruesse

Gabriele Mueller

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Es gibt noch ein anderes wichtiges (therapeutisches) Medium für den Erfolg der SEKA-Erholungsaufenthalte: das Meer und die Schönheit der Adria.

Die Bedeutung des Meeres

Bei allen Gruppen, die die an SEKA-Erholungsaufenthalten teilnehmen, steht natürlich die physische und psychische Erholung und hier ganz besonders die täglichen Ausflüge zum Meer im Vordergrund.

Für viele der Frauen und besonders Kinder, die an den Erholungsaufenthalten teilnehmen, bedeutet dies ihre erste Begegnung mit dem Meer. Für andere ist es ein Wiedersehen nach 20 Jahren, während derer sie wegen der Kriegsereignisse keine Möglichkeit hatten, das Kriegsgebiet zu verlassen, bzw. ihnen in der Nachkriegszeit die finanziellen Mittel für einen Urlaub am Meer fehlen.

Manchmal löst schon der Anblick des Meeres Tränen aus. Die Schönheit des Meeres und der mediterranen Vegetation rühren an die Gefühle des Mangels, der jahrelangen Entbehrung, des „Gefangenseins“ und der Bedrohung. Das Meer weckt einerseits Erinnerungen an früher, an Urlaube am Meer - und an ein „normales Leben in einer friedlichen Welt“ und andererseits weckt es auch den Schmerz über den Verlust dieses „normalen Lebens“.

Grundsätzlich verknüpfen wir alle mit dem Meer vielerlei unterschiedliche existentielle Gefühle: Es erfüllt uns mit Gefühlen von Weite, Sehnsucht, Freiheit, Schönheit, Unvergänglichkeit, aber auch mit Angst vor seiner Ungezähmtheit und Unberechenbarkeit. Das Meer fordert uns heraus, diese Angst zu bezwingen, mutig zu sein und uns diesem unberechenbaren Element anzuvetrauen.

Gerade für die traumatisierten Frauen und Kinder ist das Meer zu Anfang beängstigend und faszinierend zugleich; es weckt die Gefühle von Ausgeliefertsein, Bedrohung, Angst bis hin zur Panik, Gefühle, die mit den erlebten traumatischen Situationen verknüpft sind. Gleichzeitig spüren Frauen und Kinder aber auch die starke Faszination von Meer und (Sand- / Kies-) Strand. Meer und Strand fordern geradezu dazu auf, einzutauchen, sie zu berühren, sinnlich zu erleben.

Wir unterstützen Frauen und Kinder in ihrer vorsichtigen Annäherung an das Meer. Zu Anfang geben wir in erster Linie Halt und Sicherheit. Dann fördern wir mit einfachen Übungen das Vertrauen, daß das Meerwasser sie trägt. Wenn Frauen und Kinder sich in ihrem eigenen Tempo ganz allmählich auf das Meer einlassen können, verlieren sie immer mehr ihre Ängste. Sie gewinnen allmählich Vertrauen - zuerst in die Therapeutinnen als Begleitung, dann in das Wasser und schließlich, wenn sie dann Schwimmen lernen, in sich selbst. Es ist für Frauen und Kinder ein wichtiges und heilendes Erlebnis, sich im Meer alleine sicher bewegen zu können. Diese Erfahrung fördert ihr Vertrauen in sich selbst, in andere und gibt ihnen das Gefühl, die Kontrolle über einen Teil ihres Lebens wieder zu erlangen.

Das sinnliche Erleben von Wasser, Sonne und Strand fördert gleichzeitig die Fähigkeit, ganz da zu sein und in der Gegenwart zu leben, ja, das Leben zu genießen.

Es ist berührend zu sehen, wie auch die Frauen hingebungsvoll mit den Kindern am Strand spielen, wie sie mit uns im Wasser herumtollen, wie sie von Tag zu Tag mutiger, ausgelassener und freier werden. Wie sie den Glauben zurückgewinnen, daß das Leben doch auch schön sein kann - und nicht nur Schmerz, Angst, Mangel, Gewalt und Erschöpfung beinhaltet.

Diese gemeinsame Annäherung ans Meer ist für uns als SEKA-Mitarbeiterinnen gleichzeitig eine hervorragende Möglichkeit, in der Regel sehr rasch einen intensiven Kontakt zu Frauen und Kindern herzustellen. Sie wirkt wie ein Katalysator. Bereits der erste Tag am Strand verbindet und schafft eine erste Grundlage des Vertrauens als Voraussetzung dafür, daß die Frauen unsere weitergehenden Angebote annehmen können. Ob im Wasser, am Strand oder auf Spaziergängen nutzen die Frauen außerdem rasch jede Gelegenheit für Gespräche mit den Mitarbeiterinnen.

Methoden und Techniken, die wir in der Arbeit mit der Gruppe nutzen:

Unsere Methoden in der Gruppen- und Einzelarbeit basieren grundsätzlich auf dem Ansatz der Humanistischen Psychologie und der Philosophie des Psychodramas. Wir arbeiten mit traumatherapeutischen Verfahren, die sich an der ‚Psychodynamischen Imaginativen Traumatherapie’ (PITT) nach Prof. Dr. Luise Reddemann orientieren und mit psychodramatischen Elementen, die an die Arbeit mit traumatisierten Menschen angepasst sind. Außerdem nutzen wir eine Vielzahl kreativer Techniken sowie themenzentrierte Übungen und kurze psycho-edukative Theorie-Einheiten – jeweils angepasst an das Alter der Kinder bzw. die intellektuellen Möglichkeiten der TeilnehmerInnen. Die Strukturierung der Arbeit folgt dem Psychodramatischen Phasenmodell (Erwärmung, themenzentrierte Arbeit und Integration). Zur Erwärmung und Energetisierung nutzen wir unterschiedliche Bewegungs- und Tanzspiele, sowie Imaginationsübungen. In der Arbeit mit den Kindern verwenden wir zusätzlich spieltherapeutische und trauma-pädagogische Techniken.

Neben der Gruppenarbeit bieten wir bei Bedarf auch Einzelgespräche für Kinder oder Frauen an. Die gemeinsam verbrachte Zeit am Strand oder am Abend gibt außerdem die Möglichkeit der direkten Intervention z.B. in Konflikt-Situationen zwischen Müttern und Kindern bzw. unter den Kindern.

Die Arbeit mit jeder Gruppe orientiert sich an den Bedürfnissen und Möglichkeiten der jeweiligen Kinder und Mütter und variiert daher im einzelnen bzgl. Themen und Methoden der Gruppenarbeit.

Fortsetzung im naechsten Blog..

 



Herzlichen Dank an alle, die diesen Erholungsaufenthalt moeglich gemacht haben!