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219. Schubert-Abend im Kirchl - 21. August 2016 - fünftes von sechs Konzerten der Sommerfestival-Reihe im Festspielhäusel-Programm

Eckehard A. H.
Eckehard A. H. schrieb am 22.08.2016

Beim fünften Sommerfestival-Konzert der Programmreihe Festspielhäusel hat das Duo Mira Alice Spengler, Geige, und Jens Hagen Wegner, Klavier, am Sonntag Pionierarbeit geleistet.

Drei Sonaten (Deutschverzeichnis d‘384, d‘574 und d‘408) von Franz Schubert (1797-1828) aus den Jahren 1816 und 1817 mit insgesamt fünfzehn Sätzen und einer „ungenannten Zugabe“ ergaben ein kompaktes Programm, das mit mehreren „Vorhängen“ gefeiert wurde. Es war ein guter Griff, die Sonate g-Moll (d‘408) an den Schluss zu stellen. Sie enthält die sangbarsten Passagen und zeigte auch die ganze Sensibilität, des wie aus einem Guss spielenden Musikerpaares. Das Knarren des linken Pedals, im zweiten Satz der zuerst gespielten Sonate D-Dur (d‘384) bemerkbar, war in der Folge dank des virtuosen Spiels von Jens Hagen Wegner nicht mehr zu hören, so überzeugend war sein Umgang mit Technik und Möglichkeit des kleinen Zimmermann-Flügels, der an diesem Abend zum letzten Mal „gastierte“.

Auch Mira Alice Spengler wusste gerade auch in dieser Sonate zu überzeugen. Ihr großer Bogenstrich gab der feinen Intention, besonders der einfachen Fünfer-Sequenzen, eine wohlbehütete Heimat. Im Scherzo wuchs sie über sich hinaus und bewies: Musik ist mehr als alle Noten richtig zu spielen. Im tänzerischen Andantino erfasste sie die Wärme des Kaminfeuers, das Schubert mit nie endendem Fleiß zu entfesseln und zu bändigen versteht. Das Menuett gelang so zierlich und kunstvoll, dass es zu einem Zwischenapplaus kam und Spengler bescheiden noch den vierten Satz ankündigen musste, der dann wie die (erste) Zugabe nicht weniger brillant erschien.

Wenn von Pionierarbeit zu reden ist, dann darf dies auch im Zusammenspiel von Ensemble und Publikum gesagt werden. Die musikalische Energie der beiden Ausführenden übertrug und verstärkte sich von einem Satz zum anderen. Die Sonate D-Dur (d‘384) wirkt ja durch ihren unisono vorgetragenen Anfang wie ein Lied, das zum Aufwachen ermuntert, bevor die Instrumente in einen perlenden Dialog eintreten. Hier gelang es den Beiden schon gleich zu Beginn durch die Wahl eines beruhigenden Tempos die Hörerschaft in ihre klassisch romantische Klangwelt einzubeziehen. Dazu war der an Mozart erinnernde Stil des Andante (der dreisätzigen Sonate) besonders geeignet. Im dritten Satz sprangen die Figuren echoartig wie um Bäume gespieltes Fangen hinter einander her, ehe ein einfaches Stopp! dem Treiben ein Ende machte.

In der (anders als im Programm) an zweiter Stelle gespielten Sonate A-Dur (d‘574) war es das Scherzo als zweiter Satz, der die ganze Virtuosität des Duos herausforderte. Schnelle, klangvolle Rufe und brillante oder schmelzende Antworten wechselten genauso rasch wie der Wechsel der Tongeschlechter (Dur-Moll), und sorgten für blitzhaftes Erleuchten einer vor allem mit starkem Ausdruck und Temperament beendeten Satzlandschaft.

Das Vibrato ist im dritten Satz hervorragend gelungen, es kontrastiert stark mit dem ganz auf Richtung und Ziel hin orientierten Allegro vivace, wo eine fortwährende Suche nach neuen klanglichen Mustern eine Herausforderung darzustellen scheint (und sicher in den Jahren nach den napoleonischen Kriegen war). Im Unterschied zu den früher in vielen Akkorden vollzogenen nicht-endenden Schlüssen, ist bei Schubert mit einem Mal alles rum; so auch hier, was auch zu erstaunten Gemütern geführt haben mag und noch immer führt. Dieser mit 31 Jahren früh vollendete Komponist brachte viele Überraschungen und ist immer einen Abend wert, da selten Experiment und Schönheit in einem solch ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen. Dem hatte sich das Künstlerpaar zu Recht ganz hingegeben und verstand es, den Zauber einer vergangenen Zeit ins Licht der Gegenwart zu übertragen und Visionen einer besseren Welt entstehen zu lassen, die sich umso schneller adaptieren lassen, wenn sie schön klingen und entsprechend herzhaft gekonnt gespielt werden.

Der sechste und letzte Klassikabend im „Sommerfestival Obertsrot“ ist die dritte Serenade am 3. September, 18h30, Jugendorchester Baden-Baden mit Werken Mozart, Volkmann und einer Erstaufführung von Michael Haydn, dem Bruder des bekannten Komponisten, der noch auf seine Entdeckung in der weltlichen Öffentlichkeit wartet.

 

 


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