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194. Programmreihe Festspielhäusel - Konzert am Zweiten Advent mit Musica Antiqua Gernsbach und Gernsbacher Blockflötenconsort 6. Dezember 2015

Eckehard A. H.
Eckehard A. H. schrieb am 07.12.2015

Man durfte gespannt sein: Als Mitspieler und Veranstalter zugleich begrüßte Eckehard Hilf am Sonntag zahlreiche Gäste, darunter auch Kinder, im Kirchl beim adventlichen Konzert aus alter „Musik mit der Drehleiter“, wie das Badische Tagblatt am 3. Dezember mit einer Überschrift, dem Fehlerteufel sei Dank, am 3.12. angekündigt hatte.
Irene Jung, Leiterin der beiden konzertierenden Gernsbacher Ensembles Musica Antiqua und des von Roswitha Jung-Hoesch gegründeten Blockflötenconsorts hob ihr gewichtiges Instrument in die Höhe: Eine Drehleier, eine mit einer Kurbel gedrehte Streichanlage, deren Zwischentöne mit Tastatur gesteuert werden.
Nach der Ansage begann im erleuchteten, weihnachtlich geschmückten Kirchlraum das Gernsbacher Consort mit Blockflöten und zwei Gitarren ein stimmungsvolles Stück aus Finnland. Man muss der mit allen Altersklassen und seit Jahrzehnten spielenden Gruppe als Verdienst anrechnen, dass sie diese auf langen Atem und große Geduld angelegte Musik dem Abend gemäß mit kurzweilig lebendigen Temperament vorgetragen hat. Dann wechselten Beleuchtung und Gruppe abrupt. Jedes Instrument erklang von einem zufällig gewählten Platz. In eine Trommelkaskade platzten Rauschpfeifen und Dudelsäcke und konterten die eingangs verbreitete Andacht mit dem „Axe Phebus aureo“ aus den Carmina Burana von 1230.
Die Drehleier kam in dem lateinisch gesungenen „Nova! Nova!“ (aus einer im Glasgower Hunterian Museum ligenden Handschrift) zu Gehör. Irene Jung und Daniel Klaiber erzählten singend in Altenglisch wie aus der alten Eva in Gestalt von Maria die neue (Nova) wurde und im Engelsgruß mit lautlichen Umkehrung „Ave!“ (Gegrüßet seist du) angesprochen wurde. Ein ansprechendes Stück mit lebhaft gestalteten Refrainen.
Ganz ins Innere schien die dem vermeintlichen Ketzer Johannes Tauler zugeschriebene Liedschöpfung zu führen. Der Mystiker war „vergessen“ worden. Im Straßburger Katechismus tauchte sein Werk wieder auf und fand Aufnahme ins Andernacher Gesangbuch von 1608: „Es kumt ein schif geladen“, heute als Adventslied sehr bekannt, hier in der alten Fassung mit drei Dudelsäcken, Flöten und Gesang, weihevoll zelebriert. „Resonet in laudibus“ klingt in Suchmaschinen ganz anders, als man es im Kirchl zu hören bekam. Bei genauer Recherche findet man jedoch, dass die alte Melodie aus Leipzig, 15. Jahrhundert, stammt und der Text dazu als „Josef lieber Josef mein“ bekannt geworden ist. Ausschließlich mit voller Kraft von allen Instrumenten getragen erklang dieses alte Wiegenlied im Sechsachteltakt. Ganz zum Aufwachen dagegen der rhythmisch anfeuernd gesungene Jubelgesang „Gaudete, Christus est natus“ (Freuet euch, Christ ist geboren)!
Erneut ging das Hauptlicht an. Ein zweisätziges Telemann-Duett von Irene Jung und Elias Schuster auf Blockflöten vorgetragen erwarb sich Zwischenapplaus. Den bekannten Pachelbel-Kanon für Blockflöten eingerichtet übernahm wieder das Consort in voller Besetzung.
Eine Besonderheit hatte sich die Antiqua-Gruppe ausgedacht: Als Kontrapunkt gegen die Kitschszenarien des kommerziell ausgeflippten Weihnachtsrummels und der unverfroren anhaltenden Gewalt in kriegsgeplagten Ländern inszenierte sie mit verteilten Rollen Loriots „Advent“, eingerahmt vom englischen Traditionslied „Good King Wenceslas looked out“ der Piae Cantiones von 1582. Aus dem verschneiten Norden in den schwungverliebten Süden Kataloniens: „Veinticinco (25) de diciembre – fum, fum, fum“, das mit Taktwechseln und verschiedenen Solo- und Gesangspartien abwechslungsreich das himmlische Geschehen auf Erden – ohne Schnee. dafür mit Rauch? Jedenfalls mit eindringlichem Rhythmus – nahebringt. An diesem Stück zeigte sich die glückliche Hand der Ensembleiterin, die gesangliche Partien mit instrumentaler Darbietung abzuwechseln ließ, was ihr auch im Abschluss der Antiqua-Aufführung, beim Patapatapán im „Guillo, pran ton tamborin“ aus der Provence gelang.
Die drei letzten Stücke erklangen wieder aus den Blockflöten des Consorts und endeten mit einem Stück aus Brasilien („Cantai ao Senhor“), in das sich, wieder im Raum verteilt, die Antiqua-Mitglieder mit Percussionsinstrumenten einklinkten, ehe sie mit zwei Da Capo-Zugaben (Fum, Fum, Fum! und Gaudete!) den Abend ausklingen ließen.
Bei Glühwein, Kinderpunsch und Lebkuchen war für adventliche Stimmung gesorgt. Die Sitzordnung längs zum Kirchenschiff kam den Gästen entgegen, was für das Zusammenspiel des größeren Ensembles jedoch eine ungewohnte Herausforderung bedeutete, der Stimmung jedoch zu Gute kam.


Komm zum nächsten Adventskonzert am 13. Dezember 2015!