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Austausch mit Israel - ein Bericht

S. Kämper
S. Kämper schrieb am 26.05.2019

Mit dem folgenden Bericht über unseren Austausch möchte ich zugleich allen SpenderInnen danken, die unser anspruchsvolles Projekt unterstützt haben: Dieser Austausch hat bei allen Teilnehmenden Spuren hinterlassen und sogar völkerverbindende Freundschaften entstehen lassen.
Diesen Bericht als "Reisebericht" zu titulieren, hieße seinen Charakter als Austausch und Begegnung zu vernachlässigen. So begann denn auch unsere Zeit in Israel mit der Begegnung mit unseren Partnern. Der 31. März markierte unsere Ankunft in Israel, in einem wider Erwarten verregneten Land. Dies betraf allerdings nur die ersten zwei Tage, an denen wir mit unseren Partnern u.a. Haifa und Tel Aviv kennen lernten. In Haifa konnten wir uns im Wadi Nisnas ein Bild von einem positiven Miteinander von Menschen unterschiedlichster religiöser Prägung machen - eine Führung von Mitarbeitern des Beth HaGefen (ein arabisch-jüdisches Begegnungzentrum) lenkte unsere Blicke auf einen Spot religiösen Respekts in einem Land, wo Religion oftmals konflikthaltige politische Dimensionen besitzt. Ein Blick auf die Bahai-Gärten machte dies gleichfalls deutlich, dass es Israel auch positiv gelebtes religiöses Miteinander gibt.
Wir als deutsche Gruppe besuchten am zweiten Austauschtag Yad Vashem, die nationale Holocaust-Gedenkstätte und wohl auch die bedeutendste weltweit: Die deutsche Führung durch die Ausstellung sowie der Gang durch das Children's Memorial haben uns mit Tränen und Erschütterung erfüllt. Das Treffen mit unseren Partnern am Nachmittag desselben Tages in Tel Aviv bot ein Kontrastprogramm: Schüler unserer Partnerschule zeigten uns zentrale Stellen in Jaffa und Tel Aviv, wo wir Einblicke in die ältere und jüngere Siedlungsgeschichte Palästinas/Israels erhielten. Der letzte gemeinsame Tag war dem Kibbuz Maagan Michael vorbehalten, in dem unsere Partnerschule liegt: Es ist einer der reichsten Kibbuzim in Israel, der allerdings noch den alten Idealen der Güterteilung und privaten Besitzlosigkeit verpflichtet ist. Am Abend dieses Tages fand die Abschiedsfeier in einem Privathaus in Caesarea statt.
Mit dem 5. April startete unsere Rundreise, die uns in geographisch-politsch- historische Regionen Israels führte, die erhellende Einblicke ermöglichte. Zum einen erwanderten wir uns die Banyas-Quelle, eine der drei Hauptquellen des Jordan. Von dort aus fuhren wir in einem Bogen über den Golan und den Mount Bental an den See Genezareth, wo wir - außer einem Bad in dem tiefst gelegenen Süßwassersee der Erde - wichtige christliche Stätten aufsuchten, an denen Jesus gewirkt hat (Berg der Seligpreisungen; Kapernaum und Tabgha mit der Brotvermehrungskirche):  Die neutestamentliche Zeitgeschichte wurde in dieser Landschaft erlebbar und zog unsere Gruppe, ganz gleich ob deren Teilnehmer gläubig, agnostisch oder atheistisch waren, in ihren Bann. 
Die Fahrt auf der Jordantalstrecke zum Toten Meer war neben der politischen Komponente (zur Linken Jordanien; zur Rechten das Westjordanland) auch geographisch beeindruckend: Je weiter wir nach Süden gelangten, desto mehr wurden Landschafts- und Siedlungsformen zur klassischen Wüste. Auf dem Weg nach En Gedi machten wir Halt in Qumran (Ort jener jüdischen Sekte der Essener, denen wir heute wesentliche Abschriften  des Alten Testaments verdanken) und badeten abends im Toten Meer. 
Einen Sonnenaufgang auf Massada, der 73 n.Chr. von den Römern eingenommenen Felsenfestung, zu erleben, ist immer beeindruckend. Am selben Tag erforschte unsere Gruppe auch das Wadi En Gedi, eine landschaftliche Oase knapp 400 m unter NN. 
Unser vorletzter Tag in Israel war mit einem Besuch in Beit Jalah an der dortigen Talitha Kumi School verbunden, wo wir im Gästhaus übernachteten. Ein arabischer Bus brachte uns zur Geburtskirche nach Bethlehem und schließlich zu einem Gespräch mit dem arabischen Christen Daoud Nassar, der auf seinem Grundstück inmitten illegaler jüdischer Siedlungen ein Friedensprojekt ("We refuse to be enemies") im Tent of Nations ins Leben gerufen hat und in unprätentiösem Ton von seinen jahrzehntelangen Erfahrungen mit der israelischen Besatzung berichtet hat - die andere Seite des jüdisch-arabischen Konflikts.
Der letzte Tag blieb Jerusalem vorbehalten, interessanter Weise am Tag der Knessetwahl am 9. April. Der Tag war für Außenstehende erstaunlich ruhig, obwohl oder weil öffentliche Einrichtungen geschlossen waren. Dennoch konnten wir wesentliche Stationen der Altstadt gemeinsam erkunden (Klagemauer, Felsendom [leider nur ein kurzer Eindruck, da der Platz früher als geplant am Mittag geschlossen wurde], Grabeskirche und Via dolorosa). Den Nachmittag durften unsere SchülerInnen in Kleingruppen die Altstadt allein erkunden; abends trafen wir uns im Beit Shmuel Guesthouse (Teil eines jüdischen Kultur- und Forschungszentrums des liberalen Judentums - fußläufig zum Damaskustor) zu einer abschließenden Feedbackrunde, die wir von der Dachterrasse aus mit Blick über die erleuchtete Altstadt durchführen konnten: Für einige unserer SchülerInnen womöglich die einzige Begegnungschance mit dem faszinierenden Land Israel, für alle TeilnehmerInnen - wie auch für die Begleiter - ein Austausch, der unseren Blick auf Land und Menschen ausdifferenziert und geschärft hat und ebenso nachdenkliche wie faszinierte Spuren hinterlassen hat.
Eine kleine Bildergalerie wird demnächst online gestellt, sodass sich alle SpenderInnen buchstäblich ein Bild unseres diesjährigen Austauschs machen können. Und: Auf diesem Weg noch einmal herzlichen Dank an alle UnterstützerInnen, ohne die der Austausch nicht möglich gewesen wäre.

Sebastian Kämper!

Reisebericht Israel