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Kleine Verbesserungen, aber Umleitung weiter unzufriedenstellend

Nils L.
Nils L. schrieb am 04.01.2019

Kopie von https://adfc-dresden.de/index.php/neuigkeiten/2391-auch-2019-skiweltcup-auf-dem-elberadweg:

Im Januar 2019 wird es auf dem Elberadweg in Dresden wieder einen Skiweltcup geben. Dafür wird der Elberadweg auf der Neustädter Seite vom 7. bis 24. Januar zwischen Glockenspielpavillon und Carolabrücke gesperrt sein. Selbst im Winter befahren den Elberadweg auf diesem Abschnitt täglich ca. 2.000-3.000 Menschen mit dem Rad. Er ist nicht nur von touristischer Bedeutung, sondern für viele der alltägliche Weg zu Arbeit, Studium oder Schule. Daher hatte sich der ADFC im letzten Jahr gegenüber dem Veranstalter, der Stadtverwaltung und der Kommunalpolitik für eine bessere Umleitung für den Radverkehr eingesetzt und rechtliche Schritte geprüft, gegen eine solche Sperrung vorzugehen. Dieser Artikel fasst alle relevanten Aspekte der Sperrung zusammen und zeigt auf, wie es weitergeht.


Umleitung Skiweltcup 2019. Quelle: Straßen- und Tiefbauamt



Was ist der Skiweltcup?
Der Skiweltcup in Dresden ist eine kommerzielle, zweitägige Veranstaltung (plus Rahmenprogramm) am Königsufer. Er fand am Wochenende 13./14. Januar 2018 zum ersten Mal statt und wird in diesem Jahr am 12./13. Januar stattfinden. Eine Kofinanzierung durch die Stadt in Höhe von 387.000 Euro pro Jahr ist für eine jährliche Wiederholung bis 2022 beschlossen. Der Freistaat Sachsen leistet ebenfalls einen Zuschuss in etwa der gleichen Höhe.

Wie positioniert der ADFC sich zur Veranstaltung?
Der ADFC ist weder für noch gegen den Skiweltcup. Da die Veranstaltung jedoch auf einem gewidmeten öffentlichen Weg - dem Elberadweg - stattfindet, fordern wir, die Behinderungen für den Rad- und Fußverkehr gering zu halten. Die zuständige Behörde soll vom Veranstalter ein Konzept zur Vorbei- bzw. Umleitung des Rad- und Fußverkehrs verlangen und die Genehmigung der Veranstaltung davon abhängig machen. Das ist der reguläre, gesetzlich vorgeschriebene Weg, wenn öffentlich gewidmete Straßen oder Wege für private Zwecke gesperrt werden müssen.

Aber auch die Stadtverwaltung ist hier in der Pflicht: das Radverkehrskonzept sieht vor, dass für Strecken, die relativ häufig von wiederkehrenden Ereignissen wie Hochwasser oder Sperrungen durch Kultur- oder Sportereignisse betroffen sind, akzeptable Umleitungsstrecken entwickelt werden sollen. Baumaßnahmen können notwendig werden, die nur durch die Verwaltung umgesetzt werden können. Das Königsufer wird ausdrücklich als Beispiel genannt.

Welche Behinderungen gab es im Januar 2018 für den Radverkehr?
Der Elberadweg am Königsufer war 28 Tage lang voll gesperrt. Die ausgeschilderte Umleitung über die von Autos stark befahrene Große Meißner Straße - Köpckestraße - Wigardstraße weist überwiegend keine Radverkehrsanlagen auf. Die Radverkehrsführung der Umleitung entsprach nicht dem aktuellen Stand der Technik und war für einen großen Teil der potentiellen Nutzer subjektiv nicht sicher. Dadurch kam es zu regelwidriger Gehwegnutzung, zum Teil mit Linksfahren, was für Fußgänger und Radfahrer objektive Gefährdungen und ein erhöhtes Unfallrisiko darstellte. Tatsächlich kam es mehrmals zu Unfällen entlang der Umleitungsstrecke. Zum Teil war die Umleitung nur durch Verstoß gegen bestehende Verkehrsregeln (Abbiegeverbote) nutzbar. Ein derart undurchdachtes "Konzept" hält der ADFC für völlig inakzeptabel.

Gibt es nicht wichtigere Themen für den ADFC? Im Winter fahren ja wohl weniger Leute Rad?
Unser Hauptthema ist sicherer und attraktiver Radverkehr. Gerade in ungewohnten Situationen - wie bei Baustellen oder Veranstaltungen - ist es wichtig, dass der Radverkehr mitgedacht wird. Sonst entstehen sehr leicht gefährliche Situationen. Es gibt in der Stadt inzwischen ab und zu Beispiele von guten Baustellenführungen, wo ein gewisser Aufwand geleistet wird, um sie gut für den Radverkehr anzupassen. Leider aber ist es häufig nicht der Fall. Der Skiweltcup ist wegen der Dauer und "Qualität" der Umleitung ein besonders krasses Beispiel für den nachlässigen Umgang mit dem Radverkehr in Dresden.

Unserer Zählung und Hochrechnung nach nutzen auch im Winter 2.000-3.000 Menschen täglich den Elberadweg am Königsufer. Wir setzen uns dafür ein, dass auch im Winter mehr Fahrrad gefahren werden kann, z.B. durch einen besseren Winterdienst und eben ohne extreme Behinderungen wie beim Skiweltcup 2018.

Der ADFC hat im Januar 2018 Spenden gesammelt. Warum und was wurde daraus?
Im Januar hatten über 100 Menschen für eine Prüfung der Rechtmäßigkeit der Umleitung an den ADFC gespendet. Ein betroffenes Mitglied hat darauf einen Anwalt beauftragt, um uns zu beraten. Da die Stadtverwaltung nicht oder nur ausweichend auf normale Anfragen von uns reagierte, beauftragten wir am 1.2.2018 den Anwalt, Akteneinsicht zu ersuchen. Hintergrund: Für Veranstaltungen o.Ä. können öffentliche Wege im Rahmen einer Sondernutzung für eine gewisse Zeit beansprucht werden. Darüber entscheidet die zuständige Behörde der Stadtverwaltung nach Ermessen. Wir vertreten den Standpunkt, dass die Behörde ihr Ermessen überschreitet, wenn das Königsufer über mehrere Monate im Jahr ganz oder teilweise gesperrt ist (zählen muss man auch die Tage während der Konzerte der Filmnächte, wo das Königsufer ebenfalls gesperrt ist).

Wir mussten leider feststellen, dass es sich kaum klären lässt, denn rechtlich betroffen ist im Allgemeinen nur derjenige, der seine Wohnung nicht mehr erreichen kann. Deswegen hat es in vergleichbaren Fällen kaum potentielle Kläger gegeben und es gibt keine relevanten Urteile. Auch unser im rechtlichen Sinne nicht hinreichend betroffenes Mitglied hätte - falls wir uns dazu entschlossen hätten - nicht klagen können.

Was wurde aus dem Antrag auf Akteneinsicht?
Am 8.2.2018 lehnte die Stadt den Antrag ab. Begründung: Die Sperrung war bereits aufgehoben. Der Anwalt protestierte und am 22.2.2018 lehnte die Stadtverwaltung erneut ab und teilte mit, dass die Informationsfreiheitssatzung der Landeshauptstadt Dresden nicht anwendbar sei. Allerdings wurde kein Ablehnungsbescheid mit den Gründen ausgestellt, auch auf mehrmaliges Nachfragen (zuletzt am 15.6.2018) nicht. Wir gehen davon aus, dass die vorgetragenen Ablehnungsgründe nicht stichhaltig sind und dass die Stadtverwaltung daher auch keinen Bescheid ausstellt, gegen den wir theoretisch klagen könnten. Allerdings ist die Verweigerung, einen Ablehnungsbescheid auszustellen, selbst ein Grund zur Klage - wegen Untätigkeit der Verwaltung. Wir haben davon bisher keinen Gebrauch gemacht, aber das wäre jetzt die letzte Möglichkeit, um die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns zu prüfen. Wir halten das Vorgehen der Stadtverwaltung für unseriös, bezweifeln aber inzwischen, dass wir mit Rechtsmitteln die Radverkehrsumleitung verbessern können.

Hat die anwaltliche Unterstützung dann nichts gebracht?
Doch. Als der Oberbürgermeister die Stadtratsvorlage zur finanziellen Unterstützung des Skiweltcups in den Jahren 2019-2022 den Stadträten vorlegte, war folgende Formulierung enthalten: "Der Oberbürgermeister wird beauftragt, in Zusammenarbeit mit dem Veranstalter eine leistungsfähige Lösung zur Umleitung des Radverkehrs zu erarbeiten und umzusetzen. Dabei ist der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club Dresden e.V. (ADFC) einzubeziehen."

Das wäre kaum der Fall gewesen, hätte der ADFC sich nicht eingemischt. Zudem konnte durch mehrmalige, vom ADFC initiierte Stadtratsanfragen die Unsinnigkeit der 2018 erfolgten Sperrung der Treppe zur Marienbrücke herausgearbeitet werden, so dass diese 2019 nicht mehr erfolgen wird.

Wie haben die Stadträte sich positioniert?
Der ADFC schlug den Stadträten vor, die Finanzierung des Skiweltcups davon abhängig zu machen, dass die Radverkehrsumleitung nicht nur "leistungsfähig" ist, sondern "leistungsfähig und sicher". Die Fraktion der Linken hat diesen Änderungsantrag eingebracht und mit den Stimmen von Linken, Grünen und SPD zum Beschluss gebracht (36:30:0).

Wurde der ADFC tatsächlich einbezogen?
Wir haben uns mit dem Veranstalter mehrmals getroffen, am 21.3.2018, am 11.6.2018 und am 23.8.2018. Beim letzten Treffen war auch die Stadtverwaltung dabei, vertreten durch den Leiter des Straßen- und Tiefbauamtes Prof. Koettnitz und den Presseamtsleiter Herrn Schulz. Die Vorschläge des ADFC wurden gemeinsam bei einer Vor-Ort-Begehung diskutiert. Fast sämtliche Teilelemente des ADFC-Vorschlages wurden von Prof. Koettnitz für grundsätzlich möglich und anstrebenswert gehalten, selbst dort, wo es kleine Abstriche für den Kfz-Verkehr geben sollte. Es wurde abgesprochen, dass der Veranstalter sich um die notwendigen Zustimmungen der betroffenen Grundstückseigentümern bemühen sollte.

Was wurde aus den Versprechen der Stadtverwaltung und des Veranstalters?
Das Positive zuerst: Ab 2019 soll die Umleitung nicht schon vor der Marienbrücke beginnen, sondern erst am Hotel Bellevue. Und die soll von 18 statt 28 tägiger Dauer sein.

Alle weiteren Vorschläge des ADFC wurden bereits am 13.9.2019 vom Veranstalter ohne irgendwelche neuen Argumente abgelehnt. Wir haben protestiert und darum gebeten, dass die Absprachen vom gemeinsamen Treffen am 23.8.2018 bestehen bleiben. Das wollte der Veranstalter prüfen, aber wir haben nie weitere Details der Prüfung erfahren. Wir wissen also nicht, warum unsere Vorschläge nicht umgesetzt werden (können).

Wie ist denn der Umleitungsvorschlag des ADFC?
Wir haben darauf bestanden, dass die Umleitung auf keinen Fall mit einer Querung der Großen Meißner Straße - Köpckestraße - Wigardstraße einhergehen darf. Wir haben eine für den Radverkehr erträgliche Lösung gefunden, wie die gesamte Umleitung für Zweirichtungs-Radverkehr gestaltet werden könnte. Siehe Karte. Die schwierigste Stelle ist dabei am Finanzministerium. Der Gehweg an der Köpckestraße ist dort an einer Stelle viel zu schmal. Wir haben vorgeschlagen, dass der Radverkehr auf der elbwärtigen Seite des Ministeriums über den Parkplatz ODER über eine abgezaunte 3,25 m-Spur auf der Fahrbahn vor dem Ministerium geführt wird.


Vorschlag des ADFC (grundsätzlich Zweirichtungsradverkehr)



Wo wird die Umleitung ab 2019 offiziell entlang führen?
Das haben wir am 2.1.2019 in einer E-Mail des Straßen- und Tiefbauamts erfahren (siehe Karte ganz oben).

Fahrtrichtung West: Ab Albertbrücke durch den Staudengarten, über den befestigten Weg auf der elbwärtigen Seite der Staatskanzlei, dann zwei Ampelquerungen am Carolaplatz und weiter auf den Gehweg bis zur Augustusbrücke. Ab dann weiter auf der Fahrbahn, wobei es unklar ist, wie der umgeleitete Radverkehr legal zurück auf den Elberadweg kommt. Es gibt dicke Minuspunkte für die Querung der Köpckestraße - Gr. Meißner Straße und insbesondere für die Führung des Radverkehrs auf der bis zu dreispurigen Hauptverkehrsstraße, wo das Tempolimit "selbstverständlich" bei 50 km/h bleiben wird.

Fahrtrichtung Ost: Ab Hotel Bellevue über den Gehweg bis zur Baustelle Augustusbrücke. Von dort weiter auf der Fahrbahn. Es bleibt unklar, wie der umgeleitete Radverkehr legal zurück auf den Elberadweg kommt.

Wie wird die Umleitung ab 2019 tatsächlich sein?
Es wird kaum möglich sein, der Umleitung zu folgen und überall entsprechend der amtlichen Beschilderung zu fahren. Aufgrund der unklaren Umleitung wird jeder nach Gefühl fahren. Das kann gefährlich sein. Wir empfehlen daher, die Stelle großräumig zu umfahren oder konsequent die Fahrbahn zu nutzen.

Was ist denn das für eine Umleitung?
Es scheint uns, dass diese Umleitung vor allem so konzipiert wurde, dass (zumindest oberflächlich gesehen) in keinster Weise der Autoverkehr behindert werden soll, auch wenn Komfort und Sicherheit des Radverkehrs leiden. Die Veranstaltung geht somit einseitig zu Lasten des Radverkehrs. Sollten die Elberadwegnutzer versuchen, der offiziellen Umleitung überall legal zu folgen, dann wird der Autoverkehr natürlich durch den Radverkehr auf der Fahrbahn "behindert". Tatsächlich werden viele Leute leider auf andere Verkehrsmittel umsteigen, illegale Wege suchen oder die Stelle großflächig meiden. So wird die Behinderung des Autoverkehrs tatsächlich äußerst gering bleiben. Das scheint uns das Ziel der Stadtverwaltung zu sein.

Wie sollte es weitergehen?
Im Sommer wurden zwischen dem ADFC, dem Veranstalter und der Stadtverwaltung gute, für alle akzeptable Lösungsanätze besprochen. Wir haben uns viel Mühe mit dem Thema gemacht und sind enttäuscht, dass das Ergebnis nur so dünn ausfällt. 

Eine dauerhaft gute Umleitungslösung wird an dieser Stelle auch zu anderen Gelegenheiten als dem Skiweltcup benötigt: Im Sommer die Filmnächte, unterschiedliche Marathonveranstaltungen, Stadtfeste und in der Regel zweimal im Jahr ein Hochwasser. Wir fordern, dass die Stadtverwaltung die dafür notwendigen kleineren baulichen Anpassungen vornimmt und spätestens in einem Jahr eine akzeptable Lösung vorlegt.