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Schwabing Das Recht auf Lärm

L. Mosdal
L. Mosdal schrieb am 29.11.2018

28. November 2018, 21:52 Uhr Sueddeutsche Zeitung
http://www.sueddeutsche.de/muenchen/schwabing-das-recht-auf-laerm-1.4231631 Von Ellen Draxel, Schwabing

Das Eltern-Kind-Zentrum "Elki" liegt seit Jahren im Streit mit Nachbarn und ist von der Schließung bedroht. Nun ziehen die Betreiber vor den Bundesgerichtshof, um eine grundsätzliche Frage klären zu lassen 
 Lara Mosdal zieht vor den Bundesgerichtshof. Die Vorsitzende des Eltern-Kind-Zentrums Schwabing-Maxvorstadt, kurz "Elki" genannt, weiß, dass der Kampf um den Erhalt der Vereinsräumlichkeiten an der Nordendstraße längst mehr ist als das Problem einer singulären Einrichtung. Der seit mehr als acht Jahren schwelende Streit zwischen dem integrativen Familienzentrum und einem Ehepaar, das über der Einrichtung wohnt, ist mittlerweile zum Präzedenzfall geworden. "So wie uns", dessen ist sich Mosdal bewusst, "geht es allein in München etwa 300 weiteren, zur Miete untergebrachten Elterninitiativen". Mosdal weiß die Stadtverwaltung, Politiker, den Bundesverband der Mütterzentren und mehr als 1000 Unterzeichner einer Petition zum Erhalt des Elki hinter sich. Und deshalb hat sie jetzt den nächsten Schritt gewagt und ist mit ihrem Fall weitergezogen - mit einer Nichtzulassungsbeschwerde vor den Bundesgerichtshof (BGH).

Formal geht es bei dem Streit zwischen den Nachbarn lediglich um eine Fehlnutzung der Räumlichkeiten. Denn die 170 Quadratmeter im Rückgebäude der Nordendstraße 53, die seit Ende 2010 mit ausdrücklicher Genehmigung der städtischen Lokalbaukommission das Elki beherbergen, sind im Grundbuch zur Nutzung als "Laden mit Lager" eingetragen. De facto aber dreht sich bei dem Prozess alles um Lärm. Und um die grundsätzliche Frage, ob für Einrichtungen wie das Eltern-Kind-Zentrum dasselbe Recht von Kindern auf Lärm gilt wie für Kindertagesstätten. Vor dem Landgericht München I ist das Elki seinerzeit gescheitert.

Auch das Oberlandesgericht unterstützte die Auffassung der Kläger, eine Begegnungsstätte von Kindern und Eltern lasse "im Hinblick auf Gespräche, Gelächter, Musik und körperliche Bewegung eine deutlich störendere und konzentriertere Geräuschentwicklung als bei einer Verkaufsstätte zum Vertrieb von Waren erwarten". Die Berufung wurde deshalb abgewiesen, da sie "offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg" habe und "der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung" zukomme.

Doch damit will sich der Vereinsvorstand nicht zufriedengeben. Mosdal hofft, mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde nun vor dem BGH Erfolg zu haben. Ihr Anwalt Matthias Siegmann hält den Ausgang des Verfahrens zumindest für "offen": Sowohl die Ermittlung der zulässigen Nutzung von Räumlichkeiten als auch die Frage der Privilegierung von Eltern-Kind-Einrichtungen "werfen interessante Rechtsfragen auf, die den Senat zu einer Revisionszulassung bewegen könnten". Ob das Elki am Ende als Sieger dastehe, sei damit allerdings nicht gesagt.

Fakt ist jedoch, dass das Eltern-Kind-Zentrum mit dieser möglichen Wende nun zumindest weitere Monate gewonnen hat, um sein Programm an der Schwabinger Nordendstraße (HypoPassage) wie gewohnt fortsetzen zu können. "Wir haben nach wie vor geöffnet und freuen uns über Besucher", sagt Mosdal. Alternativherbergen sucht sie trotzdem weiter. Wie schwierig das ist, hat sie bereits mehrmals erfahren müssen: "Zehn Vermieter haben uns schon abgesagt. Auch mit der Begründung, wir seien ja keine Kindertagesstätte und könnten daher kein besonderes Recht auf Kinderlärm beanspruchen."

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