"Dem open.med-Arzt verdanke ich mein Leben"
open.med ist eine Praxis von Ärzte der Welt in München. Hier können sich Menschen ohne ausreichenden Versicherungsschutz medizinisch beraten und behandeln lassen – kostenlos und auf Wunsch auch anonym. Eine der Patientinnen ist Charlotte S. Mit ihr sprachen wir über schwierige Lebensumstände und die Unterstützung durch open.med.
Wie sind Sie auf open.med aufmerksam geworden?
Ich habe
über das Fernsehen davon erfahren und war ganz überrascht, dass es noch
andere Menschen gibt, die keine Krankenversicherung haben. Und dass es
sogar eine Stelle gibt, wo jemand wie ich hingehen kann. Ich war dann
etwa im Mai 2013 zum ersten Mal bei open.med. Dort hat man mich gleich
gut aufgenommen, und seit langem hat mir mal wieder jemand richtig
zugehört. Es ist einem ja so peinlich, keine Krankenversicherung zu
haben. Seit 2009 bin ich schon nicht mehr bei einem Arzt gewesen.
Wie kam es, dass Sie nicht mehr versichert waren?
Früher
war ich mal Maklerin, zuletzt habe ich in einem Reisebüro gearbeitet.
Plötzlich ging das Büro pleite, und ich bin in ein Riesen-Loch gefallen.
Ich bin wie gelähmt gewesen, hatte eine schwere Depression. Fast zwei
Jahre habe ich mich kaum mehr aus meiner Kellerwohnung gewagt und alle
um mich herum vergrault. Ein paar wenige Ersparnisse hatte ich noch, das
reichte gerade für Essen und die Miete. Am größten war die Angst, die
Wohnung zu verlieren. Rechnungen habe ich nicht bezahlt, weil ich
einfach keine Post mehr geöffnet habe. Ich habe nur noch irgendwie
überlebt. Als ich dann von open.med hörte, habe ich gedacht: Da wage ich
es mal hinzugehen. Und das war gut so.
Wie konnte open.med Sie unterstützen?
Zunächst einmal
untersuchte der Arzt mich, weil ich mich immer so furchtbar schlapp
fühlte. Er schickte mich dann zur Blutabnahme in ein Labor, und es
stellte sich heraus, dass ich viel zu wenige rote Blutkörperchen hatte.
Parallel dazu wurde ich wegen meiner Krankenkasse beraten, und die
open.med-Mitarbeiterinnen ermutigten mich, einen Antrag auf Hartz IV zu
stellen. Eigentlich will ich ja gar kein Geld vom Staat, aber ich wusste
wirklich nicht weiter. Mit Hilfe einer anderen Beratungsstelle bin ich
jetzt Hartz-IV-Empfängerin, aber mit meiner Krankenkasse ist das immer
noch nicht geklärt. Ich habe ruhende Leistungen. Das bedeutet, dass ich
nur im Notfall Anspruch auf medizinische Versorgung habe.
Wie ging es weiter nach der Blutuntersuchung?
Beim nächsten
Termin bei open.med stellte der Arzt einen weiteren Rückgang der roten
Blutkörperchen fest. Er schickte mich sofort ins Krankenhaus, da es
bereits lebensbedrohlich war, wie er sagte. Man vermutet, dass ich eine
Auto-Immunkrankheit habe. Im Krankenhaus wollte man mich erst nicht
aufnehmen. Sie wollten 200 Euro Pfand von mir, die ich aber nicht hatte.
Der open.med-Arzt hat dann im Krankenhaus angerufen, und ich bekam ein
Bett. Man untersuchte mich gründlich, gab mir Kortison und andere
Medikamente. Nach zwei Wochen wurde ich mit guten Blutwerten wieder
entlassen. Das muss jetzt aber genau beobachtet werden. Ohne den Arzt
von open.med und seinem Beharren auf weiteren Untersuchungen wäre ich
heute tot, da bin ich mir sicher! Wenn man allein in seinem Kämmerlein
sitzt, dann spielt man allen etwas vor, dann hält man einen Schein
aufrecht. Bei open.med musste ich das nicht mehr. Es hat mir auch von
der Psyche her sehr geholfen. Hier bin ich aufgefangen worden.
Wie ist aktuell Ihre Situation mit der Krankenkasse?
Ich
habe den Antrag gestellt, um wieder aufgenommen zu werden. Es gibt ja
jetzt ein Gesetz, dass die Krankenkassen die Menschen, die rausgefallen
sind, wieder aufnehmen müssen. Bisher habe ich aber noch nichts gehört,
warte erst einmal ab. Falls nichts passiert, haben die
open.med-Mitarbeiterinnen versprochen, mich bei dem weiteren Vorgehen zu
unterstützen. Ich wäre sehr glücklich, wenn ich wieder normal
versichert sein könnte.