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Besuch im Januar 2013

c. steegmann
c. steegmann schrieb am 02.02.2013

                                                                                                                    28. Januar 2013

Von Gabriele Beermann     

 

Liebe Förderer und Freunde der Günther Beermann Memorial Schule und Klinik am Tullu Dimtu in Äthiopien!

 

 Jedes Jahr wird am 22. Januar der Geburtstag meines im Januar 2000 verstorbenen Mannes Günther Beermann in Form eines Schulfests am Tullu Dimtu (= Roter Berg) gefeiert. 1500 Schüler,  Elternvertreter, 35 Lehrer, 22 Klinikangestellte, Gärtner, Wächter, Reinigungspersonal und viele hundert Bauern der Umgebung gestalten in unterschiedlicher Form ein wunderbar buntes Fest.

 

Aufführungen der schulischen Tanzgruppe, Sportaufführungen, Gedichte und Ansprachen von verschiedenen Schülern zur Ehrung der Person von Günther Beermann mit Preisverleihungen für Kinder, die sich schulisch oder sozial besonders hervorgetan haben, mit der Schenkung von Schafen und Kühen von Sponsoren aus Deutschland  für extrem verarmte Waisenkinder (insgesamt 257 Waisenkinder) und vieles mehr. Jedes Mal herrscht eine Atmosphäre von Begeisterung, strahlender Freude und  Glück, die man nur schwer beschreiben kann. Sie ist halt afrikanisch und nicht europäisch.

 

Jeder ist eingeladen, bei der zehnten Geburtstagsfeier am Tullu Dimtu im nächsten Jahr dabei zu sein, um es selbst zu erleben.

 

Diesmal waren mein Lebensgefährte Dr. Christoph Steegmann und ich vom 18. bis 27. Januar für ein intensives Arbeitspensum und zur Teilnahme am Fest vor Ort.

 

Kurzbericht vom Besuch am Tullu Dimtu              

            

Der gesamte Schul- und Klinikkomplex ist generell in einem guten Zustand .Es ist immer wieder eindrucksvoll, zu sehen, wie exzellent sich die Gebäude und Anlagen in die wunderschöne Landschaft einfügen.  Bei genauem Hinsehen wird jedoch deutlich, dass für den Erhalt des für äthiopische Verhältnisse hohen Standards der Schule einiges getan werden muss.

 

Da seit drei Monaten - nach mehr als zwei Jahren unentwegter Kämpfe mit Behörden um Genehmigungen - endlich wieder frisches Wasser auf unseren Compound fließt, verändert sich vieles.

 

Das Wasser des im vorletzten Jahr neu gebohrten Brunnens, der aufgrund eines geologischen Gutachtens knapp einen Kilometer von der Schule entfernt liegt,  wird durch neu verlegte unterirdische Rohrleitungen mit einer elektrischen Pumpe, die über einen Transformator an das öffentliche Stromnetz angeschlossen ist, bis zum Schuleingang gepumpt.  Hinter dem Eingang der Schule wurden bereits im Freien viele lange Wasserbecken mit Wasserhähnen installiert, damit die Schüler frisches Wasser trinken und sich waschen können.

Viele Kinder füllen hier auch nach Schulschluss Behältnisse mit frischem Wasser, um es nach Hause mitzunehmen. Sie sind  darüber sehr glücklich. Auch die Klinik füllt hier morgens ihre mit einem Hahn versehenen Wasserkanister; denn noch fehlt ein neues Rohrleitungsnetz, das die Schul- und Klinikgebäude mit dem neuen Zuleitungsrohr verbindet. Das alte Rohrleitungsnetz, das alle Gebäude mit dem leider sehr aggressiven Mineralwasser des 2004 auf dem Schulgelände gebohrten und inzwischen versiegten Brunnens verband, ist völlig marode.  Anstelle der alten Zinkrohre müssen zu und in sämtlichen Gebäuden PVC-Rohre verlegt werden, was an die 100.000 Euro kosten soll. Hierzu werden wir einige Benefizveranstaltung organisieren müssen.

 

Das fehlende Wasser in den letzten drei Jahren hat sich natürlich auf der Plantage bemerkbar gemacht. Kein Gemüse und Obst, sondern Teffgetreide wurde in Mengen angebaut.

 Das in großen Kanistern auf Eselskarrenkarren und mit Gießkannen mühsam herangeschleppte Wasser reichte nicht aus für Obst- und Gemüseanbau.

Dennoch hat Basha, unser Gärtner, es mit seinen Helfern geschafft, tausende von Bäumen zu erhalten und insbesondere rund um die Schule und die Klinik hunderte  Oleander- Bougainvillea- und Hibiskussträucher erblühen zu lassen.

 

Auch die Dächer und die teilweise in Zement einbetonierten Pflastersteine auf den vielen Wegen innerhalb des Schulkomplexes, die Innen-und Außenwände, das Schulinventar wie Tische, Stühle und die Wandtafeln bedürfen einer Reparatur, Überholung oder in Einzelfällen sogar der Erneuerung.

 

Die Welthungerhilfe hat für uns den Kontakt zu einem Agraringenieur aus Flensburg hergestellt, der als junger Mann von 1986 bis 1991 in dem ungefähr 12km entfernten Ort Ambo als Entwicklungshelfer die Fabrikation von Lehmbausteinen erfolgreich voranbrachte und damals eine bis heute funktionierende Fabrik mit acht  Mitarbeitern gründete. Mi ihm haben wir uns vor Ort getroffen. Er war von der  gesamten Günther Beermann Anlage sehr beeindruckt. Er wird uns einen Vorgehensplan für die Sanierung der Wasserversorgung vorlegen und für entsprechende vertrauenswürdige Handwerker vor Ort sorgen. Überdies werden rund um die große Versammlungshalle sogenannte Roto-Tanks, das sind riesige Wassertanks zum Auffangen des Dachwassers, unterirdisch eingelassen. Mit Pumpen versehen wird dieses Regenwasser vor allem in der Regenzeit von Juni bis September die große Plantage bewässern.

 

Gespräche mit der Gesundheitsbehörde, in denen es um die Bitte ging, wenigstens stundenweise die Günther Beermann Klinik mit einem dringend gebrauchten Arzt zu besetzen, schlugen fehl. Wir haben uns daraufhin über einen Kontakt  an den Leiter der Universität von Ambo, Dr. Mitiku, gewandt und in drei Verhandlungen erreicht, dass er sich für uns eingesetzt und zwei  ihm bekannte Ärzte kontaktiert hat, einen Internisten und einen Gynäkologen. Diese haben wir  nun jeweils privat für sechs Stunden pro Woche engagiert, was durch ein Benefizkonzert des Rotariers Dr. Stephan Neubauer ermöglicht wird. Neben der Behandlung von Kranken werden diese Ärzte auch das 22köpfige  Klinikpersonal in die Bedienung der vorhandenen Apparaturen einweisen und es generell fortbilden.

 

Das inzwischen 57 Punkte umfassende, von der Schulleitung und einem Gremium verwaltete Budget für Schule und Klinik ist in seiner Form zur Prüfung trotz mehrfacher An- und Einweisungen in den letzten Jahren noch immer sehr verwirrend und nur schwer überprüfbar. Inzwischen sind wenigstens akzeptable Quittungen für die meisten Ausgaben, wenn auch ungeordnet, vorhanden.

 

Auch  diesmal haben wir wieder versucht, eine Ordnung in Einnahme- und Ausgabenübersicht zu bringen. Aber die Englischkenntnisse der drei Schulleiter und ihr Verständnis von übersichtlicher Buchführung sind sehr schlecht. Da jetzt jedoch ein neuer zweiter Schulleiter den vorhandenen Computer bedienen kann und  Herr Steegmann ihm einen Stick mit einem Formular zur sinnvollen Einnahme-Ausgaben-Übersicht installiert hat, hoffen wir auf Besserung. Die Budgetverhandlungen dauerten mehr als zwölf Stunden, da immer wieder neue Punkte auf dem Budget erscheinen, wie z.B. Gehalt, Schuhe, Stiefel und Kleidung für einen neuen Wächter, der die neue Pumpstation bewacht. Vor allem nachts ist die Gefahr groß, dass die Pumpe und der  Transformator gestohlen werden. Deswegen ist in dem kleinen Lehmhäuschen auch eine Schlafstatt für den Wächter.

 

Ein neuer Punkt ist auch die Anschaffung von englischer und äthiopischer Literatur für unsere Bibliothek, die bisher fast ausschließlich Nachschlagewerke umfasst. Die Lehrer wünschen, dass Romane für Kinder-und Jugendliche hinzukommen, weil sie darum von vielen Schülern immer wieder gebeten werden.

 

Ein weiterer Punkt ist die Bestückung des Physik-, Chemie –und Biologieunterrichtsraums mit entsprechenden Materialien. Die Regierung stellt den Schulen in Oromeya lediglich ein paar Schulbücher zur Verfügung. Oft müssen sich zehn Kinder ein Schulbuch teilen. In vielen Fächern bekommen sie gar keins.

 

Das Budget ist ein Fass ohne Boden!

 

Der neue Schulleiter Ato Kebede hat nach einem Jahr seit Amtsantritt das Lehrerkollegium gut im Griff. Zumindest nach außen hin hat man den Eindruck eines guten Einvernehmens. In der Lehrerkonferenz wurden vor allem der Lehrermangel und die fehlenden Schulbücher und Schreibmaterialien kritisiert. Außer der Tafel und einem Stück Kreide hat der Lehrer oft nichts für den Unterricht.

 

Ganz überschwänglich bedankten sich die Lehrer für den ersten Lehrerausflug seit 2004, der im Budget des letzten Jahres berücksichtigt worden war. Sie seien als Kollegium noch viel enger zusammengewachsen und hätten neue Impulse für ihren Unterricht bekommen, so hieß es.

 

In der Klinikkonferenz wurde uns ein hervorragender Bericht über das vergangene Jahr präsentiert. Bei diesem Bericht spürt man die Handschrift des Arztes Dr. Ulrich Langenkamp, der bereits zum zweiten Mal seinen Urlaub für einen Arbeitseinsatz an der Schulklinik verwendet, diesmal sogar über Neujahr. In Äthiopien haben wir jetzt übrigens das Jahr 2005 und am 11. September ist Neujahr.

 

Die Klinikleitung beklagte den Mangel an Medikamenten, die ihnen zur Verfügung stehen, und bat um ein Moped, das sie zu Patienten in weiter entfernte Bergregionen bringt, in die sie jetzt mühsam wandern müssen. Auch wurde die Anschaffung von mindestens vier Betten gewünscht, die nach Entbindungen oftmals nötig sind. Dafür muss die Klinik jedoch baulich  erweitert werden, wie wir es bereits geplant hatten. Die Pläne für eine solche Erweiterung hatten wir jedoch letztes Jahr aufgrund der hohen Preise erst einmal beiseitegelegt, weil die auch sehr kostspielige Wasserversorgung wichtiger war.

 

An unserem letzten Abend am Tullu Dimtu zeigten wir den Lehrern und dem Klinikpersonal in der Versammlungshalle mit Hilfe eines Beamers einen Film über die Entwicklung der Günther Beermann Schule und Klinik. Alle waren total beeindruckt und überwältigt.

 

Am Ende noch ein Wort zu Achalu, jenem eindrucksvollen Bauern, dessen Knie durch einen Unfall auf dem Feld in den Oberschenkel gequetscht war. Fast ein Jahr lang lief er mit großen Schmerzen auf Krücken damit herum. Im öffentlichen Krankenhaus in Addis Abeba wollte man ihm das Bein abnehmen. Nun wurde er mit Geld von  unserem Spendenverein im vergangenen Mai von einem deutschen Arzt in einer Privatklinik in Addis Abeba operiert. Als wir ihn in seinem Tukul nahe der Schule besuchten, stellte er sich vor uns hin und hielt weinend eine Dankesrede in oromeyisch, die sich wie ein langes Gebet anhörte. Er ging mit seinem nun im Knie versteiften, aber gut durchbluteten und nicht mehr schmerzenden Bein ganz flüssig mit einem Stock vor uns auf und ab. Er und seine ganze Familie

 sind glücklich, und wir wurden mit Injera und einem sonst nur an höchsten Festtagen servierten Fleischgericht verwöhnt.

 

Trotz Durchfalls und Bauchschmerzen am nächsten Tag war in uns eine große Fröhlichkeit.