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Frei von Hunger: Hilfe zur Selbsthilfe für Malida

F. Albrecht
F. Albrecht schrieb am 28.09.2010

Ende August kehrte Jakob Braun von seinem einjährigen Freiwilligendienst in Bangladesch zurück. Durch den folgenden Erfahrungsbericht über Malida Kurmi will er Sie nun an seinen Erlebnissen, Eindrücken und Begegnungen im Land teilhaben lassen. Drei Bilder zum Bericht gibt es für Sie unter den Projektfotos.

„Während meines Besuchs in einem kleinen Dorf im Nordwesten des Landes lernte ich im November 2009 Malida kennen. Sie ist eine Adivashi. So heißen die Ureinwohner Bangladeschs, die heute oft in miserablen Verhältnissen und sowohl in sozialer als auch in wirtschaftlicher Hinsicht vom Rest der Bevölkerung abgegrenzt leben. Sie gehört dem indigenen Volk der Kurmi an und erzählte mir von ihrem schwierigen Leben.

Was es bedeutet, bettelarm zu sein

Ihr genaues Alter kennt Malida nicht, hat aber vage Kindheitserinnerungen an die Unabhängigkeit Bangladeschs im Jahr 1971. In jungem Alter wurde sie von ihren Eltern mit Phoni verheiratet und musste ihr Heimatdorf verlassen. „Von diesem Zeitpunkt an wurde ich als Eigentum der Familie meines Mannes behandelt“ sagt sie rückblickend. Der an Asthma erkrankte Phoni hat als Korbflechter nur ein geringes Einkommen erwirtschaftet. Die junge Malida war gezwungen, sich als Tagelöhnerin in den Feldern zu verdingen. Dort hat sie ihr ganzes Leben lang für wenig Lohn geschuftet. „Das Einkommen reichte nicht, um meinen Mann, unsere beiden Kinder und mich zu ernähren“ erzählt sie. Da in dieser Gegend die Erntesaison nur vier Monate dauert, gibt es in der Landwirtschaft nicht regelmäßig Arbeit. Malida musste ihre Arbeitskraft zu einem geringen Preis im Voraus verkaufen. Dadurch geriet sie in die Abhängigkeit lokaler Großgrundbesitzer.

Sie und ihre Familie überlebten mehr schlecht als recht am Rand des Existenzminimums. Vor fünf Jahren starb Malidas Mann. Sein Gesundheitszustand hatte sich zunehmend verschlechtert. Geld für die medizinische Versorgung hatte die Familie ja nicht. Von diesem Moment an stand Malida alleine mit zwei Kindern da – ohne ein festes Einkommen. "Die folgenden zwei Jahre waren die schlimmsten meines Lebens" berichtete sie mir. „Ich musste betteln gehen. Jeden Tag ging ich durch die Nachbardörfer, um eine Handvoll Reis von mitfühlenden Familien zu bekommen. Die Kinder waren ständig krank und hungrig.“ Vom Betteln in der ebenfalls armen Nachbarschaft konnte sie nur schwer die zum Überleben notwendige Menge an Reis zusammenbringen. "Das schlimmste an meinem Bettlerleben", schilderte sie mir die Situation, "war das Schuldgefühl, nicht ausreichend für meine Kinder sorgen zu können."

Erfolgreiche Hilfe zur Selbsthilfe

Inzwischen hat sich Malidas Situation deutlich verbessert. Seit fast drei Jahren nimmt sie am Projekt "Ein Leben lang genug Reis" teil, das Ashrai, eine Partnerorganisation von NETZ, in der Region durchführt. Durch das Projekt bekam sie eine Starthilfe: fünf Enten, zwei Ziegen, drei Hühner und eine alte Rikscha (s. Foto), dessen Wert sie zinslos zurückzahlen konnte. Auch an Schulungen hat sie teilgenommen. In den wöchentlichen Gruppentreffen (s. Foto) mit anderen Frauen aus dem Dorf tauscht sie seit Beginn ihre Erfahrungen aus. Gemeinsam überlegen sie Strategien für gewinnbringende Investitionen und helfen sich einander. Vom Profit ihres winzigen Familienunternehmens konnte Malida eine Kuh und eine neue Transport-Rikscha kaufen. Diese wird jetzt von ihrem 17-jährigen Sohn gefahren. Das bringt der Familie durchschnittlich 300 Taka im Monat, etwa drei Euro.

Malida schaut mich mit glücklichen Augen an. Die schlimmste Zeit ihres Lebens liegt hinter ihr. Jetzt ist sie selbstständig und in der Lage, einen bescheidenen Lebensunterhalt für sich und ihre Familie zu verdienen. Das Schicksal von Malida ist nur eines, von dem ich während meines Jahres in Bangladesch erfahren habe. Zu sehen, dass wirkliche Veränderungen in den Leben der Frauen und ihren Familien möglich sind, hat mich bei meiner eigenen Arbeit vor Ort sehr motiviert. Das Projekt „Ein Leben lang genug Reis“ hilft ihnen, sich selbst zu helfen – mit Erfolg.“