Horst Grulke wurde zum Projekt-AHLI durch die Deutsche Industrie- und Handelskammer in Casablanca interviewt
Ehrenamt in Marokko
statt Rentneralltag in Deutschland
Im Fastenmonat Ramadan fühlt man sich den Armen
besonders nahe. Für Herrn Grulke ein gewohntes Gefühl. Er
ist eigentlich Rentner in Deutschland. Doch sich einfach so
zur Ruhe zu setzen, das kommt für den ehemaligen
Angestellten der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und
Arbeitsmedizin nicht in Frage. Stattdessen widmet er sich
einem Kinderhilfsprojekt in Marokko.
Herr Grulke, was hat Sie dazu bewegt, nach Ihrem
Rentenantritt in Deutschland eine ehrenamtliche
Tätigkeit in Agadir anzugehen?
In den letzten 14 Jahren habe ich meine Urlaube und Reisen
ausschließlich in Marokko verbracht. Dabei war ich auch
abseits der normalen Touristenrouten unterwegs. Da sind mir
schon soziale Unterschiede aufgefallen, die mich überzeugt
haben, dass ich mich stärker einbringen möchte. Besonders
fiel mir auf, dass viele Kinder bereits als Tüten-verkäufer und
Karrenfahrer im Souk oder als Schuhputzer tätig sind,
obwohl sie gerade mal 7-10 Jahre alt sein können. Auch
kommt es vor, dass schon so junge Kinder betteln müssen
oder gar sexuell ausgebeutet werden. Nach vielen
Recherchen bin ich schließlich auf die „Association AHLI“
gestoßen, die 2006 durch Unterstützung eines schweizer
Arztes ins Leben gerufen wurde.
Wie schaut ihr neuer Berufsalltag derzeit aus?
Nach fast 50 Jahren Berufsleben habe ich, während der
Abschiedsfeier in meiner Firma, für diese neue Aufgabe um
Spenden gebeten und konnte viele von dem Projekt
überzeugen. Da zudem die „Association AHLI“ vom
marokkanischen Sozialministerium unterstützt wird, haben
die Kinder und Jugendlichen eine gute Chance wieder
integriert zu werden. Und ich habe ein gutes Gefühl, dass das
Geld sinnvoll verwendet wird. Die Kinder und Jugendlichen
werden, wenn notwendig, alphabetisiert und erhalten die
Möglichkeit einen von mehreren Ausbildungsberufen zu
erlernen. Der Großteil der fast 200 Kinder und Jugendlichen
sind bereits in Familien aufgenommen worden und werden
durch die 21 Mitarbeiter der „Association AHLI“ ständig
betreut.
Mein neues Büro in Agadir werde ich als Ausgangspunkt
für meine Kontakte nach Deutschland nutzen, indem
ich regelmäßig Infobriefe zu aktuellen Situationen an meine Mail-Kontakte versende.
Außerdem werde ich regelmäßig
den Kontakt zu AHLI aufrecht erhalten, um in besonderen
Fällen meine Kompetenz als Fachmann für den Arbeits- und
Gesundheitsschutz, sowie die soziale Kompetenz einbringen.
In Deutschland habe ich fast 25 Jahre in einer Suppenküche
mitgearbeitet, wo ca. 300 Bedürftige täglich mit einer
warmen Mahlzeit versorgt wurden. Ich hoffe sehr, dass ich
nun in meinem neuen Lebensabschnitt mithelfen kann, die
Situation dieser Kinder und Jugendlichen zu verbessern um
für ihre Zukunft Steine aus dem Weg zu räumen.