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Jahresrückblick 2017

B. Bergemann
B. Bergemann schrieb am 28.01.2018

Wir reden nicht nur, wir handeln. Nicht zuletzt Dank eurer Unterstützung haben wir 2017 gemeinsam viel geschafft. Wir haben uns vor und hinter den Kulissen erfolgreich für Verbraucherrechte in der Netzpolitik eingesetzt. Unter anderem haben wir Erfolge bei der WLAN-Störerhaftung und der ePrivacy-Reform feiern können. Leider findet die Stimme der Nutzer, Verbraucher und Zivilgesellschaft in der Netzpolitik immer noch zu wenig Gehör. 2017 war deshalb auch das Jahr des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes, der Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung von Fluggastdaten und der Einführung von Zero-Rating-Angeboten in Deutschland. Wir lassen uns davon jedoch nicht entmutigen, sondern machen weiter. Wir erklären in der Öffentlichkeit, vor Politikern, vor Gerichten aber auch vor Schülern, warum Verbraucher- und Grundrechte in der digitalen Gesellschaft wichtig sind und wie wir sie bewahren können. Es gibt mehr als genug zu tun und wir brauchen auch im neuen Jahr eure Unterstützung, damit wir noch mehr für eine verbraucherfreundliche und demokratische Netzpolitik tun können.

Im Folgenden findet ihr einen kurzen Rückblick auf unser Schaffen im Jahr 2017. Wenn ihr mehr zu den genannten Themen erfahren wollt, folgt einfach den Verlinkungen im Text.

1. Datenschutz, Privatsphäre und Datensicherheit

2017 wurde die Umsetzung der EU-Datenschutzgrundverordnung in deutsches Recht beschlossen. Bereits im Jahr 2016 hatten wir uns mit einer umfangreichen Stellungnahme in den Prozess eingebracht. Obwohl einige Kritikpunkte, die wir und andere Daten- und Verbraucherschützer vorgebracht hatten, am Ende berücksichtigt wurden, bleibt die deutsche Umsetzung der Datenschutzgrundverordnung ein gefährlicher Sonderweg für die Rechte der Verbraucher und die freiheitlich-demokratische Gesellschaft. Das Datenschutzanpassungsgesetz beschneidet nicht nur die Betroffenenrechte, sondern schafft zugleich die Voraussetzungen für die Ausweitung der Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Orte und Verkehrsmittel. Unsere Kritikpunkte haben wir mehrfach öffentlich vorgebracht, u.a. in unserer wöchentlichen Radioshow beim Berliner Sender FluxFM.

Doch wir bleiben dran am Thema. Seit Herbst 2017 bereiten wir eine umfassende Aufklärungskampagne zum Thema Betroffenenrechte in der Datenschutzgrundverordnung vor, in der wir zeigen, welche Rechte Verbraucher im Datenschutz haben und wie sie diese durchsetzen können. Die Kampagne wird mit dem in Kraft treten der Datenschutzgrundverordnung im Mai 2018 öffentlich gehen.

Um den Datenschutz und Privatsphäre unserer Kommunikation geht es bei der ePrivacy-Verordnung, die die EU-Kommission Anfang 2017 vorgestellt hat und seit dem den europäischen Gesetzgebungsprozess durchläuft. Im Oktober 2017 hat das Europäische Parlament in seiner Abstimmung zur ePrivacy-Reform zugunsten der Verbraucher- und Grundrechte entschieden. Das EU-Parlament stärkt den Schutz vor Tracking, fordert verpflichtende datenschutzfreundliche Voreinstellungen bei Browsern und Endgeräten und votierte für ein Recht auf Verschlüsselung. Diesen Erfolg haben wir mit euch und unseren europäischen Partnerorganisationen gemeinsam erkämpft. Wir haben dazu aufgerufen, die Mitglieder des EU-Parlaments zu kontaktieren und sie auf die Bedeutung einer starken ePrivacy-Reform aufmerksam zu machen. Wir haben dieses wichtige, jedoch medial wenig präsente, Thema zudem im Radio und auf unserem monatlichen netzpolitischen Abend erklärt.

Grundbedingung für Datenschutz und Privatsphäre ist die Sicherheit unserer vernetzten Infrastruktur, Geräte und Anwendungen. Im Rahmen des Projekts Digitale Gesellschaft: smart & sicher (SuSi) haben wir zusammen mit anderen Experten Vorschläge für eine bessere IT-Sicherheit erarbeitet. Im Zuge der immer weiteren Vernetzung unseres Alltags („Internet der Dinge“) wird das Thema IT-Sicherheit zukünftig eine zentrale Rolle für Verbraucher spielen.

2. WLAN-Störerhaftung

Wir setzen uns seit langem für die Abschaffung der WLAN-Störerhaftung ein. Die Störerhaftung ist nicht nur der Grund für das Fehlen offener WLAN-Netze in Deutschland, sondern auch für zahlreiche Abmahnungen gegen unwissende Verbraucher. Schon 2012 haben wir einen ersten Formulierungsvorschlag für ein entsprechendes Gesetz vorgelegt. Im Sommer 2017 konnte sich die Große Koalition in letzter Minute nun doch noch auf die Abschaffung der WLAN-Störerhaftung einigen. Das nun verabschiedete Gesetz bringt spürbare Verbesserungen für die Anbieter offener WLAN-Zugänge und damit auch für Verbraucher. Kostenpflichtige Abmahnungen wegen Rechtsverletzungen Dritter sind nun effektiv ausgeschlossen. Rechtsunsicherheiten bleiben jedoch insbesondere im Hinblick auf den neu eingeführten Sperranspruch der Rechteinhaber bestehen. Für diesen Erfolg haben wir – auch in 2017 – in Hintergrundgesprächen und einer Anhörung zum Thema im Bundestag gestritten. Bis zur Abschaffung der Störerhaftung war es ein weiter Weg, aber wir haben einen langen Atem bewiesen.

3. Vorratsdatenspeicherung von Fluggastdaten

Ein weiterer Dauerbrenner unserer Arbeit ist der Kampf gegen die anlasslose und massenhafte Überwachung von Fluggast- bzw. Reisedaten. Nachdem die „Richtlinie über die Verwendung von Fluggastdatensätzen (PNR-Daten) zur Verhütung, Aufdeckung, Ermittlung und Verfolgung von terroristischen Straftaten und schwerer Kriminalität“ 2016 auf EU-Ebene verabschiedet wurde, hat Deutschland sie im Jahr 2017 in nationales Recht umgesetzt. Im Rahmen dieses Prozesses haben wir als Sachverständige an der Anhörung zur Fluggastdatenspeicherung im Innenausschuss des Deutschen Bundestages teilgenommen und eine kritische Stellungnahme verfasst. Wir betrachten die Vorratsdatenspeicherung von Reisedaten als massiven Grundrechtseingriff, deren Nutzen für die Sicherheit nicht belegt ist. Später im Jahr hat der Europäische Gerichtshof diese Auffassung bestätigt.

4. Netzwerkdurchsetzungsgesetz

Ein Hauptschauplatz unserer Arbeit im Jahr 2017 war das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG), das die Große Koalition gegen den Rat zahlreicher Interessengruppen und Experten aus Zivilgesellschaft und Wirtschaft zum Ende der letzten Legislaturperiode verabschiedet hat. Das unter dem Eindruck der US-Wahlen und des politischen Rechtsrucks entstandene NetzDG ist Symbolpolitik mit fatalen Nebenwirkungen. Das Gesetz ist europarechtswidrig und gefährdet die Meinungs- und Informationsfreiheit. Zudem ist zweifelhaft, ob es die Probleme, die es zu adressieren sucht („fake news“ und „hate speech“), auch nur im Ansatz löst. Wir haben bereits im Rahmen der Verbändeanhörung eine Stellungnahme zum NetzDG abgegeben. Auch bei der EU-Kommission haben wir uns um Zuge des TRIS-Verfahrens geäußert. Außerdem hat der Digitale Gesellschaft e.V. ein breites Bündnis aus Wirtschaftsverbänden, Bürgerrechtsorganisationen, netzpolitischen Vereinen und Rechtsexperten initiiert, das mit einer Deklaration für die Meinungsfreiheit zum Stopp des Vorhabens aufruft. Auch in den Medien haben wir die Probleme des NetzDG wiederholt erklärt.

5. Der Digitale Gesellschaft e.V. als Ansprechpartner und Experte in Medien, Politik und Bildung

Neben den genannten Themen haben wir uns 2017 zu zahlreichen anderen netzpolitischen Vorhaben und deren verbraucher- und grundrechtlicher Dimension geäußert. Im thematisch immer breiter werdenden Politikfeld der Netzpolitik gelten wir als zuverlässige Ansprechpartner und Experten. Wir erklären gerne und geduldig gegenüber Medien und Politik, was z.B. Zero Rating ist und warum dieser Verstoß gegen das Prinzip der Netzneutralität für Verbraucher langfristig ein schlechter Deal ist. Wir geben Grund- und Verbraucherrechten eine Stimme.

Wir finden zudem, dass digitale Mündigkeit nicht früh genug beginnen kann. Deshalb sind wir auch im Jahr 2017 an Schulen und Jugendzentren gegangen, um jungen Menschen und Pädagogen das nötige Grundwissen für das Leben in der digitalen Gesellschaft zu vermitteln. Kernthema der Workshops sind vor allem soziale Netzwerke, da diese eine elementare Rolle im Alltag junger Menschen spielen.

6. Netzpolitische Abende

Unsere monatlichen netzpolitischen Abende sind seit Jahren ein wichtiger Anlaufpunkt für die digitale Zivilgesellschaft in Berlin und verzeichneten auch im Jahr 2017 konstant hohe Besucherzahlen. In kurzen Vorträgen werden netzpolitische Themen, Projekte, Initiativen und Kampagnen vorgestellt. Die netzpolitischen Abende dienen der Vernetzung und dem Wissensaustausch. Die Vorträge werden live gestreamt und später auf unserem Youtube-Kanal öffentlich zur Verfügung gestellt. Über die Jahre ist so ein umfangreiches, frei verfügbares Wissensarchiv zu netzpolitischen Themen entstanden. Auch 2017 haben wir mit den netzpolitischen Abenden zahlreichen Initiativen und wichtigen Anliegen für Verbraucher- und Grundrechte eine Plattform gegeben.