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Mut

A. Hunsinger
A. Hunsinger schrieb am 12.01.2010

Die Userin Adlina (Nick geändert), 14 schrieb im September 2009 zum ersten Mal im kids-hotline Forum: "Bitte helft mir, ich schäme mich so, ich trau mich schon gar nicht mehr in die Schule, weil dort ein Junge ist, der mir perverse Sachen sagt und mich angrapscht, wenn wir allein sind."Die kids-hotline Beraterin vom Mädchen-Team begrüßt die Userin, bedankt sich für ihren Mut, sich an kids-hotline zu wenden und beginnt behutsam herauszufinden, wie die Situation ist und welche Ressourcen das Mädchen hat, um die Situation zu verändern. Eine wichtige Frage ist ganz am Anfang der Beratung daher: " Wem würdest du dich denn gerne anvertrauen?" Der älteren Schwester, der Freundin, der Mutter, einer Lehrerin. Unterstützt von der Beraterin schaut sich das Mädchen selbst nach Hilfe im eigenen Umfeld um. Bei Adlina war's schließlich die beste Freundin, die geholfen hat. Nachdem sich Adlina ihr anvertraut hatte, konnten die beiden zusammen einen Plan schmieden, wie dem übergriffigen Jungen aus Adlinas Parallelklasse beizukommen war. Sie weihten noch vier weitere Mädchen aus dem Freundeskreis ein und stellten den Jungen gemeinsam: Unter Androhungen von weiteren Schritten, z.B., die Schule oder die Polizei einzuschalten, schüchterten sie den Jungen ein und gaben ihm zu verstehen, dass er Adlina ab sofort gefälligst aus dem Weg zu gehen hatte.Dass dieser Prozess,  - die Situation zu analysieren, Mut zu fassen, sich der Freundin anzuvertrauen, einen Plan zu entwickeln, weitere Freundinnen mit ins Boot zu nehmen - dass das nicht übernacht kommt, liegt angesichts der Ängste und der Scham die mit im Spiel sind, auf der Hand. - "Mir wird das alles zuviel, vielleicht wechsle ich doch besser die Schule" - solche Rückschritte tauchen im Beratungsverlauf häufig auf. Dann geht es darum, dass die Beraterin mit Geduld und Feingefühl dran bleibt und das Mädchen weiter begleitet, bis die Lösung gefunden wird. Bis es bei Adlina soweit war, hat es Monate gedauert. Im Dezember schrieb sie ihrer Beraterin aber schließlich stolz und erleichtert. "Dem haben wir's gezeigt, der war so erschrocken und platt als wir alle ankamen und ihn fertig gemacht haben, das hättest du sehen sollen. Wenn er mich von weitem sieht, macht der jetzt einen Bogen um mich. Danke, dass du mir so geholfen hast." Viele Anfragen können so über das Internet gut gelöst werden: "der erste Frauenarztbesuch, Krach mit meiner besten Freundin, bin im Chat blöd angemacht worden," bei anderen Thematiken, etwa bei Essstörungen kann die Onlineberatung die Lösung des Problems nicht direkt herbeiführen.  Da geht es dann vielmehr darum, den oder die Ratsuchende zu unterstützen und zu ermutigen, selbst vor Ort eine Therapie anzufangen.

Wenn Sie sich ein Bild von unserer Beratungsarbeit machen wollen, besuchen Sie unsere Foren und lesen Sie, was Jugendliche bewegt und wie die Berater von kids-hotline helfen.

Herzlichst Ihre Annette Cieslinski