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Projektverlauf

V. Seidler
V. Seidler schrieb am 04.11.2009

In den vergangenen Wochen wurde der erste Teil des Projekts „Haussanierung“ in Amani/Zanzibar abgeschlossen. Es liegen drei Monaten voller Höhen und Tiefen hinter mir bzw. uns, voller motivierender, aber auch frustrierender Momente. Nicht immer ist alles genau so abgelaufen wie ich mir das im Vorhinein vorgestellt habe und trotz der großen Veränderungen konnte ich Mgeni und ihrer lieben Familie nicht immer alles geben, was ich mir für sie wünschen würde. Dies hat nicht nur finanzielle Gründe, sondern ist auch bedingt durch sich in den letzten drei Monaten verändernden Umständen innerhalb der Familie: (Krankheiten, Scheidungen...).

Der gesamten Verlauf der Projektumsetzung ist detaillierter in meinem BLOG nachzulesen, dennoch möchte ich eine kurze Zusammenfassung und einen Ausblick geben.

Mitte Juli wurde mit der Haussanierung begonnen. Bevor wir aber das eigentliche Projekt starten konnten, musste zunächst einmal ein anderes Problem gelöst werden: Die Kuh des Nachbarn hat bei ihren Streifzügen die Sickergrube des Hauses zum Einstürzen gebracht. Nun musste diese erst einmal repariert werden, da das große Loch im Boden gleich neben dem Haus nicht nur höchst unangenehm war, sondern auch eine Gefahr für die spielenden Kindern darstellte. Erst wurde ein Handwerker beauftragt, die Grube zu reinigen, was zwei Tage benötigte. Der Maurer schließlich riet uns, sie gleich um 1,5 Meter tiefer zu machen, da die ursprüngliche Grube für die wachsende Familie allmählich zu klein geworden war. Die Vergrößerung der Sickergrube, die Verkleidung mit Betonziegel und der Verputz nahmen etwa eine Woche in Anspruch und kostete etwa 60 Euro (Reinigung, Material, Arbeitszeit).

--> 60 Euro

Der Maurer schrieb mir eine „Einkaufsliste“ mit allen Dingen, die er benötigen würde (Betonziegel, Zement, Sand, Kieselsteine, Eisenstangen, Fensterstützen) und wir vereinbarten seinen Tageslohn und jenen seines Helfers, insgesamt etwa 10 Euro pro Tag, für die Reparatur des bereits gelegten Fundaments, für den Anbau eines Zimmers und die generell nötigen Umbauten. Er rechnete mit 6 Tagen Arbeit. Aus diesen 6 Tagen wurde krankheitsbedingt (vermutlich Malaria) drei Wochen, in welchen ich immer wieder neues Material beschaffen musste, da seine „Einkaufsliste“ nicht enden wollte. Für jeden neuen Einkauf benötigte ich auch einen Transport, wobei ich pro Fuhre 5 Euro für den Wagen und die Kuh bezahlte.

Ein weiteres Problem stellte schon nach kurzer Zeit die Wasserversorgung dar, die aber nötig war für das Mischen des Zements. Der nächste Wasserhahn befindet sich ja etwa 15 Minuten zu Fuß entfernt, wir mussten also jemanden finden, der das nötige Wasser für die Maurerarbeiten holt. Ein Dorfbewohner mit Fahrrad erklärte sich dazu bereit und lieferte uns tagtäglich etwa 13 Gallonen Wasser. Für jede zahlten wir ihm 250 Tsh, also pro Tag insgesamt ca. 2 Euro.

Vor ein weiteres Problem stellte uns zudem die Lagerung des Baumaterials! Glücklicherweise erlaubte uns ein Nachbar, es bei ihm gesichert unterzubringen.

Nun benötigten wir allerdings auch eine Schiebetruhe für das Hin- und Hertransportieren, die wir für einen Euro pro Tag mieteten.

--> 308 Euro insgesamt

Nachdem der Anbau beendet war, machten sich die Maurer an die Verlegung der Küchenwand, also die Vergrößerung der Küche und die Erhöhung der WC-Wand, sowie allen bereits bestehenden Wänden. Ziel war, sie alle auf das gleiche Niveau zu bringen, um das Dach darauf legen zu können. Für diese Arbeiten zahlten wir dem Maurer eine Woche lang 5 Euro täglich, ersparten uns jedoch die Kosten für den Hilfsarbeiter, da Hamadi sich die Woche frei nahm, um zu helfen.

Zwischenzeitlich kümmerte ich mich um alle weiteren dringen notwendigen Dinge, wie den Kauf eines neuen Fensters + Gitters (52.000) für den Anbau.

Mgenis Lattenrost war zusammengebrochen und die Matratze daraufhin in der Mitte gerissen. Ich ließ also einen neuen anfertigen (30.000) und Mgeni besorgte einen Überzug für die Matratze, die sie selbst zusammennähte (6.000).

Das Eingangstor musste beim Schmied bestellt werden: wir entschlossen uns für die mittlere Qualität (120.000).

Die Moskitonetze (für 7 Fenster) und die Gitter + Leisten für die Anbringung kosteten 40.000 Tsh.

--> 215 Euro insgesamt

Der nächste Schritt war das Dach -  eine besondere Herausforderung, da es gar nicht so leicht war, das richtige Material zu finden. Es kostete uns 3 Tage Sucherei und Preisverhandlungen, die mich den letzten Nerv kosteten. Der letztendliche Preis für das Dach übertraf den Kostenvoranschlag von Feber gewaltig, dazu kamen noch die hohen Kosten für den Dachdecker und sein Team, mit denen ich wahrlich nicht gerechnet hatte!

Das hatte mehrere Gründe: zunächst hatten wir mit viel weniger Material gerechnet, da das Dach nur in U-Form aufliegen und so ein kleiner Innenhof entstehen sollte. Wir haben uns aber schließlich doch dazu entschlossen, die Küche zu vergrößern und das Dach ganz zu schließen, so konnte auch ein kleiner Vorraum entstehen. Zweitens konnten viele alte Platten doch nicht wiederverwendet werden, da sie schon ganz vom Rost zerfressen waren. Die Preise sind in den vergangenen 6 Monaten kontinuierlich gestiegen, vor allem jene von Baumaterialien und Nahrungsmittel, weswegen der Häuserbau auf Zanzibar derzeit stagniert, was auch dazu führt, das Handwerker ihre geforderten Löhne erhöhen.

Schlußendlich zahlte ich für die zusätzlich zu den alten benötigten Wellblechplatten 464,000 Tsh inklusive Transport, für die Balken 430,000 inklusive Transport und für die Dachdecker 180,000. Insgesamt sind das 590 Euro und damit praktisch das gesamte Budjet des Projekts!

--> 590 Euro insgesamt

Diese Situation frustrierte mich und ich dachte darüber nach, am Ende der Arbeiten nur noch den Boden legen zu lassen und auf den Innenverputz des Hauses zu verzichten. Nach langem Überlegen entschloss ich mich aber letztlich doch dafür, alles jetzt fertig machen zu lassen.

Es musste auch noch die Frontseite des Hauses bis unter das Dach erhöht werden, wofür noch 150 Betonziegel nötig waren. Insgesamt haben die letzten Bauarbeiten 453,000 + 20,000 für den Transport gekostet, das Handwerkerteam hat für 2 Wochen Arbeit zusammen 290,000 Tsh bekommen.

Gleichzeitig mit dem Verputzen der Wände wurde auch schon die Verrohrung für die hoffentlich zukünftigen Stromleitungen gelegt.

--> 423 Euro insgesamt

Ich habe all diese Kosten dokumentiert und war ehrlich erschüttert über die Fehlkalkulationen im Februar. Dennoch wollte ich alles in meiner Macht stehende tun, um der Familie ein besseres Heim zu ermöglichen. Neben den Bauarbeiten habe ich auch andere Kosten übernommen:

Durch den Umzug zu seiner Großmutter musste der kleine Sele, der nun die zweite Klasse Volksschule besucht, Schule wechseln. Die einzige Schule in der Nähe ist eine Privatschule, die daher auch Geld kostet. Für drei Monate werden 35.000 Tsh fällig, zusätzlich brauchte er eine Schuluniform. Ich habe diese Kosten von 160000 Tsh übernommen (etwa 90 Euro).

Swaiba hatte im Juli eine schwere Erkältung, die einfach nicht verschwinden wollte. Die Kosten für den Kinderarzt und ihre Medikamente betrugen etwa 15 Euro.

Für Dulli habe ich neue Schuhe um 8 Euro bezahlt.

Schließlich hat meine liebe Schwester die ersten Behandlungskosten für Mtumwa übernommen, die Ultraschalluntersuchung im Krankenhaus ermöglicht und ihre Medikamente bezahlt. Dafür möchte ich ihr nochmal danken.

--> 114 Euro

 

-->1500 Euro nur für den Bau

-->1710 Euro insgesamt

In dieser Summe sind alle Kosten enthalten, die ich diesen Sommer für die Familie übernommen habe, also auch jene, die nichts mit dem Bau selbst zu tun hatten. Dennoch waren sie wichtig für das Wohlergehen dieser Menschen, die derzeit mehr als zuvor unter ihrer Situation leiden.

 

Ein weiterer Schritt wäre, Elektrizität einzuleiten, was nicht besonders kompliziert ist, da die Nachbarn quer gegenüber bereits über eine Stromleitung verfügen, an die man sich anschließen könnte.

Die Einleitung von fließendem Wasser hingegen ist derzeit nicht möglich, da die gesamte Wasserversorgung des Dorfes von der Regierung zur Zeit nicht gewährleistet werden kann. So funktioniert auch der in 15-minütige Entfernung liegende Wasserhahn nicht mehr, Wasser muss nun von einem Privathaus mit eigenem Brunnen, das etwa 20 Minuten entfernt liegt, gegen einen kleinen Kostenbeitrag geholt werden. Es laufen bereits Verhandlungen, mit ausländischer Hilfe einen von der Regierung unabhängigen Brunnen für das Dorf graben zu lassen, aber ob und wann dies realisiert wird, ist äußerst ungewiss.

Wie schon einmal berichtet, wird es für Mgeni immer schwerer zur Arbeit zu gehen, sie schafft die Schlepperei körperlich einfach nicht mehr und fühlt sich oft sehr schwach, zusätzlich zu ihrer sonstigen Frustration. Das Geschäft läuft auch längst nicht mehr gut, weswegen es sich praktisch nicht mehr rentiert, ihr gekochtes Essen auf den Markt zu schleppen. Somit fällt ein wichtiges Einkommen der Familie weg.

Mtumwa leidet nun bereits seit Monaten an ihren vor kurzem diagnostizierten Gallensteinen, eine Diagnose, die erst durch meine Schwester ermöglicht wurde. Sie hat stark abgenommen und leidet häufig unter Fieber und Schwindelattacken. Ihr Einkommen aus ihrem Frisörsalon war besonders wichtig für die Familie. Durch ihre Krankheit fällt es allerdings zur Zeit aus. Die Miete für den Salon ist bis Ende Dezember gezahlt, was danach passieren wird, steht derzeit in den Sternen.

Wastaras Mann hat sich im August von ihr scheiden lassen und sie und ihren Sohn Dulli innerhalb eines Tages vor die Tür gesetzt. Sie zog also wieder bei ihrer Mutter Mgeni ein, was bedeutet, dass derzeit 9 Leute in dem kleinen– nach dem Umbau natürlich wiederum etwas geräumigeren – Haus leben.

Auch Mkongwe hat große Probleme mit ihrem Ehemann Amery, der oft tagelang nicht nach Hause kommt und sie auch nicht finanziell unterstützt. Sie und ihre beiden Töchter werden so vom Rest der Familie erhalten, da sie mit ihrem Säugling auch nicht arbeiten kann.

All dies klingt äußerst aussichtslos und es wurde uns allen klar, dass sich schleunigst etwas ändern muss. Die drei Töchter müssen sich von den Männern unabhängig machen, was in der Gesellschaft Zanzibars sehr untypisch erscheint. Dennoch gibt es keinen anderen Ausweg, auf die eigentlichen „Erhalter“ ist kein Verlass. Da alle drei ein Talent für den Frisörinnenberuf und Henna-Malerei haben, erscheint es naheliegend, dass sie zusammen ein Geschäft eröffnen. Mtumwas Salon ist dafür viel zu klein (etwa 5 qm), es gibt kein laufendes Wasser und oft keinen Strom, außerdem liegt es abseits der Stadt und so verirren sich nur wenige Kundinnen dorthin. Perfekt wäre ein kleiner aber feiner Laden in der Stadt, wo sie auch Touristinnen ihre Dienste anbieten könnten, womit natürlich immer mehr Geld zu verdienen ist. Wie genau man sie dabei unterstützen könnte, müssen wir uns genau überlegen und durchkalkulieren, damit wir nicht vor einer bösen Überraschung stehen!