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2013 – wieder ein ereignisreiches Jahr für das Jobteam von Gangway e.V.

T. Georgi
T. Georgi schrieb am 27.01.2014

Wieder ist ein Jahr vergangen, viel schneller als wir dachten – und wir konnten viel erreichen.

 Zunächst einmal bedanken wir uns sehr für Ihre Spenden. Dank dieser konnten wir längst überfällige Reparaturen an unserem Beratungsbus durchführen und werden ebenso noch eine größere Reparatur Anfang 2014 vornehmen. Ebenso bedanken wir uns für die Laptopspende gleich zu Beginn 2013, diese hat uns ermöglicht, die Jugendlichen wieder direkt vor Ort optimal beraten zu können.

Hier nun unsere Ergebnisse:

Insgesamt haben wir im letzten Jahr 102 Jugendliche mit intensiven Problemen aus Berlin unterstützt. Fast alle unserer Jugendlichen (90 %) bezogen ALG II, viele von Ihnen haben gar keinen oder nur einen schlechten Schulabschluss (75 %), ganz oft bestehen Schulden, bei mehr als einem Drittel ist die Wohnsituation sehr prekär, einige sind mit dem Gesetz in Konflikt geraten und wieder andere haben eine massive Suchtproblematik – und bei einigen kommt sogar alles zusammen vor. Es sind also nicht unbedingt die besten Voraussetzungen für die Aufnahme einer Ausbildung oder Arbeit.

Dennoch ist es uns gelungen, 60 dieser Jugendlichen in eine Arbeit, eine Ausbildung oder Bildungsmaßnahme (etwa zum Nachholen des Schulabschlusses oder in eine Berufsvorbereitung) zu integrieren. 11 Jugendliche brachen den kontakt ab und waren nicht mehr auffindbar für uns, die verbleibenden 31 Jugendlichen betreuen wir in diesem Jahr weiter, damit auch sie ihre beruflichen Ziele verwirklichen.

Wie wir schon oben erwähnt haben, haben unsere Jugendlichen massive Probleme. Zu unserer Arbeit mit den Jugendlichen, die noch keinen Ausbildungsplatz bzw. keine Arbeitsstelle gefunden haben, gehören insbesondere folgende Aufgaben:

·     Berufsorientierung und Entwicklung einer Lebensperspektive,

·     Begleitung zu Ämtern und Behörden,

·     Beratung und Hilfe beim Ausfüllen sämtlicher Anträge,

·     Beratung in Problemsituationen, wie z.B. Drogenabhängigkeit oder familiäre Konflikte,

·     Klärung von Wohn- und Schuldensituationen, Einleitung von weiterführenden Hilfen,

·     Praktika- und Stellenakquise,

·     Erstellen von Bewerbungsunterlagen,

·     intensives Einzelcoaching, um hemmende Handlungsmuster und gedankliche Überzeugungen dauerhaft aufzulösen,

·     Begleitung bei Veränderungen der Lebenssituation, zum Beispiel bei Aufnahme einer      Arbeit oder Ausbildung, unerwarteter Schwangerschaft, Trennungen

Hier sind wir gefordert, für jeden einzelnen Jugendlichen individuelle Lösungswege zu finden. Und wir brauchen einen langen Atem, sowie eine gute Logistik im Hintergrund, um all die anfallenden Arbeiten optimal erledigen zu können. Einen großen Stellenwert nimmt hierbei unser Beratungsbus ein.

Um Ihnen einen kleinen Einblick in die alltäglichen Herausforderungen zu geben, beschreiben wir zwei Themenkomplexe etwas ausführlicher.

Wohnungsnot

Eines der gravierendsten Probleme, mit dem mehr als ein Drittel der Jugendlichen (insgesamt 37 im Jahr 2013) zu tun hat, ist die prekäre Wohnsituation. Da zumeist eine Schuldenproblematik mit Schufa-Einträgen besteht, ist das Anmieten normalen Wohnraums nahezu aussichtslos, da nützt dann nicht einmal ein Wohnberechtigungsschein zum Anmieten einer preiswerten Sozialwohnung, wenn man diesen nach derzeitiger Bearbeitungszeitzeit von 4-6 Monaten erhält. Zudem ist der infrage kommende Wohnraum im Bezirk Pankow sehr knapp, so dass die einzige Option oftmals eine Wohnung in einem der Berliner Randbezirke ist. Aber selbst das war im Jahr 2013 ausgesprochen schwierig, da das Mietpreisniveau berlinweit massiv gestiegen ist, so dass manchmal nur die Unterbringung in einer Obdachloseneinrichtung als Alternative verbleibt, und das ist auch nicht gerade ein Ort, an dem man gut seine persönlichen Probleme lösen kann.

Verwahrlosung
Der Grad der Verwahrlosung der Jugendlichen, mit denen es das Jobteam zu tun hat, nimmt zu. Dies betrifft sowohl die Körperhygiene (ungepflegte Haare, starker Körpergeruch, schlechter Zustand der Zähne, schmutzige Kleidung), den Gesundheitszustand als auch den Zustand der Wohnung. Einen besonders heftigen Fall gab es in Pankow-Buch, bei dem ein junges Pärchen in einer kleinen Einzimmerwohnung „hauste“, in der es sehr stark nach Katzenurin, Müll und Zigarettenqualm roch, der bis auf den Hausflur drang. Obwohl November war, gab es auffallend viele Fliegen in der Wohnung, die extrem unaufgeräumt war. Hier sitzt das Paar – oft tagelang – vor dem Computer und spielt. Vor dem Computer stand ein mit Zigarettenkippen überfüllter Suppenteller, auf den daneben stehenden Colagläsern hatte sich bereits Schimmel gebildet. Der Gesundheitszustand vor allem bei der jungen Frau ist bedenklich; sie ist sehr dünn und hatte bereits zwei Fehlgeburten. Das Erreichen dieser beiden jungen Leute gestaltete sich sehr schwierig, da sie die ganze Welt gegen sich glauben und viel Energie dafür verwenden, ihre Theorie aufrecht zu erhalten. Mittlerweile hat der junge Mann eine berufliche Bildungsmaßnahme im Bereich Bau begonnen.

 

Ein weiterer intensiver Fall handelt von einem jungen Mann, der schon längere Zeit trotz Sanktionen nicht mehr zum Jobcenter ging, da er Angst vor der Bearbeiterin hatte. Als wir ihn zu Hause aufsuchten, mussten wir feststellen, dass nicht nur er selbst, sondern auch seine Wohnung in einem absolut verwahrlosten Zustand war (siehe Bild). Es stellte sich zudem heraus, dass er seit knapp zwei Jahren nicht krankenversichert war. In seinem gelernten Beruf – Bäcker – hatte er seit dem Abschluss der außerbetrieblichen Ausbildung in 2010 nur vier Wochen gearbeitet. Er sah für sich keine Perspektive und igelte sich zu Hause ein.

Big_zimmer1

Big_zimmer_2

Mit unserer Unterstützung (Regulierung der Schulden, Abschluss einer Krankenversicherung, Vermittlung eines Praktikums und später einer Stelle in einer Bäckerei) ist es ihm gelungen, im Leben wieder Fuß zu fassen. Er ist bemüht, seine Wohnung ordentlicher zu halten, achtet wieder auf sein Äußeres und nimmt alle Termine und Verpflichtungen wahr. Er selbst stellte fest, dass unser Erscheinen an seiner Haustür „ein großes Glück“ war.

Daran zeigt sich, dass wir – und nicht nur in diesen Fällen – einen sehr langen Atem brauchen, um eine dauerhafte Verhaltensänderung zu bewirken, da oft ein hohes Maß an Verweigerung oder Resignation bei den Jugendlichen vorliegt. Diese gilt es aus den Köpfen der Jugendlichen zu bekommen. Letztendlich kann die Arbeit aber nur gelingen, wenn auch der Jugendliche etwas an seiner Situation ändern möchte.

Das Litauenprojekt

Ein besonderes Highlight war unser Litauenprojekt im Sommer 2013, bei dem es darum ging, einen Beitrag in dieser Welt zu leisten und sich persönlich weiterzuentwickeln.

Geplant war die Errichtung eines Spielplatzes für die Kinder einer Volksschule in Rakonys, einem kleinen Dorf in der Nähe der Hauptstadt Vilnius. Bereits seit 2003 ist das Jobteam mit Jugendlichen immer wieder vor Ort engagiert und unterstützt kleine Dorfschulen bei Renovierungsarbeiten.

Obwohl Litauen im Gegensatz zu 2003 mittlerweile Mitglied der EU ist und viel in die Infrastruktur investiert wird, gibt es gerade in den kleinen Dörfern noch sehr viel zu tun. Also haben die Jugendlichen angepackt und in Zusammenarbeit mit litauischen Handwerkern eine alte Raktenrutsche komplett restauriert, eine Schaukel, eine Wippe und ein Klettergerüst errichtet und in der Schule wichtige Renovierungsarbeiten übernommen. Dabei konnten sich die Jugendlichen unter Anleitung in verschiedenen Berufen ausprobieren, wie etwa Schweißarbeiten, Tischlereiarbeiten, Metallbearbeitung und natürlich Malern und Lackieren. Ebenso konnten sie wichtige Erfahrungen im Durchhalten, in Teamarbeit, Finden von Lösungen und ergebnisorientiertem Arbeiten machen.

Das Besondere an dem diesjährigen Projekt war, dass Jugendliche, die vor 10 Jahren im Jahr 2003 als ehemalige "Jobteamjugendliche" mit in Litauen engagiert waren, als Mentoren mitkamen und ihre Erfahrungen an die Jugendlichen weitergaben, die derzeit vom Jobteam begleitet werden.
Am Ende entstand dank des Engagements aller ein wirklich schöner Spielplatz und am schönsten war es dann, das Strahlen der litauischen Kinder zu sehen, als sie ihren Spielplatz übernahmen.

Big_spielplatz1

Big_spielplatz2

Big_spielplatz

Gefördert wurde das Projekt durch Jugend für Europa und Materialspenden.

Mit der Motivation, welche die beteiligten Jugendlichen in dem Projekt gewonnen haben, haben ausnahmslos alle eine Ausbildung oder Arbeit aufgenommen und führen sie bis heute auch aus. Darauf sind wir sehr stolz!

Wir sind uns bewusst, dass unsere Ergebnisse im Jahr 2013 ohne ein großartiges Netzwerk von Unterstützern nicht möglich gewesen wäre, und hierzu zählen auch Sie!

An dieser Stelle noch einmal vielen vielen Dank!  Wir wünschen Ihnen ein erfolgreiches Jahr 2014 und freuen uns, wenn Sie uns weiterhin wohlgesonnen bleiben.

Herzliche Grüße,

Astrid Sammet und Thomas Georgi vom Jobteam / Gangway e.V.,

Verein für Straßensozialarbeit Berlin